Erfahrungsbericht Praktikum (Boston Consulting Group): Arbeiten wie im Zen-Kloster
Von der Bewerbung bis zur Praktikumszusage bei der Boston Consulting Group hat es für Ali nicht lange gedauert. Wie er die Arbeit im Münchner Büro erlebt hat und warum sie ihn an ein Zen-Kloster erinnert, verrät er im Erfahrungsbericht.
Davor – Drei Gespräche
24 Stunden. So lange dauerte es, bis ich eine Antwort auf mein Anschreiben mit Lebenslauf und Online-Fragebogen erhielt. Einen Monat später flog ich nach München zum Auswahltag. Drei Interviews lagen vor mir in einem der größten Büros der Boston Consulting Group weltweit. Das erste Gespräch hatte ich mit einem Projektleiter. Darauf folgte ein Interview auf Englisch mit einem französischen Consultant, das letzte war wieder auf Deutsch. Etwa 20 Minuten sprachen wir über mich und die Welt, in der restlichen Zeit behandelten wir jeweils einen Case. Zum Beispiel sollte ich abschätzen, wie hoch der Umsatz eines bestimmten neuartigen Produkts sein könnte. Abends kam schon die Zusage per Anruf.
Ali Gümüsay hat an der Saïd Business School der University of Oxford Management Research studiert und auch in diesem Bereich promoviert.
Dabei – Excel, PowerPoint und Fußball
Mit einer Führung durchs Haus inklusive kurzer Schulung in der IT begann mein erster Tag als Visiting Associate (VA), wie die Praktikanten bei BCG heißen. Den Laptop, das Handy und die UMTS-Karte in der Tasche, ging es gegen Mittag zu meinem Team. Einen Monat zuvor hatte ich bereits in einem Zwei-Tages-Seminar eine Einführung ins Beraterleben erhalten. Im Grunde aber sollte es ein Learning-on-the-Job sein. Man denkt, handelt, fragt, lernt, denkt weiter, handelt weiter, bis man erneut Hilfe braucht. Das können Stunden oder Tages- oder Wochenintervalle sein. Im Grunde ist es wie im Zen-Kloster. Stellt man dann nur noch die schwierigeren Fragen – und braucht man damit die anderen nicht mehr stellen – wird man so ungefähr alle zwei Jahre befördert. Doch natürlich weiß der Zen-Meister respektive Projektleiter, ob man etwas wirklich verstanden hat oder nur verheimlicht.
Am zweiten Wochenende ging es für mich gleich nach Zürich auf das internationale Fußballturnier von BCG. Da steht man dann mit einem Projektleiter aus Tokio, einem Berater aus Mumbai oder einem Partner aus Frankfurt am Main auf dem Platz. Sogar der CEO von BCG trat kurz auf. Gegen seine Mannschaft verlor unser Team dann auch. Warum wohl?
Zurück in München, erhielt ich meine Visitenkarten. In den acht Wochen sah ich neben dem Münchener Büro auch das Hamburger, Berliner und Düsseldorfer Büro. Jedes Büro hat neben der BCG-typischen Lockerheit auch seine Eigenarten, was sich irgendwie gut mit dem europäischen Motto "Einheit in Vielfalt" beschreiben lässt. In das Berliner Büro habe ich an einem Freitag hineingeschnuppert. In Hamburg hatte ich mein Abschlussgespräch. In Düsseldorf fand das VA-Dinner statt. Einige Wochen später – genau eine Woche vor Abschluss meines Praktikums – trafen wir dann in Mainz zum VA-Summit zusammen und erfuhren, was man bei BCG sonst so machen kann. BCG organisiert z. B. das Schulprojekt business@school, bei dem Schulklassen u. a. unternehmerisches Denken erlernen.
Tagsüber und manchmal auch bis in die Nacht hinein befasste sich unser Team mit einer Studie. Das Team bestand aus einem Projektleiter, einer Beraterin und einem Berater. Der Projektleiter hatte vor allem eine Art Rahmenfunktion. Er gab einerseits die grobe Linie vor, andererseits arbeitete er am Feinschliff. Die beiden Kollegen und ich agierten ansonsten selbstständig, indem wir teils gemeinsam, teils einzeln Analysen tätigten und die Ergebnisse auswerteten, um diese dann abzustimmen und zu diskutieren.
Meine Hauptaufgabe war es, die Erstellung einer großen Umfrage in neun Ländern zu unterstützen, die Daten auszuwerten und in verschiedene Dokumente einzuarbeiten. Hierzu nutzte ich hauptsächlich die Statistik- und Analyse-Software SPSS, Excel und natürlich PowerPoint für die Präsentation. Das Konsumentenverhalten einer bestimmten Branche wurde analysiert, um zu erkennen, wie Konsumenten denken und handeln. Wir betrachteten und bewerteten aber auch Unternehmen und ihre Tätigkeiten, sodass wir ein umfassendes Bild von Konsument, Produzent und Gesellschaft entwerfen konnten. Mit diesem konnte BCG schon während meiner Zeit als VA, aber insbesondere nach Abschluss der Studie Unternehmen gezielt ansprechen und Verbesserungspotenziale offenlegen. Zwischendurch erstellten wir auch auf Kunden zugeschnittene Dokumente, die sich auf den für das jeweilige Unternehmen infrage kommenden Sektor in den für das Unternehmen interessanten Ländern inklusive den Mitbewerbern fokussierte. So ist es zum Beispiel für Kunden spannend zu sehen, wie die Zahlungsbereitschaft oder Qualitätswahrnehmung von Konsumenten für einzelne Produktkategorien in den jeweiligen Ländern ist.
Abends ging es in die VA-Wohnung. Manchmal schickten wir noch vorher ein paar Daten heraus, die in Slides gegossen werden mussten. So kam es vor, dass ich auf dem Rückweg nach Hause mit der Grafikabteilung in Südafrika telefonierte, erläuterte, was für Slides wir bräuchten, damit wir dann am nächsten Morgen darauf aufbauen konnten. Natürlich gibt es auch in einigen Büros in Deutschland Grafikabteilungen, die sich um die Aufbereitung von Folien kümmern. Auch auf eine Research-Abteilung konnten wir zurückgreifen. Das Intranet war ebenfalls eine gute Quelle, um Informationen zu recherchieren. Die angesprochene Studie war also Basisarbeit, die einerseits Kompetenz aufbaute und andererseits Beratungsbedarf bei Unternehmen offenlegte. Sie war darüber hinaus einfach interessant, zeigte sie mir doch auf, wie Menschen in den unterschiedlichen Ländern "ticken".
Danach – Bäume pflanzen
Nacht acht Wochen hieß es dann Abschied nehmen. Ich erhielt ein Päckchen per Post und erfuhr, dass ein Baum für mich gepflanzt worden war. Und auch das kommende Fast Forward Meeting – ein Wochenende, zu dem alle eingeladen werden, die nach ihrem Praktikum ein Jobangebot erhalten haben, steht im Zeichen der grünen Natur. Wir Fast Forwardler werden dabei zu Fast Forwaldlern.