Der Sprachstil im Bewerbungsschreiben: Schwulst und Schleim, das lass sein
- Julia Büttner und Lukas Oldenburg
Klar, das Anschreiben für eine Bewerbung ist eine etwas überförmliche Sache. Aber das heißt nicht, dass man nur in Ultrahöflichkeitsformeln und Superlativen schreibt. An den Haaren Herbeigezogenes und Angeber-Infos solltest du konsequent weglassen. Unsere Beispiele stammen aus echten Bewerbungen – leicht verfremdet und anonymisiert.
Anschreiben zu formulieren will gelernt sein
Schleim und Geschwurbel, Doppelungen und Angebereien – ein gutes Anschreiben zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass du all das weglässt. Und so geht's:
An den Haaren herbeigezogene Einstiegssätze
Stelle keine weit hergeholten Kausalzusammenhänge her:
Wow, "früh mit Computern in Berührung"! Ende der Achtziger wäre das vielleicht noch etwas Besonderes gewesen. Heute ist es das nicht mehr, und es taugt schon gar nicht als Herleitung dafür, dass man für eine Stelle als Kampagnen-Manager/IT-Consultant/Online-Redakteur geeignet ist.
(Bewerberin, die sich bei einem Nicht-Marketingunternehmen bewirbt)
Wieso weiß man als Marketing-Assistentin automatisch etwas über den Ruf eines Unternehmens? Wenn du dich bei der Konkurrenz deines bisherigen Arbeitgebers bewirbst, kann man diesen Einstieg vielleicht noch nachvollziehen. Aber auch dann klingt es nach einer eher erzwungenen Herleitung.
Spezialistenwissen, das keinen interessiert
Gib nicht gleich im Einstiegssatz zu erkennen, dass du eigentlich nicht auf die Stelle passt:
(Bewerber für Online-Redaktion)
Wenn du dich für eine Stelle beim Ägyptischen Museum oder als Arabisch-Dolmetscher bewirbst, ist so ein Einstieg natürlich schön. Ansonsten gilt: Widerstehe der Versuchung, mit exotischen Kenntnissen oder tollen Auslandsaufenthalten angeben zu wollen, wenn diese nichts mit der Stelle zu tun haben – schon gar nicht im ersten Satz!
Schwulst und Schleim: Erstick's im Keim
Das heißt nichts anderes als:
Wieso nicht gleich so? Bei Verweisen auf "unser schnelllebiges Zeitalter" oder "die globalisierte Welt" schrillt der Phrasen-Alarm.
Nonsense und Doppel-Moppel
Was ist denn ein "umfassend agierendes Unternehmen"? Und kann man sich auch nicht-erfolgreich bewähren? Muss das "agile" vor den "Markt"? Adjektive und Adverbien sind nicht zur Dekoration da!
Unterstellungen und Behauptungen im Anschreiben
Wie kann jemand eine derartige Aussage treffen über eine Arbeit, die er nicht kennt? Wieso "gewissenhaft" – wie kommt der Bewerber darauf, dass die Giga GmbH das "gewissenhaft" tut, und welche Zusatzinformation bringt das? Und welche Inhalte gehören zu diesem angeblich so "breiten Spektrum"?
Achtung, glitschiges Anschreiben!
Schleimwörter wie "zukunftsweisend", "innovativ", "vielfältig", "breites Spektrum", "umfassend" sowie Füllwörter wie "Bereich" kannst und solltest du ersatzlos streichen. Das gleiche gilt für Redundanzen (wo ist der Unterschied zwischen "Inhalten" und "Themenbereichen"?).
