Bewerbung: Manager auf Jobsuche: Fünf Tipps von Headhuntern

Autor*innen
Claudia Obmann
Der Oberkörper einer Frau steht auf einer riesigen Hand. Über ihr hält eine zweite Hand eine Lupe, in der sich ein Auge befindet. Die Frau spannt ihre Bizepse an und trägt eine Krone auf dem Kopf.

SAP, Bayer, VW: Viele Konzerne bauen Personal ab, auch in der Führungsetage. Doch wenn es um Jobsuche für Top-Positionen geht, ist mehr als ein tadelloser Lebenslauf gefragt.

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Es vergeht keine Woche, in der sich nicht zwei bis drei hochrangige Manager von sich aus bei Headhunter Michael Schäfer melden, um sich nach einem neuen Job zu erkundigen. Ihre Anfragen erreichen Schäfer per Mail, LinkedIn oder über seinen Lions Club. "Einen solchen Andrang von Initiativbewerbern habe ich in 25 Berufsjahren noch nicht erlebt", sagt der Senior Vice President der internationalen Personalberatung Mercuri Urval.

Schäfer vermittelt Kandidaten für Spitzenpositionen vorwiegend in der Logistikbranche. Seinen Beraterkollegen, ob im Mobilitäts-, Finanz- oder Pharmasektor tätig, ergehe es nicht anders. Der Stellenabbau allein bei VW, Bayer und SAP betrifft Tausende Führungskräfte. Die daraus resultierende Verunsicherung dieser Beschäftigtengruppe ist enorm.

Schäfer sagt: "Führungskräfte werden regelrecht auf den Markt geschwemmt. Und die verbleibenden haben Angst, die Nächsten zu sein, und gucken sich schon mal um." Dabei gibt es vom Arbeitsmarkt durchaus auch gute Nachrichten. Karriereberater Frank Vernauer, Geschäftsführer der Personalberatung P4 Career Consultants, der erfahrenen Managern bei der beruflichen Neuorientierung hilft, sagt: "Aufgrund der Verrentungswelle der Babyboomer und der tiefgreifenden Transformation der Wirtschaft ist der Arbeitsmarkt aufnahmefähig – sogar für Führungskräfte Anfang 60, die sich noch nicht zur Ruhe setzen wollen."

Etwa ein halbes Jahr dauere es im Schnitt, bis seine Klienten neu durchstarten. Vorausgesetzt, sie haben die Trennung vom alten Arbeitgeber verarbeitet und Kraft geschöpft, sich auf eine neue Position zu bewerben.

Das ist essenziell, sagt der Experte: "Wenn Sie sich auf den Arbeitsmarkt begeben, müssen Sie emotional stabil sein. Es warten pro Stelle zwischen zwei bis acht intensive Gespräche auf Sie." Wer sich nicht in Bestform fühle, der solle lieber eine Auszeit nehmen, rät Vernauer.

Auf jeden Fall sei es wichtig, eine ehrliche Analyse der Trennungsgründe abzuschließen, Abstand zu gewinnen, neuen Tatendrang zu entwickeln und das Selbstbewusstsein zu stärken. "Ansonsten gelingt es kaum, einen potenziellen neuen Arbeitgeber zu überzeugen und sich zu hundert Prozent einer neuen anspruchsvollen Herausforderung zu stellen", sagt er.

Daneben gibt es fünf Faktoren, die laut weiteren Experten entscheidend sind, um als Führungskraft neu durchzustarten.

Faktor eins: Sich neu ausrichten

Wenn Manager gekündigt werden, kann das für sie auch eine Befreiung und ein Aufbruch sein. Es bietet sich nicht nur die Chance eines lukrativen Arbeitgeber- oder Branchenwechsels, sondern auch die Option des beruflichen Neuanfangs.

Möglich wäre es zum Beispiel, lästig gewordene Führungsverantwortung abzugeben und stattdessen künftig wieder als Experte zu arbeiten. Denkbar ist es auch, sich als Interimsmanager selbstständig zu machen, der Unternehmen sein Wissen und Können auf Zeit offeriert.

