Studieren in der Ivy League: Die Liga der Besten

Autor*innen
Catalina Schröder, Leonie Thum und Judith Scharnagl
Eine Hand hält ein Buch hoch, mehrere Hände darunter greifen danach.

In weltweiten Universitäts-Rankings belegen sie seit Jahren die Spitzenplätze. Forscher und Studenten reißen sich darum, einmal dort lehren oder studieren zu dürfen. Doch was ist dran am Mythos Ivy League? Was unterscheidet sie von anderen Universitäten? Wie gut sind sie wirklich?

Begonnen hat alles ganz sportlich: In den 40er Jahren schlossen sich acht amerikanische Hochschulen zu einer Football-Liga – der Ivy League – zusammen. Knapp zehn Jahre später dehnten sie ihr Kräftemessen auf den gesamten Uni-Sport aus. Bis heute geblieben ist neben dem Sport der Wettbewerbsgedanke: Harvard, Yale, Princeton, Dartmouth, die Columbia, die Penn, Brown und Cornell kämpfen um die besten Professoren, exzellente Studenten, Forschungsgelder und Nobelpreise. Wer es in die Ivy League geschafft hat, braucht sich um seine berufliche Zukunft keine Sorgen machen.

Nur ein Prozent schafft es in die Ivy League

Auf dem Campus von Harvard rekrutieren McKinsey, Google und Walt Disney. Zu den berühmten Absolventen der bekanntesten Ivy-League-Uni zählen unter anderem Al Gore, Rockefeller und Tommy Lee Jones. Doch wer es in die Liga der Besten schaffen möchte, muss hart darum kämpfen: 95 Prozent der Top-Zehn-Prozent aller amerikanischen High-School-Absolventen bewerben sich jedes Jahr an der amerikanischen Hochschule. Rund 37.000 waren es im Studienjahr 2015/16. Angenommen wurden weniger als fünf Prozent.

Mit Kurzabi in die Ivy League

Bevor die Studenten sich im Ruhm und Glanz ihrer Hochschule sonnen können, wartet auf sie ein hartes Stück Arbeit: neben dem Test of English as a Foreign Language (TOEFL), müssen sie verschiedene Scholastic Assessment Tests (SAT) absolvieren. Dabei handelt es sich um eine Art "kurzes Abitur". Neben einem allgemeinen Test, in dem Fähigkeiten in Mathe, Literatur und Grammatik abgefragt werden, wählt jeder Bewerber aus zwanzig Möglichkeiten drei weitere Fächer, in denen er sich prüfen lässt. Diese reichen von Physik über Kunst oder Musik bis hin zu Biologie. Hintergrund der Tests ist, dass das Schulsystem in den Vereinigten Staaten sehr uneinheitlich ist, und die Schulnoten der Bewerber daher schwer vergleichbar sind.

Motivationsschreiben: bis der Kopf raucht

Der wichtigste Teil der Bewerbung sind jedoch die Aufsätze und Motivationsschreiben. Je nach Universität werden in der Regel Texte zwischen 250 und 500 Wörtern erwartet. Die Themen reichen von Reiseerlebnissen über Bücher, die der Bewerber in den letzten zwölf Monaten gelesen hat, bis hin zu akademischen Ereignissen, die ihn geprägt haben. "Für den Kandidaten ist das die Chance, seine ganze Originalität, seine Weltanschauung und seine Intelligenz zu zeigen", erklärt Ines Jaehnert vom Amerika-Haus in München. Für die Auswahlkommission sind die Aufsätze auch deshalb der interessanteste Teil einer Bewerbung, weil sie am wenigsten faktisch sind. "Alle anderen Dokumente bestehen aus Zeugnissen oder Urkunden, in denen meist nur Zahlen zeigen, wie gut ein Bewerber im Vergleich zu anderen ist."

Ungewöhnlich: Empfehlungsschreiben vom Mitschüler

Zusätzlich erwarten alle Universitäten verschiedene Empfehlungsschreiben. Diese müssen meist von Lehrern, dem Schuldirektor oder Leuten ausgestellt werden, die den Bewerber durch seine außerschulischen Aktivitäten kennen. Das können der Sportverein, das Orchester oder die Pfadfindergruppe sein. In Dartmouth wird sogar das Empfehlungsschreiben eines Mitschülers erwartet.