Den Leser mit Adjektiven erschlagen
Schleimig, verschwurbelt und inhaltlich fast schon lächerlich: Wieso sind Internet-Foren "neuartig" und "beispielhaft"? Was will der Autor sagen? Wahrscheinlich:
Unplausible Kausalzusammenhänge
Nein. Beweise sind TOEFL & Co., wer ein Auslandssemester gemacht hat, beweist nicht seine Kenntnisse. Außerdem ist fließendes Englisch für die meisten Akademikerpositionen eine Sine-Qua-Non-Voraussetzung. Darauf braucht man also eigentlich nicht einmal einzugehen, es sei denn, man hat wirklich aus irgendeinem Grund außergewöhnliche Kenntnisse.
Unbewiesenes und Unbeweisbares
Das kann nun wirklich jeder von sich behaupten. Dennoch versuchen viele, Eigenschaften wie Flexibilität mit dem Studienfach zu begründen. In den Geisteswisssenschaften wird diese Tendenz dadurch verstärkt, dass die thematische Ausrichtung häufig breiter ist und Absolventen in den unterschiedlichsten Branchen arbeiten.
Plumpe Selbstlobhudelei
Hier wird löblicherweise versucht, einen Zusammenhang herzustellen zwischen Studium, Arbeit, Praktikum und persönlichen Fähigkeiten. Das ist grundsätzlich sinnvoll, aber in diesem Fall ziemlich plump. Aus diesen Stellen geht nicht automatisch hervor, dass der Bewerber eigenverantwortlich, selbstständig, teamfähig, flexibel, engagiert und überzeugend ist.
Erkläre stattdessen lieber, was du konkret an der Uni Pumpelhausen gemacht hast. Daraus lässt sich vielleicht ableiten, warum du dadurch eigenverantwortliches Arbeiten gelernt hat. Wer zum Beispiel erfolgreich im Vertrieb gearbeitet hat, kann mit Überzeugungsfähigkeit kommen, wer im Kundendienst gearbeitet hat, mit Empathie und Dienstleistungsorientiertheit. Wer selbstständig gearbeitet hat, dem glaubt man die "Eigenverantwortlichkeit".
Der schmale Grat zur Angeberei
Der Grat zwischen selbstbewusstem Auftreten und peinlicher Angeberei ist manchmal schmal. Überschritten wurde er hier:
Wie konnte der Bewerber das beweisen? Jedenfalls nicht durch dieses Anschreiben! Gut kommt es dagegen an, wenn man zum Beispiel Internet- und Zahlenaffinität nicht nur behauptet, sondern auch nachvollziehbar begründet, etwa so:
Oder so:
Der erste Satz – so geht's
Idealerweise sieht der Adressat gleich im ersten Satz, warum du ein relevanter Bewerber für ihn bist. Diese Begründung ist schwer, vor allem, wenn man nicht wirklich passt, sich aber trotzdem bewirbt. Im Zweifel: Lieber die Begründung im ersten Satz sparen und dafür später glänzen.
Mach's kurz
Du musst im ersten Satz keinen Beweis überragender Originalität abliefern und auch keine tiefenpsychologische Selbstanalyse. Sag einfach, auf welche Stelle du dich bewirbst und wo du von der Ausschreibung erfahren hast (mehr zur richtigen Quellenangabe).
"mit großem Interesse habe ich Ihre Stellenausschreibung bei e-fellows.net gelesen und möchte mich Ihnen als Experte für Wurstsalatvertrieb vorstellen."
"über xyz habe ich Ihre Stellenausschreibung für einen Design Consultant gefunden. Auf diese Stelle bewerbe ich mich hiermit, da ...."
Anknüpfungspunkt Telefonat
Noch besser: wenn man auf ein vorab geführtes Telefonat oder Treffen Bezug nehmen kann.
"(zuerst/zunächst) vielen Dank für das angenehme/ausführliche/freundliche/offene Gespräch/Telefonat/Messegespräch/Treffen. Wie besprochen übersende ich Ihnen meine (vollständigen) Unterlagen / Hier wie verabredet meine Unterlagen..." oder ganz kurz und knapp:
"ich beziehe mich auf unser heutiges Telefonat und schicke Ihnen meine Unterlagen..."