Geld anlegen: Sie investieren immer noch nicht in ETFs? So gehen Sie's an

Autor*innen
Felicitas Wilke
Eine Person steht auf einem Stapel Bücher und hält einen Aufwärtspfeil in einem riesigen Diagramm. Daneben sitzt eine Person auf einer Lupe und arbeitet am Laptop.

Sie wollen mehr Geld, aber dafür fast nichts tun? Geht. Der Magic Trick heißt: ETF-Sparplan. Klingt unsexy, nervig, anstrengend? Keine Sorge: Wir helfen Ihnen da durch.

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Stellen Sie sich vor, Sie haben Zugriff auf eine Reichmachmaschine. Man muss sie nur einmal anschalten, dann läuft sie. Sie braucht kaum Wartung und erledigt ihren Job ziemlich zuverlässig, wenn Sie ihr nur lange genug Zeit geben. Zu schön, um wahr zu sein? Nun ja, es gibt diese Maschine, sie heißt nur anders, nämlich: ETF-Sparplan.

Vielleicht ist der sperrige Name auch schon ein erster Grund dafür, dass Sie sie bislang noch nicht einsetzen. Das sollten Sie, nach allem, was Finanzexpertinnen und Rentenforscher raten, aber ändern. Denn ein ETF-Sparplan ist eines der bevorzugten Mittel, um auch als Normalverdiener die langfristigen Renditen des Aktienmarktes zu kassieren – und die gesetzliche Rente aufzubessern, die vielen nicht reichen wird, um ihren Lebensstandard zu halten.

Was verbirgt sich also hinter dem Begriff? Ein Sparplan ist noch leicht zu erklären: Sie kaufen in regelmäßigen Abständen, über einen längeren Zeitraum hinweg und ganz automatisch Anteile eines bestimmten Anlageprodukts. In diesem Fall heißt dieses Produkt ETF, und jetzt verzeihen Sie bitte, wenn es kurz technisch wird: ETF steht für "Exchange-traded fund", es geht also um einen Fonds, der öffentlich an einer Börse gehandelt wird. Die meisten ETFs sind recht simpel gestrickt: Sie haben kein Management, das eine ausgefeilte Strategie verfolgt, sondern bilden schlicht den Wert eines Aktienindex ab. Durch diese beiden Kniffe entfallen sowohl teure Ausgabeaufschläge, die beim Kauf aktiv gemanagter Fonds oft anfallen, und überhaupt die teuren Gehälter aktiver Fondsmanager.

Kürzer gesagt: Wer einen ETF-Sparplan aufsetzt, investiert regelmäßig und langfristig auf verhältnismäßig kostengünstige Art in den Aktienmarkt. Innerhalb von drei Jahren hat sich die Zahl solcher Sparpläne in Deutschland zuletzt fast verdoppelt. Trotzdem legt weiterhin nur rund jeder Sechste hierzulande einen Teil seines Geldes am Aktienmarkt an.

Sie wollen das ändern, aber trauen sich nicht? Dann helfen wir Ihnen jetzt Schritt für Schritt zum Sparplan.

1. Ich bin keine Börsenexpertin. Ist das nicht zu kompliziert?

Mit dieser Sorge sind Sie nicht allein. Es gibt viele Menschen, die vor dem Kapitalmarkt zurückschrecken, weil sie glauben, ihnen fehle dafür das notwendige Wissen, wie der Finanzforscher Michael Grote herausfand. Er befragte dazu Menschen, die keine Aktien besaßen, warum das so sei. Mehr als die Hälfte nannte fehlendes Wissen als Grund. Dabei müssen Abkürzungen wie TER (total expense ratio, oder: Gesamtkosten eines Fonds) oder KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) nicht zu Ihrem täglichen Sprachgebrauch gehören, um zu investieren. "Viele Menschen wissen nicht, was sie alles gar nicht wissen müssen", sagt Grote, der an der Frankfurt School of Finance forscht. Wer einen ETF-Sparplan anlegt, müsse nicht die Bilanzen der Konzerne analysieren und jeden Tag das Auf und Ab der Kurse verfolgen.