Beratung für die Ivy-League-Bewerbung

Selbst geistige Überflieger schaffen es in der in der Regel nicht völlig ohne fremde Hilfe an die Ivy League. Institute wie das Amerika-Haus oder das Meyer-Camberg Institut in München bieten individuelle Beratung und professionelle Unterstützung bei der Bewerbung an. Zusätzlich ist es immer empfehlenswert, Studenten zu kontaktieren, die bereits an einer Ivy League Universität studieren. Insider-Infos gibt es beispielsweise auf collegeconfidential.com oder vault.com.

Harvard: 3.000 Kurse, 200 Konzerte, 43.655 Dollar

Wer es einmal geschafft hat, auf den wartet in Harvard ein Angebot von jährlich mehr als 3.000 Kursen, eine ganze Palette von Radio- und TV-Sendungen, Zeitungen und Zeitschriften, die von den Studenten selbst produziert werden, ein gigantisches Sportangebot und innerhalb eines vierjährigen Bachelor-Studiums die Produktion und Aufführung von mehr als 200 Musicals, Theaterstücken und Konzerten. Neun Studenten kommen auf einen Professor. Davon können deutsche Universitäten nur träumen. Doch umsonst ist all das leider nicht: Im Studienjahr 2015-2016 wurden für Studien- und sonstige Gebühren, Unterkunft sowie Verpflegung 63.025 Dollar berechnet.

Und wenn dein Opa nicht Dagobert Duck heißt ...

Von den hohen Summen sollten Bewerber sich jedoch nicht abschrecken lassen. Alle Ivy-League-Unis werben damit, dass die finanzielle Situation der Studenten bei der Bewerbung keine Rolle spielt und dass genügend Stipendien zur Verfügung stehen, um leistungsstarke Studenten zu unterstützen. Wer mit dem Gedanken spielt, sich an einer Ivy-League-Uni zu bewerben, muss keinen Opa haben, der wie Dagobert Duck im Geld schwimmt. Stattdessen sollte er die Bewerbung für ein Stipendium gleich mit einplanen. Knapp 70 Prozent der Bachelor-Studenten erhalten ein Stipendium von mindestens 30.000 Dollar pro Jahr, um die exorbitanten Gebühren bezahlen zu können.

Wie du reinkommst: Studenten erzählen

Fabian (26) promoviert in Sozialpsychologie in Yale. Davor hat er seinen Bachelor in Groningen (Niederlande) und seinen Master in Oxford (England) gemacht.

Das erste Mal warst du während deines Bachelors ein Jahr in Yale. Wie kamst du dazu?

Ich wurde an der Uni Groningen in ein Förderprogramm ("Honours College") aufgenommen und hatte da einen sehr engagierten Sozialpsychologie-Professor als Betreuer. Ich wollte einen Forschungsaufenthalt im Ausland machen, also haben wir uns zusammengesetzt und überlegt: Welche Forschungsgruppen passen von der inhaltlichen Ausrichtung her am besten zu mir? Das Ergebnis war unter anderem ein Lab in Yale, dessen leitenden Professor mein Betreuer kannte. Wir haben Kontakt zu dem Prof aufgenommen und nach einem Austausch per Email hat er mich informell in sein Lab eingeladen. Daraufhin konnte ich die Bewerbung zur formellen Zulassung beginnen.

Wie sah dieser Bewerbungsprozess aus?

Ich habe mich damals als "Non-Degree Student" beim Yale College beworben – die Abteilung der Universität für Bachelor-Studiengänge. Mit diesem Status konnte ich neben meiner Arbeit im Lab ganz normal Kurse belegen und Prüfungen mitschreiben. Das war sehr wichtig, weil ich für meinen Abschluss an der Uni Groningen noch Credits brauchte. Die Bewerbung als Non-Degree Student beinhaltet unter anderem ein Motivationsschreiben, drei Empfehlungsschreiben von Professoren, ein Transkript der Studienleistungen, eine Beschreibung der Kurse, die man in Yale belegen möchte, sowie TOEFL oder IELTS.

Gab es Komplikationen während der Bewerbung?