"Um festzulegen, wo genau es hingehen soll, empfiehlt es sich zuallererst, sich die eigenen Stärken und Erfolge bewusst zu machen", sagt Nane Nebel. Sie ist Karriereberaterin und Autorin des Buchs "Die CEO-Bewerbung". Bei dieser Bestandsaufnahme gehe es keineswegs nur um Fachexpertise. Nebel sagt: "Wer jahrelang als Führungskraft tätig war, hat zum Beispiel auch Erfahrung darin, Krisen zu bewältigen, umzustrukturieren, Prozesse zu optimieren, Personal zu akquirieren oder abzubauen sowie andere zu motivieren und zu überzeugen." Dieses Know-how sei für viele Arbeitgeber in Transformationsprozessen wertvoll. "Wer das erkennt, kann damit beginnen, sich selbst als vielversprechendes Produkt zu vermarkten", sagt die Beraterin.

Für eine erfolgreiche Neu-Positionierung hält Experte Vernauer es außerdem für extrem wichtig, "dass Ihr aussagefähiges Profil in Karriere-Netzen wie LinkedIn und Xing gut auffindbar ist". Damit Headhunter oder auch Arbeitgeber Sie als geeigneten Kandidaten identifizieren könnten, müsse das Profil für Ihre Managerrolle relevante Keywords enthalten. Diese hängen vom jeweiligen Job, von der Branche und den persönlichen Zielen ab. Für einen Finanzvorstand (CFO) lauten geeignete Keywords etwa: "Strategische Finanzplanung und -steuerung", "Kapitalmarkt- und Investor-Relations-Kompetenz", "Risikomanagement", "Compliance", "Mergers & Acquisitions (M&A)-Expertise", "Führung" und "Change-Management-Know-how". Es gilt die Devise: lieber zu viel als zu wenig.

Faktor zwei: Arbeitgebersuche ausdehnen

Um das neue berufliche Ziel festzulegen, folgt auf die ehrliche Selbstreflexion der nähere Blick auf den Arbeitsmarkt. Personalberater Tiemo Kracht vermittelt seit mehr als 25 Jahren Kandidaten für Geschäftsführer- und Vorstandsvakanzen. Der Inhaber der Personalberatung Board Connect rät, "die Perspektive zu weiten und sich zu fragen: 'Wo könnte meine Kompetenz noch gebraucht werden?'" Das Beispiel eines Automobil-Managers zeigt, wie sich das Suchgebiet ausdehnen lässt. "Ich komme von VW, gehe zu Daimler" sei viel zu eng gedacht, da sind sich alle Experten einig. Automotive-Expertise sei vielmehr im gesamten Mobility-Umfeld einsetzbar. Infrage kämen also auch Hersteller von Fahrrädern und E-Scootern, Airlines oder Bahnbetreiber, zudem Dienstleister, die Mobilitätskonzepte vermarkten.

Faktor drei: Kontakte gezielt nutzen

Lukrative Topjobs mit Gehältern im sechsstelligen Bereich finden sich nicht in Karriere-Netzwerken oder in Online-Jobbörsen. Unternehmen beauftragen stattdessen Personalberatungen, die geeignete Kandidaten und Kandidatinnen suchen. 2023 waren Headhunter laut ihrem Branchenverband BDU für die Besetzung von rund 81.000 Stellen verantwortlich. Die Zahl der Vermittlungen wächst von Jahr zu Jahr.

Headhunter Kracht warnt Manager auf Jobsuche: "Schießen Sie Ihre Verfügbarkeit nicht mit der Bazooka in den Markt." Heißt konkret: Alle möglichen Kontakte werden informiert – in der Erwartung, dass daraus schon irgendein neuer Job resultieren werde. Das wäre die falsche Strategie, wie Kracht sagt: "Dieser Aktionismus beschädigt Ihre Marke." Ein großer, vor allem teurer Fehler, weiß der Personalberater. "Damit erfolgt eine Inflationierung der eigenen Person." Die Folge: Kandidaten entwerten sich selbst. Stattdessen sollten Manager sorgsam auswählen, wen sie tatsächlich ansprechen.