Eine Ursache für die Selbstunterschätzung sieht der Forscher bei den Banken. Sie seien oft die ersten Ansprechpartner, wenn es ums Geld geht, hätten aber kein allzu großes Interesse daran, ihren Kunden zu erzählen, wie simpel die Anlagestrategie ETF-Sparplan sei. Denn: "Sie verdienen daran nicht viel", sagt Grote. Wenn schon Fonds, rieten viele zu Investmentfonds, bei denen ein Portfoliomanager aktiv Aktien auswählt, statt wie bei ETFs einen Index nachzubilden. Allerdings zeigen Studien: Nur wenigen Investmentfonds gelingt es, den Markt zu schlagen. Gleichzeitig sind sie deutlich teurer als passive Indexfonds. Die laufenden Kosten eines ETFs betragen meist zwischen 0,1 und 0,5 Prozent im Jahr, bei aktiven Fonds sind meist deutlich mehr als ein Prozent üblich. Hinzu kommt oft ein Ausgabeaufschlag, der auch mal bei fünf Prozent der Kaufsumme liegen kann.

2. Ich spare doch schon auf meinem Tagesgeldkonto. Reicht das nicht?

Vielleicht halten Sie es wie der durchschnittliche Haushalt in Deutschland, der im vergangenen Jahr ein gutes Zehntel seines Einkommens für später zurückgelegt hat. Das ist schön und gut – und im Vergleich zu anderen Industrienationen sogar eine hohe Quote. Allerdings lagern die Deutschen fast 2,2 Billionen Euro und damit ein knappes Viertel des gesamten privaten Geldvermögens in Form von Bargeld oder Sichteinlagen. Liegen auch bei Ihnen ganze Reichtümer auf dem kaum verzinsten Girokonto oder in der Schublade? Dann geht da noch mehr: "Ein Notgroschen für schlechte Zeiten ist eine gute Sache, aber mit Vermögensaufbau hat das nichts zu tun", sagt der Ökonom Michael Grote.

Dass wir uns nicht falsch verstehen: Bevor Ihr unverzinstes Geld unter der Matratze schimmelt und wegen der Inflation faktisch an Wert verliert, ist das Tagesgeldkonto sicher der bessere Ort. Dort bekommen Sparer derzeit im besten Fall gut drei Prozent Zinsen (Stand: Anfang 2025), ein Wert also, der die Teuerungsrate ausgleicht und möglicherweise darüber hinaus noch eine kleine Rendite abwirft. Wer langfristig ein Vermögen aufbauen möchte, kann mit einem ETF-Sparplan aber deutlich bessere Renditen erzielen. Wer sein Geld zum Beispiel über 20 Jahre regelmäßig in einen ETF auf den beliebten Index MSCI World steckt, der die Wertentwicklung von fast 1.400 Unternehmen aus 23 Industrieländern abbildet, konnte bei einer Spardauer von 20 Jahren mit einer durchschnittlichen Rendite von 8,6 Prozent pro Jahr rechnen, wie das Deutsche Aktieninstitut berechnet hat (PDF).

3. Okay, überredet. Wie eröffne ich jetzt ein Aktiendepot?

Das ist inzwischen die leichteste Übung. Sie können bei Ihrer Sparkasse ein Depot eröffnen, zu einem Onlinebroker wie der Consorsbank oder ING gehen oder gleich über das Smartphone mit App-Banken wie Trade Republic oder Scalable Capital investieren. Gerade diese Direktanbieter haben in den vergangenen Jahren in ihrem ureigensten Interesse viel dafür getan, die Geldanlage zugänglicher zu machen. Um ein Depot zu eröffnen, müssen Sie ein paar Angaben zur Person ausfüllen und sich mithilfe des Personalausweises identifizieren – das war es auch schon.