Ja, es hat zum Beispiel sehr lange gedauert bis der Yale-Professor dem Zulassungskomitee schriftlich bestätigt hat, dass er mich in sein Lab eingeladen hat. Eine E-Mail geht schnell unter, es ist also wichtig, da hartnäckig zu bleiben. Insgesamt hatte ich aber auf jeden Fall Glück – obwohl natürlich die eigene Ambition am wichtigsten war. Ich habe mir die Unterstützung meiner Profs erarbeitet bevor ich überhaupt wusste wohin ich gehen möchte, und ich habe bestehende Kontakte genutzt um diese tolle Möglichkeit zu bekommen.

Für deinen PhD bist du diesen Sommer wieder nach Yale gegangen. Stand das für dich von Anfang an fest?

Am Anfang war ich mir nicht sicher. Ich dachte, vielleicht zieht es mich nur deshalb zurück nach Yale weil ich dort so positive Erfahrungen gemacht hatte; vielleicht ist es für mich woanders besser. Ich habe mich deswegen für verschiedene Programme in den USA beworben, die meisten dieser Universitäten persönlich angeschaut und die Professoren kennengelernt. Am Ende hat Yale aber doch am besten gepasst.

Was gefällt dir an Yale?

Ich finde, an US-Universitäten wird man auch als Student ernst genommen. Der Draht zu den Profs ist sehr direkt, man spricht viel persönlich miteinander. Die Hierarchien sind flacher als an europäischen Unis. In Yale ist die Forschungsarbeit zudem sehr kooperativ und fächerübergreifend. Wenn man ein Projekt mit einem anderen Fachbereich, beispielsweise der Law School oder der Business School machen will, geht das problemlos.

Was ist bei der PhD-Bewerbung wichtig?

Ein Geheimrezept gibt es nicht. Generell gilt aber: Gute Noten und GRE verhelfen nicht zum Promotionsplatz, aber sie sind notwendig damit die Bewerbung überhaupt erst gelesen wird. Die wirklich wichtigen Kriterien sind nachweisbare Forschungserfahrung und klar artikulierte Forschungsinteressen. Viele meiner amerikanischen Kollegen haben deswegen erst einmal ein, zwei Jahre in Labs gearbeitet, um das notwendige Profil zu entwickeln. Außerdem muss das eigene Forschungsvorhaben natürlich mit den Interessen des Wunsch-Professors korrespondieren. Wenn das alles gegeben ist, kann es noch helfen wenn man externe Mittel mitbringt (in meinem Fall ein ERP-Stipendium der Studienstiftung) oder durch einen interessanten Lebenslauf heraussticht.

Was hat dich am meisten Zeit gekostet?

Die Vorbereitung auf den GRE hat ein paar Wochen gedauert. Das ist ein standardisierter Test zur Aufnahme in PhD Programme, der mathematisch-analytische und sprachliche Kenntnisse prüft. Dann hat es mich natürlich auch viel Zeit gekostet, mein Forschungsvorhaben knapp und kohärent auf den Punkt zu bringen – vor allem weil ich ein Perfektionist bin und das zigmal überarbeitet habe. Aber der größte Stress war es, den kompletten Bewerbungsprozess zu koordinieren. Bis hin zu diesem Moment, in dem man dann wirklich auf den "Senden"-Knopf klickt.

Was würdest du jemandem mit auf den Weg geben, der sich in der Ivy League bewerben will?

Anfangs dachte ich: "Da kommst du eh nicht rein". Aber ich habe schnell gemerkt, dass hier auch nur mit Wasser gekocht wird. Mein Tipp deswegen für alle Interessenten: Der Bewerbungsprozess kann anspruchsvoll sein, aber wenn man es wirklich will, ist es absolut machbar. Ein viel wichtigerer Ratschlag ist, sich nicht auf das "Label" der Ivy League zu fixieren, sondern die Uni zu wählen, die wirklich am besten zum eigenen Interessenprofil passt.

Tim (28) hat in Deutschland und Frankreich Biophysik studiert und promoviert an der Columbia in Biochemistry and Molecular Biophysics. Nächsten Sommer schließt er mit seinem PhD ab.

Die Ivy League ist bekannt für ihre hohen Studiengebühren. Wie finanzierst du dich?