In puncto Headhunter sei laut Karriereberater Vernauer wichtig zu wissen, dass sich die Branche grob in drei Kategorien aufteile. Spitzenpositionen weltweit vermitteln zum Beispiel Egon Zehnder, Odgers Berndtson und Heidrick & Struggles: Diese international tätigen Personalberatungen haben Spezialistenteams, die nur auf die Vermittlung von Kandidaten zum Beispiel für CFO-Positionen zuständig sind.

Daneben gibt es die auf Deutschland fokussierten Personalberatungen wie Signium Deutschland und Dr. Heimeier Executive Search sowie die sogenannten Boutiquen. Diese Personalberater haben sich hochgradig spezialisiert, etwa nur auf Kaufmännische Leitungsjobs oder auf die regionale Vermittlung von Kandidaten für Positionen.

Faktor vier: Starkes Anschreiben

"Wer eine Initiativbewerbung verschickt, sollte sie direkt an den jeweiligen Entscheider adressieren", rät Nebel. Zudem müsse die Empfängerin oder der Empfänger neugierig auf den Bewerber gemacht werden.

Expertin Nebel rät bei der Kontaktaufnahme etwa mit einem unbekannten Headhunter dazu, eine kurze Mail zu verfassen, ein Zweizeiler wie dieser genüge: "Ich orientiere mich beruflich neu und suche eine Position als x. Ich würde mich regional gern in Hamburg, Berlin oder Frankfurt engagieren. Ich habe Erfahrung als y." Entscheidend sei der Abschlusspassus, der im Idealfall zum Öffnen des beigefügten Lebenslaufes führt. Dieser "Teaser" beschreibt einen herausragenden Erfolg – der auch für viele andere Arbeitgeber von Interesse sein sollte.

Ein konkretes Beispiel eines bisherigen Bereichsleiters aus dem Autobau verdeutlicht den Effekt: "Zuletzt habe ich effizientere Produktionsverfahren entwickelt, die 30 Prozent schnellere Markteinführungen ermöglicht haben. Daneben habe ich in meinem Bereich sozialverträglich Mitarbeiter abgebaut und Schlüsselpositionen mit neuen Fachkräften besetzt. Ich freue mich, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen."

Karriereberaterin Nebel rät, sich auf die wichtigsten Fakten zu konzentrieren. "Die Angst, etwas wegzulassen, ist unnötig." Wichtig sei, dass der Empfänger nun im Anhang einen aussagekräftigen Lebenslauf vorfände, aus dem die weiteren erfolgreichen beruflichen Stationen, jeweils mit Personal- und Budgetverantwortung versehen, ersichtlich seien.

Nach dem gleichen Prinzip "Wer bin ich, was will ich, welches herausragende Know-how kann ich, passend zu meinem jeweiligen Gegenüber, anbieten?" funktioniere es, soll ein potenzieller neuer Arbeitgeber angesprochen werden.

Um an geeignete Adressen für derartige Initiativbewerbungen zu kommen, könnten Datenbank-Betreiber kostenpflichtig angefragt oder Verbände um Mitgliedsadressen gebeten werden, empfiehlt Bewerbungsexpertin Nebel.

Faktor fünf: Im Vorstellungsgespräch überzeugen

Sticht ein Kandidat aus der Masse hervor und schafft es schließlich ins Gespräch mit einem potenziellen neuen Arbeitgeber, wartet eine weitere Hürde. An dieser scheitern viele erfahrene Manager, sagt Personalberater Schäfer von Mercuri Urval: "Gerade erfolgreiche Manager, die gewohnt sind, mit Entschlossenheit, Dominanz und analytischer Stärke zu punkten, rechnen oft nicht damit, dass es auch sehr auf ihr Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit zuzuhören ankommt."

Mehr als 60.000 Führungskräfte haben Schäfer und seine Kollegen weltweit in den vergangenen fünf Jahren auf ihre Eignung überprüft. Dabei haben sie einen Trend identifiziert, den er so beschreibt: weniger Stürmer, mehr reflektierte Spielmacher seien auf Top-Positionen gewünscht. Daher warnt der erfahrene Personalberater: "Monologisieren über den eigenen Lebenslauf, statt einen Dialog darüber zu führen, welche konkreten Lösungen man für die Probleme des jeweiligen Gesprächspartners bieten kann, aber auch Besserwisserei können die Chance zu reüssieren von jetzt auf gleich zunichtemachen."

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