Die Karriere ankurbeln: Für wen sich Mentoring lohnt

Autor*innen
Benjamin Fischer, Anne Kokenbrink und Johann Thöming
Person mit Laptop sitzt auf einem Würfel und blickt konzentriert auf den Bildschirm. Die Person daneben gestikuliert zu ihr, als ob sie etwas erklärt.

Von erfahrenen Managern zu lernen kann die eigene Karriere ankurbeln - wenn man es richtig angeht.

e‑fellows.net präsentiert: Das Beste aus der F.A.Z.

Lies bei uns ausgewählte Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und von FAZ.NET.

Mentoring, das klingt wie ein Modewort zwischen "Coaching" und "Tutoring". Doch es ist mehr. Mentoring gilt als bewährtes Instrument, um Führungskräfte zu fördern und Karrieren anzukurbeln. Die Wirtschaftswelt kennt solche Mentoring-Gespanne schon lange, auch mit prominenten Beispielen: Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg holte sich einst Tipps bei Apple-Gründer Steve Jobs. Microsoft-Legende Bill Gates fragte Investment-Ikone Warren Buffett um Rat. Erfahrene Menschen geben ihr berufliches Wissen an Jüngere weiter, das ist die Idee. Im besten Fall profitieren beide.

Das bestätigt Alexandra Hauser, Psychologin und Professorin für Responsible Leadership an der Munich Business School. "Wenn man Mentoring als Karriereprogramm einsetzt, erhofft man sich natürlich, dass der Mentee profitiert. Aber auch der Mentor kann durchaus etwas mitnehmen", betont sie. Üblich ist eine Zweierkonstellation: ein Mentor, ein Mentee, also quasi eine Patenschaft. Mentoring lässt sich etwa beim Onboarding einsetzen. Neue Mitarbeiter sollen verstehen, wie es im Unternehmen zugeht. Mentoring muss aber nicht zwingend über ein Programm im Betrieb laufen. Auch informelles Mentoring ist in der Berufswelt geläufig, sagt Hauser. Ganz nach dem Motto: Kontakte und Netzwerke schaden nur dem, der sie nicht hat. Mentoring kann dabei nicht nur jungen Nachwuchskräften helfen, sondern etwa auch Selbständigen oder Frauen in männerdominierten Branchen.

Die Idee ist nicht neu. Nikola Steinbock, Vorstandssprecherin der Landwirtschaftlichen Rentenbank, erlebte ihr erstes Mentoring in den Neunzigerjahren. Sie erinnert sich gern daran, der Kontakt zu ihrem Mentor besteht bis heute. "Das hat viel für mich verändert, weil ich diese Außenperspektive von einem sehr erfolgreichen, erfahrenen Manager bekommen habe", sagte sie im F.A.Z.-Podcast "Beruf und Chance". Besonders beeindruckte sie die "geniale Spiegelung" durch den Mentor. "Wir haben uns gut verstanden und vertraut", sagt sie. Das zahlte sich aus: "Am Ende entschied ich, in der Bank den nächsten Schritt zu gehen. Der Mentor ermutigte mich stark dazu." Später wurde sie selbst zur Mentorin.

Vom Wissen der "Alten" profitieren

Ein typisches Thema im Mentoring ist laut Steinbock die Teamführung. "Wenn man gerade zur jungen Führungskraft geworden ist, stellt man sich viele Fragen: Wie kriege ich das hin mit diesem Team? Was darf ich nicht tun und wie löse ich Konflikte oder Schwierigkeiten in Beziehungen?" Dabei könne man vom Wissen der "Alten" profitieren.

Damit Mentoring sein Potential entfaltet, muss die Chemie stimmen. Zu Beginn ist es daher wichtig, sich kennenzulernen und zu prüfen, ob Mentor und Mentee gut zusammenpassen. In Unternehmen treffen meist zuständige Personen die Vorauswahl. "Die Beziehungsqualität ist ein relevanter Faktor", sagt Alexandra Hauser. Es geht dabei nicht nur um Sympathie. Ihr Team hat im Rahmen einer Studie gesehen, dass es auch auf tiefere Werte ankommt. "Es muss ein Match im sogenannten Self-enhancement geben, also mit Blick auf die Karriereambitionen." Trifft ein engagierter Mentor, der seine ganze Erfahrung weitergeben und seinem Mentee zum Erfolg verhelfen will, auf ein Gegenüber ohne diesen unbedingten Willen, ist Enttäuschung programmiert.