Wer wie ich in einem PhD-Programm ist, wird voll finanziert. Das ist einfacher für US-Amerikaner, weil man bestimmte Zuschüsse und Mitgliedschaften vom Staat erhält, die es für uns Ausländer nicht gibt. Es macht außerdem viel aus, wenn man Referenzen aus den USA hat, oft, weil sich dort alle kennen – zumindest innerhalb des Fachbereichs. Wenn man als Ausländer kommt, muss man deshalb entweder sehr beeindruckend sein, oder sich bei sehr vielen Unis bewerben.

Bei wie viele Universitäten hast du dich beworben?

Ich habe mich bei 14 Unis beworben und bin bei zwei oder drei zum Interview eingeladen worden. Ein Freund von mir hat sich aus Griechenland an zehn Unis beworben und wurde nirgends angenommen. Er ist dann für ein Jahr als Technikassistent in ein Labor in San Francisco, hat sich danach nochmal bei denselben Unis beworben und wurde überall angenommen.

Was ist bei einer PhD-Bewerbung anders als bei einem Bachelor oder Master?

Im Bachelor und Master wird eine Eigenfinanzierung vorausgesetzt, im PhD bekommt man ein Gehalt. Umso schwerer ist es reinzukommen, weil die Uni ein größeres Risiko eingeht. Was die Bewerbung angeht, wird im Bachelor und Master noch mehr Wert auf Noten, Testergebnisse, Statement of Purpose und so weiter gelegt. Beim PhD sind Arbeitserfahrung, Publikationen und Referenzen von bekannten Menschen in deinem Fachgebiet wichtiger. Die größte Hürde ist, finde ich, rechtzeitig gute Referenzbriefe zu bekommen.

Wann sollte man mit der Bewerbung für eine Ivy-League-Uni beginnen?

Mindestens zwölf Monate vorher. Wenn man noch den GRE, GMAT, TOEFL und all die Tests machen muss, eventuell noch früher. Die ersten Deadlines für Studienbeginn im folgenden September sind im November. Wer ein Stipendium wie Fulbright oder DAAD mit in der Bewerbung haben will (das erhöht die Chancen auf eine Zusage enorm), sollte sich nochmal sechs bis zwölf Monate vorher dransetzen. Die Deadlines für den Studienbeginn im Herbst des darauffolgenden Jahres sind dort im Frühjahr.

Hältst du die Ivy-League-Unis auch fachlich für besser als sehr gute andere Unis?

Das kommt sehr auf das Fach an. Ich bin jetzt seit vier Jahren hier und glaube, dass es von außen immer glamouröser aussieht. Für manche Fächer gibt es bestimmt bessere Unis, aber die großen Namen ziehen die Leute an. Ich persönlich würde wieder hier herkommen, aber mehr für die Lebenserfahrung, mal in den USA gelebt und die Kultur kennengelernt zu haben. Die Mentalität ist hier in vielen Bereichen anders und ich halte es auf jeden Fall für empfehlenswert, sich dem mal auszusetzen. Studieren oder Arbeiten in der Fremde ist immer sehr lehrreich und erlaubt einem sich weiterzuentwickeln, denke ich. Die USA sind besonders interessant, wenn man gerne im unternehmerischen Bereich dazulernen will.

Ich möchte mich in der Ivy League bewerben. Was für Tipps gibst du mir?

Es ist auf jeden Fall wichtig, früh zu beginnen. Rede außerdem mit Alumni und Professoren. Sammle Arbeitserfahrung für Referenzbriefe, am besten von bekannten Menschen in deinem Fachgebiet. Und die Masse macht's: Bewirb dich bei mehreren Unis, informier dich gut über das Programm und die jeweiligen Professoren. Schreib Professoren vor der Bewerbung direkt an, dass du dich sehr für ihre Arbeit interessierst und gerne mit ihnen arbeiten würdest. Wenn man einen Prof von sich überzeugt, dann hat man seinen eigenen Cheerleader dort an der Uni. Unbezahlbar.

Hilfe für deine Bewerbung: das Amerika-Haus

Ines Jaehnert (34) studierte Amerikanistik mit den Nebenfächern Interkulturelle Kommunikation sowie neuere und neueste Geschichte an der LMU München und der Universiteit van Amsterdam. Im Amerika-Haus in München erklärt sie Bewerbern, warum der Gedanke "Harvard macht sich gut im Lebenslauf" für eine Bewerbung an einer Ivy-League-Uni nicht ausreicht.

