Fabian Stephany: "KI-Skills bringen so viel wie ein Doktortitel"

Autor*innen
Kirstin von Elm
Ein Mann meditiert. Um ihn herum schweben vier Bildschirme, die an seinen Kopf angeschlossen sind.

Der Arbeitsmarktforscher erklärt, welche Fähigkeiten ein gutes Gehalt versprechen und wieso Abschlüsse unwichtiger werden.

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Künstliche Intelligenz (KI) erfordert viel Know-how bei den Menschen, die sie anwenden, sagt Fabian Stephany. Er ist Dozent für KI und Arbeit an der Universität Oxford, Forschungspartner am Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft in Berlin sowie Fellow beim Brüsseler Thinktank Bruegel.

Herr Stephany, KI-Profis erzielen derzeit Spitzengehälter. Lohnt es sich, in KI-Wissen zu investieren?

Beim Gehalt gehören KI-Fähigkeiten aktuell zu den wertvollsten am Arbeitsmarkt. Eine umfassende Analyse von Jobofferten und Gehaltsangaben aus Großbritannien hat ergeben, dass der Gehaltsaufschlag für KI-Skills rund 16 Prozent beträgt. Das ist fünfmal mehr als der durchschnittliche Wert aller anderen Fähigkeiten.

Betrifft das nur Jobs in der IT oder auch andere Bereiche?

KI wird alle Unternehmensbereiche erfassen und viele Jobprofile grundlegend verändern. Überall werden Menschen künftig mit smarten Maschinen zusammenarbeiten und dafür entsprechende neue Fähigkeiten brauchen. Unsere Auswertungen zeigen, dass sich KI-Skills umso mehr auszahlen, wenn sie komplementäre Fähigkeiten im Marketing, Management oder Vertrieb sinnvoll ergänzen und so bessere Ergebnisse oder effizientere Prozesse ermöglichen.

Müssen KI-Experten ein anspruchsvolles Studium absolviert haben?

Nein, jedenfalls nicht ausschließlich. Zwar sind Jobs mit KI-Bezug oft anspruchsvoll, weshalb ein Studium sinnvoll ist. Das allein erklärt aber nicht die hohe Prämie für KI-Skills. Tatsächlich ist bei KI-Jobs kaum noch ein Gehaltsvorteil für Akademiker zu erkennen.

Ein akademischer Titel lohnt sich also nicht mehr?

So würde ich das nicht sagen. Studienabschlüsse, insbesondere im MINT-Bereich, bringen nach wie vor eine solide Prämie beim Gehalt. Unsere Daten zeigen aber, dass KI-Kompetenzen gehaltstechnisch mithalten können. Im Gehaltsgespräch können KI-Skills tatsächlich mehr bringen als ein Master und so viel wie ein Doktortitel.

Woran liegt das?

Technologien entwickeln sich viel dynamischer als offizielle Berufsausbildungen oder akkreditierte Studiengänge. Bei KI übersteigt die Nachfrage das Angebot an formal qualifizierten Absolventen gerade bei Weitem. Unternehmen gehen deshalb notgedrungen dazu über, Stellen eher anhand konkreter Fähigkeiten zu besetzen. In immer mehr Jobofferten wird also nach Machine Learning oder Natural Language Processing gefragt, nicht mehr nach Bachelor oder Master.

Die Fragen stellte Kirstin von Elm.

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