Wie aber geht so ein Mentoring vonstatten? Im Kern sind es individuelle Gespräche, mal intensiver, mal weniger persönlich, die meist über ein Jahr hinweg stattfinden. Für Unternehmen ist es wichtig, dass formale Programme gut geplant werden, sagt Alexandra Hauser. Vor allem müsse Klarheit darüber herrschen, wie das Programm ablaufe, "im Sinne von, wie werden die Mentoren ausgebildet". Es lohne sich, vorab einige Dinge zu klären: "Was ist das Ziel des Mentorings, wo könnt ihr unterstützen, wie wollt ihr sein als Mentorinnen und Mentoren und wo liegen die Grenzen?" Trotzdem könne man, wenn es dann losgeht, immer noch viel frei gestalten.

Wie wirksam ist Mentoring?

Mentoring-Programme sollten zudem in den Unternehmen einen gewissen Stellenwert besitzen und den Mentoren neben ihrem eigentlichen Job Zeit und Raum lassen, ihre Rolle auszufüllen. "Das entscheidet am Ende mit, wer sich meldet", sagt Hauser. "Die, die es ernst meinen, überlegen sich vorher, ob sie die Rolle gewissenhaft ausfüllen - und das sind die guten Mentoren."

Studien zufolge trägt das System Früchte. In jedem Fall ist es weit verbreitet. 70 Prozent der 500 umsatzstärksten amerikanischen Unternehmen bieten laut "Harvard Business Manager" Mentoring-Programme an - vor allem um die Leistung und Bindung der Mitarbeiter zu steigern. Wie gut das klappt, lässt sich nur bedingt messen, doch einzelne Experimente liefern positive Ergebnisse. Ein Experiment in einem amerikanischen Callcenter ergab, dass Mentoring den Umsatz in den ersten zwei Monaten um 19 Prozent steigerte. Außerdem war die Fluktuation 14 Prozent niedriger. Allerdings war die Stichprobe gering und nicht repräsentativ. Andere Studien zeigen, dass Mentoring besonders bei Neuangestellten für mehr Kooperationsfreudigkeit sorgen kann.

Was aber, wenn es im eigenen Unternehmen kein Mentoring-Angebot gibt? Nikola Steinbock von der Rentenbank rät, selbst die Initiative zu ergreifen: Vorschläge bei der Personalabteilung machen oder selbst auf die Suche gehen. "Jede junge Nachwuchskraft kennt irgendwelche Menschen, von denen sie sagt: Ich finde gut, wie er oder sie das macht, oder der hat zumindest jede Menge drauf." Auch bei Verbänden, in Fachzeitschriften und im Internet gibt es ein großes Angebot. Ohnehin kann es sich lohnen, einen Mentor außerhalb des eigenen Unternehmens zu finden, denn derjenige schaut "von außen" oft mit einem anderen Blick auf das Unternehmen , während ein Mentor aus dem eigenen Unternehmen Zusammenhänge manchmal besser versteht.

Klingt alles nach einem Loblied auf das Mentoring. Aber nicht jeder, der erfolgreich sein will, braucht einen Mentor. Das betont auch Nikola Steinbock. "Man kann auch ohne Mentor oder Netzwerk Karriere machen", sagt sie. Und wer sich unklar ist, was die eigenen beruflichen Ziele sind oder wie er dabei von anderen lernen kann, sollte sich gut überlegen, ob ein Mentoring-Programm das Richtige ist. Steinbock warnt auch davor, nur an einem Mentoring teilzunehmen, um die Karriere anzukurbeln. Mentoring sei kein Garant für beruflichen Erfolg; schnelle Lösungen nicht vorprogrammiert.

Alle Rechte vorbehalten. Copyright Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv.

Bewertung: 1,5/5 (2 Stimmen)