Frau Jaehnert, wie oft kommen Leute zu Ihnen, die den Wunsch haben, an einer Ivy-League-Uni zu studieren?

Durchschnittlich jeden zweiten Tag. Wir erwarten von den Schülern oder Studenten allerdings, dass sie sich schon eingehend mit der amerikanischen Hochschullandschaft beschäftigt haben – nicht nur mit der Ivy League. Jede Universität bietet verschiedene Programme. Entscheidend für die Wahl der Uni sollte der richtige Studiengang sein.

Bewerben sich viele Leute rein aus Prestigegründen?

Das kommt schon häufiger vor, hat aber wenig Aussicht auf Erfolg. Spätestens im Motivationsschreiben muss jeder Bewerber begründen, warum ausgerechnet er der Richtige ist und warum er ausgerechnet auf diese Universität möchte. Der Gedanke "Harvard macht sich im Lebenslauf gut" reicht nicht aus.

Wie unterstützen Sie die Bewerber?

Alle, die hier im Amerikahaus arbeiten, haben entweder Amerikanistik studiert oder selber einen Studienaufenthalt in den USA verbracht. Daher kennen wir die Hochschullandschaft sehr gut. Wir sind zum einen ein Informationszentrum und stellen Handbücher, Prospekte, Zulassungsunterlagen oder Vorbereitungsmaterial für den TOEFL-Test zur Verfügung. Zusätzlich fungieren wir als Mentoren und versuchen auch, Leute, die mit unserer Hilfe bereits in den USA studiert haben, als Ratgebende zu gewinnen. Ist jemand fest entschlossen, sich an einer amerikanischen Hochschule zu bewerben, bieten wir eine Intensivberatung an und unterstützen ihn individuell.

Das Studium an der Ivy League ist extrem teuer. Wie helfen Sie Bewerbern bei der Finanzierungsfrage weiter?

In der Regel bewirbt sich jeder, der in der Ivy League studieren möchte, parallel für verschiedene Stipendien. Es gibt sowohl Uni-interne, als auch Uni-externe Programme. Nicht jedes Stipendium passt zu jedem Bewerber. Wir raten den Schülern und Studenten, sich für alle Stipendien zu bewerben, die zu ihnen passen. Auf keinen Fall sollte man alles auf eine Karte setzen und sich nur für ein Stipendium bewerben. Wenn man zu den wenigen Glücklichen gehört, die tatsächlich mehrere Zusagen bekommen, kann man sich später immer noch entscheiden.

Die Universitäten unterscheiden im Bewerbungsprozess zwischen "early decision" und "early action". Was verbirgt sich dahinter?

Die Universitäten gehen davon aus, dass ihre Bewerber sich parallel auch an anderen Ivy-League-Unis bewerben und haben Angst, dass eine andere Uni ihnen einen exzellenten Kandidaten wegnimmt. Daher haben sie sich die Möglichkeit des "early binding" ausgedacht. Das bedeutet, dass ein Kandidat in seiner Bewerbung angeben kann, dass er im Fall einer Zusage den Platz an der jeweiligen Universität in jedem Fall annimmt. Ein solches Versprechen kann der Kandidat natürlich nur einer Universität machen.

"Early action" bedeutet, dass man seine Unterlagen bereits vor dem regulären Bewerbungstermin einreicht. So haben die Studenten die Chance, dass ihre Unterlagen zweimal überprüft werden – einmal zu der frühen Deadline und einmal zur normalen Bewerbungsfrist. Dadurch erhoffen sie sich bessere Chancen auf eine Zusage.

Braucht Deutschland auch eine Liga der besten Universitäten?

Eine Liga in dem Sinne brauchen wir sicherlich nicht. Die Ivy League ist und bleibt weltweit etwas Einzigartiges. Eine vergleichbare Wettbewerbssituation wäre aber auch für Deutschland von großem Vorteil. Die amerikanischen Universitäten haben exzellente finanzielle Möglichkeiten und können dadurch sehr gutes Personal akquirieren. Ihre Forschungsmöglichkeiten sind einmalig und bringen dadurch nicht selten weltbewegende Ergebnisse hervor. Das ist ein Kreislauf, der die Ivy League fürProfessoren und Studenten gleichermaßen attraktiv macht.