Im Vorfeld sollte man allerdings darauf achten, dass das Depot kostenlos ist. "Bei den meisten Brokern ist das längst üblich, nur manche Filialbanken erheben noch eine jährliche Depotgebühr", sagt Thomas Beutler, Honorarberater und Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale des Saarlandes. Außerdem sollten Verbraucher prüfen, welche Kosten die Anbieter erheben, wenn sie eine Order ausführen, also eine Aktie oder einen ETF kaufen. "Das gilt vor allem dann, wenn Anleger einen Sparplan einrichten möchten und daher regelmäßig ETF-Anteile erwerben", sagt Beutler. Ein Depotvergleich der Stiftung Warentest im Herbst hat gezeigt, dass vor allem Neobroker günstig sind, bei denen sich alle Bankgeschäfte vom Smartphone aus erledigen lassen. Anbieter wie Finanzen.net Zero, N26 oder Trade Republic berechnen für Depot und Sparplankäufe keine oder so gut wie keine Gebühren. Dafür sei zwar die Auswahl an Handelsplätzen, Aktien und ETFs begrenzt, "für die meisten Anlegerinnen und Anleger dürfte ihr Produktangebot aber ausreichen", urteilen die Tester.

Verbraucherschützer Beutler empfiehlt ohnehin, "keine Wissenschaft" aus der Auswahl des Depots zu machen. "Wichtiger ist es, überhaupt mit dem Investieren anzufangen", sagt er. Zudem ist ein Depot nichts anderes als eine Verwahrstelle: Man kann seine angesparten ETF-Anteile auch jederzeit zu einem anderen Anbieter umziehen, falls dieser bessere Konditionen anbietet.

4. Und wie setze ich einen ETF-Sparplan auf?

Üblicherweise brauchen Sie dafür nur wenige Klicks, die genaue Mechanik hängt aber von Ihrem Anbieter ab. Wählen Sie für den Start einen ETF aus, der Ihr Geld auf möglichst viele Unternehmen in möglichst vielen Ländern streut. Hier zwei mögliche Kandidaten: Der "iShares MSCI ACWI UCITS ETF USD (Acc)" mit der Wertpapier-Kennnummer (WKN) A1JMDF enthält Wertpapiere von mehr als 2.300 Unternehmen. Der "Vanguard FTSE All-World UCITS ETF (USD) Accumulating" (WKN: A2PKXG) bildet die Entwicklung von mehr als 3.500 Unternehmen ab.

Haben Sie den ETF ausgewählt, müssen Sie sich noch zwei Fragen stellen. Erstens: Wie häufig wollen Sie investieren? Üblich sind eine monatliche oder vierteljährliche Frequenz. Zweitens: Welche Summe soll in diesen Abständen in den ETF fließen? Hier kommt es auf Ihr Budget und Ihre Risikoneigung an. Ein Beispiel: Sie verdienen 3.000 Euro netto im Monat und wollen davon 15 Prozent, also 450 Euro, sparen. Weil Sie noch mehr als 15 Jahre Zeit haben, bis Sie das Geld wirklich brauchen, halten Sie die üblichen Schwankungen am Aktienmarkt besser aus und wollen rund drei Viertel Ihrer Ersparnis, also um die 350 Euro, in einen ETF investieren. Die restlichen 100 Euro fließen aufs Tagesgeldkonto.

Haben Sie bereits eine größere Summe angespart, die Sie in den nächsten 15 Jahren nicht brauchen und die Sie jetzt in den Aktienmarkt stecken wollen? Dann kaufen Sie davon zusätzlich einmalig ETF-Anteile. Das können Sie am selben Tag tun, an dem Sie Ihren Sparplan anlegen. Es ist sowieso unmöglich, den besten Kaufzeitpunkt für eine solche Einzelorder zu timen. Hier gilt die Börsenweisheit "Time in the market beats timing the market", was übersetzt so viel heißt wie: Je länger Ihr Geld am Markt investiert ist, desto irrelevanter wird das richtige Timing.