Ist die Bewerbung für einen Master schwieriger als die für einen Bachelor?

Generell kann man sagen, dass es mit steigendem akademischem Grad schwieriger wird, angenommen zu werden. Bei den Bachelor-Studiengängen wählt das Admission Office die geeigneten Kandidaten aus. Von den Bewerbern für einen Master wird schon erwartet, dass sie vorher Kontakt zu den Lehrenden ihrer potentiellen Fakultät aufgenommen haben. Das Admission Office trifft hier nur noch eine Vorauswahl. Und bei den Anwärtern für eine Promotion sind es fast ausschließlich die Lehrenden, die entscheiden. Die Bewerber müssen bereits ihr Forschungsthema mit den Professoren abgesprochen haben. Ohne den frühzeitigen Kontakt zu den Lehrenden ist die Aufnahme in ein PhD-Programm also fast unmöglich.

Welche Verpflichtungen hat man als Absolvent einer Ivy-League-Uni?

Reale Verpflichtungen gibt es nicht. Es ist jedoch Tatsache, dass amerikanische Studenten sich ihren Universitäten viel mehr verbunden fühlen, als das bei uns Deutschen der Fall ist. Alumni-Netzwerke sind in den USA längst Gang und Gäbe. Für viele Amerikaner ist es – insbesondere wenn sie gutes Geld verdienen – ganz normal, sich ihrer ehemaligen Universität mit einer Spende erkenntlich zu zeigen. Uns ist dieser Gedanke momentan noch sehr fremd.

Auslandssemester in Harvard

Unzählige Dokumente zusammentragen, Visum und Empfehlungsschreiben organisieren – wer an der ältesten Universität der Vereinigten Staaten studieren will, muss einiges beachten.

Akademisch anspruchsvolles Auslandssemester

Nach seinem ersten Auslandssemester in Australien wollte e-fellow Tim gerne noch ein zweites dranhängen – am liebsten am anderen Ende der Welt und ein wenig anspruchsvoller. Die Wahl fiel auf Harvard. Dort hat er im Rahmen seines BWL-Studiums drei Kurse absolviert, als "Visiting Undergraduate Student", kurz VUS. Die "normale" Arbeitsbelastung in Harvard ist bei vier Kursen pro Semester. Als VUS kann man für insgesamt zwei Semester in Harvard bleiben, belegt meist aber nur drei Kurse pro Semester. So hat man Zeit, um sich an das Umfeld zu gewöhnen und bei kleineren Ausflügen die Umgebung kennenzulernen. Außerdem sind die Studenten in Harvard sehr ehrgeizig, dementsprechend ist auch das Niveau der Kurse hoch.

Bewerbung: Erst mal Dokumente zusammentragen

Im Vergleich zum Bewerben an anderen amerikanischen Universitäten ist die Bewerbung für Harvard ein wenig aufwändiger und anspruchsvoller. Allerdings stehen die Chancen nicht schlecht, am Ende einer der etwa 30 bis 40 VUS pro Semester zu werden.

Zunächst aber musst du einige Dokumente per Post an das zuständige Komitee schicken. Zum einen ein Formular mit dem Titel "Visiting Undergraduate Student Application" inklusive einer genauen, jedoch unverbindlichen Kurswahl, zum anderen ein persönliches Motivationsschreiben, in dem du unter anderem deine Kurswahl begründest. Außerdem zwei Referenzschreiben von Professoren und die "Erlaubnis" des Dekans zum Auslandssemester. Dazu kommen Abiturzeugnis – in notariell beglaubigter, englischer Übersetzung – aktueller, englischer Notenauszug der Heimuniversität und ein offizielles Dokument über den TOEFL-Score. Ein Interview oder ähnliches gibt es nach dieser Bewerbung aber nicht mehr.

Nicht zu spät mit den Vorbereitungen beginnen

Gerade um die Empfehlungsschreiben sollte man sich lieber zu früh als zu spät zu kümmern, da es einige Zeit dauern kann, bis diese endgültig ausgestellt sind. Wer im Herbst mit dem Austausch starten will, sollte im November oder Dezember anfangen, die Referenzen bei den Professoren anzufragen.

Auch um das Visum F1 (Ein Nicht-Einwanderungsvisum, das es Studenten ermöglicht, an einer Universität oder einem College zu studieren) sollte man sich frühzeitig bemühen. Die Prozedur ist sehr bürokratisch und beansprucht nach der Antragstellung dementsprechend viel Zeit. Um überhaupt ein F1-Visum zu beantragen, muss man Studienplatz und festen Wohnsitz in den USA, Auslandskrankenversicherung, Englischkenntnisse, ausreichend finanzielle Mittel und eine enge Bindung zum Heimatland nachweisen. Beantragen musst du das Visum dann beim zuständigen Konsulat.

Wohnen auf teurem Pflaster

Auch Lebensunterhalt und Unterkunft sind in Cambridge oder Boston nicht ganz billig. Mit 700 bis 1.000 US-Dollar für die Miete sollte man auf jeden Fall rechnen, selbst wenn es sich nur um ein WG-Zimmer handelt. Von Deutschland aus findet man Wohnungen am besten über Craigslist. Viele Bachelor-Studenten wohnen auch in einem der Wohnheime auf dem Hauptcampus – für Visiting Students gibt es diese Möglichkeit allerdings nicht.

Tom hat sich während seiner Zeit in Cambridge mit zwei Freunden eine Wohnung geteilt. Zu den Mietkosten von insgesamt 2.900 Dollar pro Monat kamen Kosten für TV-Anschluss, Internet und Strom – insgesamt noch mal etwa 120 Dollar.

Ein Kurs, 4.300 Dollar

Dazu kommen in Harvard noch die Studiengebühren. Ein Kurs kosteste ungefähr 4.300 Dollar. Mit insgesamt drei Kursen und den Kosten für Krankenversicherung (1.000 Dollar), und Zulassung ("Admission") kostete Tims Studium an der Elite-Universität etwa 15.000 Dollar.

Als VUS kann man kein Stipendium über Harvard bekommen, allerdings kannst du dich selbst um ein Stipendium bemühen, beispielsweise vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) – allerdings solltest du unbedingt auf die Bewerbungsfristen achten, die immer sehr früh sind.

Online-Bewerbung an der Law School

e-fellow Jannis hat an der Harvard University nicht nur ein Auslandssemester verbracht, sondern dort einen ganzen Master studiert – genauer den Master of Laws (LL.M.) an der Harvard Law School. Auch hier besteht die Bewerbung vor allem im Zusammentragen vieler englischer, beglaubigter Dokumente sowie Empfehlungen von Professoren und einem Motivationsschreiben. Außerdem läuft die Bewerbung komplett online.

Mit DAAD-Stipendium zum LL.M.

Um sich seinen Master an der Ivy-League-Uni zu finanzieren, hat sich Jannis für ein DAAD-Stipendium beworben. Das hat ihm die Finanzierung sehr erleichtert, denn für ein Jahr LL.M. musste er mit etwa 75.000 Dollar rechnen – vor allem wenn auch noch ein bisschen Geld für Reisen und Spaß übrig bleiben soll, wozu Jannis auf jeden Fall rät.

Football ist Pflicht

In Harvard gibt es neben unzähligen Kursen auch viele verschiedene Vereine sportlicher, akademischer oder ehrenamtlicher Natur. Die bieten eine tolle Gelegenheit, um neue Leute kennenzulernen und Freundschaften zu knüpfen.

Es lohnt sich auch zu einem der Spiele der Bostoner Mannschaften zu gehen – ob die Red Sox im Baseball, die Boston Celtics beim Basketball oder die New England Patriots im Football, alle Teams spielen in den obersten Ligen. Die Tickets sind für Studenten meist vergünstigt über das Dudley House zu bekommen (das Harvard House, dem die Visiting Students zugeordnet sind). Pflicht ist außerdem das große College-Football-Spiel Harvard gegen Yale. Seit der ersten Begegnung 1875 stehen sich die Ivy-League-Rivalen jeden November, am Ende der Football-Saison, gegenüber.

Aber auch das Reisen sollte man nicht vergessen, wenn man es schon mal in die weite Welt geschafft hat. Von Boston aus bieten sich Wochenendausflüge nach New York oder längere Unternehmungen nach Las Vegas oder Kanada an.

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