5. Ist das nicht doch alles schrecklich riskant?

Auch mit diesem Gefühl sind Sie nicht alleine in Deutschland – es ist aber eben nur das: ein Gefühl. Wie eine Befragung des Bundesverbands deutscher Banken zeigt, ist Sicherheit für zwei Drittel der Menschen in Deutschland das höchste Gut, wenn sie ihr Geld anlegen. Die Rendite folgt mit großem Abstand auf dem zweiten Platz: Sie ist nur für 41 Prozent der Befragten besonders wichtig. "In vielen Köpfen hat sich die Überzeugung festgesetzt, dass Aktien gefährlich seien", sagt Michael Grote.

Die Fehlannahme, dass jeder, der in Aktien investiert, auch gleich ins Casino gehen könne, stamme vermutlich aus der Zeit vor gut 25 Jahren, als der Hype um die Aktie der Telekom in einem Desaster für viele Anleger endete. Später gingen reihenweise junge Techfirmen am Neuen Markt pleite, viele private Investoren verloren viel Geld. Der Vergleich zu heute hinkt aber: Damals setzten die meisten ihr Geld auf eine einzige oder wenige Aktien. Verlor sie an Wert, so wie die T-Aktie, sackte das ganze Depot ab. "Bei einem ETF hingegen ist die Streuung sehr breit und damit die Chance sehr groß, auch überproportional erfolgreiche Aktien im Portfolio zu haben", sagt Grote.

Wenn Sie eine Weile auf Ihr Geld verzichten können, bietet ein ETF das beste Verhältnis aus Rendite und Risiko. Vorausgesetzt, die Weltwirtschaft wächst weiter – so wie sie es bislang immer getan hat.

6. Warum kaufe ich eigentlich ETFs – und nicht die aktuelle Hype-Aktie?

Ein weiterer Klassiker aus der Welt der sprachbildreichen Anlageweisheiten: "Bloß nicht alle Eier in einen Korb legen." Bloß halten sich viele Aktionärinnen und Aktionäre nicht daran. Das ist verständlich, einerseits. Im Jahr 2024 zum Beispiel stieg die Aktie des Chipherstellers Nvidia, angefeuert vom Hype um künstliche Intelligenz, um mehr als 170 Prozent. Wer wäre da nicht gerne dabei gewesen? Das Problem ist nur: Wann und bei welcher Aktie der Kurs als Nächstes derart in die Höhe schießt, weiß niemand.

Vor allem Einsteiger, die nur wenig Zeit haben, sich eingehender mit dem Kapitalmarkt zu beschäftigen, springen tendenziell zu spät auf den Hypezug auf. Oder, um im Bild zu bleiben, nehmen einen Zug, der in die entgegengesetzte Richtung fährt. Und das kann teuer werden: Wer vor fünf Jahren zum Beispiel einen großen Teil seines Vermögens in Aktien des gefeierten Wirecard-Konzerns steckte, bekam ein halbes Jahr später ein Problem, als die Betrügereien im Unternehmen aufflogen – und der Börsenwert gegen null fiel. Einzelaktien, so raten Experten, sollten daher nie mehr als fünf Prozent eines Wertpapierdepots ausmachen.

Ein ETF ist wie eine große Tüte, in der bestenfalls die ganze Welt steckt
Thomas Beutler, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Saarland

All das braucht Sie als frisch gebackenen ETF-Anleger aber sowieso nicht zu kümmern: Ein ETF hat nämlich den Vorteil, innerhalb der Anlageklasse der Aktien breit zu diversifizieren. In dem Index, auf den sich der ETF bezieht, sind Aktien oder Anleihen von teilweise Tausenden Unternehmen aus Dutzenden Ländern enthalten. "Ein ETF ist wie eine große Tüte, in der bestenfalls die ganze Welt steckt", sagt Thomas Beutler, Honorarberater und Finanzexperte der Verbraucherzentrale Saarland. Ein möglichst breit gestreuter ETF reiche daher schon, um sein Geld vernünftig anzulegen. Und auf die gehypten Aktien verzichten Sie damit auch nicht, denn meistens gehören sie zu den Unternehmen mit der größten Marktkapitalisierung, die sowieso in den großen Indizes vertreten sind. In einem ETF auf den MSCI-World-Index stecken beispielsweise auch fünf Prozent des Hype-Unternehmens Nvidia.

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