Die Karrierefrage: Von IHK-Zertifikat bis MBA – welche Weiterbildungen zahlen sich aus?

Autor*innen
Victoria Robertz
Ein Mann mit einem aufgeschlagenen Buch auf dem Kopf, aus dem Buchstaben und eine Glühbirne herausfliegen [© BillionPhotos.com – stock.adobe.com]

Viele glauben, nur durch zusätzliche Qualifikationen aufsteigen oder den Traumjob ergattern zu können. Doch so manche Weiterbildung ist weniger nützlich als gedacht. Wann sie die Karriere wirklich voranbringen.

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Sebastian Müller ist Controller mit einer guten Ausbildung in diesem Bereich und drei Jahren Berufserfahrung – ein Bewerberprofil, das überall händeringend gesucht wird. Trotzdem kassierte er auf seine zahlreichen Bewerbungen nur Absagen. Wer jetzt nach dem Fehler sucht, findet ihn in Müllers Lebenslauf. Der war vollgepackt mit zusätzlichen Qualifikationen, von Versicherungsagent über Sozialberater bis Klangschalentherapeut. Was nach Engagement und breiter Fachkompetenz klingen mag, wurde im Fall von Müller, der eigentlich anders heißt, zum Karrierehindernis. Denn das Motto "Aus- und Weiterbildungen kann man nie genug haben" stimmt nicht ganz.

Viele halten Weiterbildungen für ein Muss, um die Karriere voranzutreiben oder in eine Führungsposition aufzusteigen – und das Angebot ist riesig. Weiterbildungen zu Agilität, Transformation und Kommunikation liegen im Trend. Wer Führungsambitionen hat, macht noch einen MBA. All das ist kosten- und zeitintensiv und bedeutet eine hohe zusätzliche Belastung neben dem eigentlichen Job. Doch nicht jede Weiterbildung bringt einen automatisch weiter. Welche lohnt sich wirklich? Welche ist unerlässlich und welche eher überbewertet?

Nicht weiter ohne Weiterbildung – das gilt vor allem im Rechts- und Finanzwesen

In einigen Branchen führt an Weiterbildungen kein Weg vorbei, um den Job überhaupt seriös ausüben zu können. Denn Weiterbildungen vermitteln nicht immer nur neue Kompetenzen, sondern frischen auch "altes Wissen" auf. Wer etwa im Rechts- oder Finanzwesen arbeitet, muss über Änderungen in der Gesetzeslandschaft Bescheid wissen, wer im Personalwesen arbeitet, muss die neuesten arbeitsrechtlichen Gegebenheiten kennen, und IT-Experten müssen wissen, wie neue Systeme funktionieren. "In diesen Berufen gibt es stetig Veränderungen in den Standards und Vorschriften", sagt Susanne Tonnar, Headhunterin und Ko-Gründerin der Personalberatung Top of Minds. "Da ist es unerlässlich, dass man als Fachkraft auf dem neuesten Stand ist und das auch im Lebenslauf demonstriert."

Doch viele wollen noch mehr aus ihrem Lebenslauf herausholen und sich zusätzliche Fähigkeiten aneignen. Für Tonnar gilt dabei grundsätzlich: Wer Weiterbildungen für seine Karriereentwicklung nutzen will, sollte sicherstellen, dass sie einen Bezug zum eigenen Job oder zur eigenen Qualifikation haben. "Wenn ich CFO bin und eine Weiterbildung zum Yoga-Coach gemacht habe, dann brauche ich das im CV nicht unter Weiterbildungen zu erwähnen, wenn, dann bei den Hobbys", sagt die Headhunterin. "Auch so etwas wie Ein-Tages-Seminare zum Thema 'Erfolgreich verhandeln' würde ich lieber weglassen." Wie schon das Beispiel von Müllers Lebenslauf zeigt, sollte man vor lauter Weiterbildungen den Fokus und den roten Faden nicht verlieren.

Zertifikatslehrgänge können Türöffner sein

Die Klassiker der beruflichen Weiterbildung sind sogenannte Zertifikatslehrgänge, wie sie vor allem die IHK und der TÜV anbieten. Dort belegt man für mehrere Monate ein oder zwei Mal pro Woche ein Seminar, meist kosten diese mehrere Tausend Euro. Die Angebote reichen von IT-Sicherheit über "Führen in der Transformation" bis zu KI-Management oder agilem Projektmanagement. Allein bei der IHK Frankfurt am Main finden jedes Jahr rund 3.500 Veranstaltungen inklusive Prüfungen zu mehr als 40 Berufsbildern statt. Wie soll man da die richtige Weiterbildung finden?

Bewerbungscoach Ines Schöffmann hält vor allem jene für sinnvoll, die zum einen nah am eigenen Berufsbild sind und zum anderen eine sehr spezifische, konkrete Ausrichtung haben. "Ich würde mich immer fragen: Bringt mir diese Weiterbildung im aktuellen Job und Unternehmen eine neue Kompetenz, die ich praktisch sofort umsetzen kann?", sagt sie. "Ein SAP-Kurs schafft für einen Controller zum Beispiel sofort einen Mehrwert." Auch Kurse zu Inhalten, die man in so gut wie jedem Unternehmen gebrauchen könne, seien hilfreich. "Bei Personalentscheidern kommen meistens Ausbildungen und Zertifikate im Projektmanagement sehr gut an", sagt Schöffmann. "Die Methoden kann man in sehr vielen Bereichen brauchen, und häufig ist diese Kompetenz sogar ein Einstellungskriterium." Ähnliches gelte für Software-Kenntnisse.

Zertifikate der IHK können aber auch und insbesondere für Quereinsteiger sinnvoll sein, sagt die Karriereberaterin Kathrin Schweizer, die früher selbst in einem großen Unternehmen für Weiterbildungen verantwortlich war. Wer entlassen wurde und länger keine Weiterbildung mehr hatte oder wer sich beruflich umorientieren möchte, dem könne eine IHK-Qualifikation helfen. "Manchmal kann ein Zertifikat ein Studium ersetzen oder ein Türöffner sein, um in eine Rolle zu kommen, in der man erst wenig Erfahrung hat", sagt sie. "Es gibt zum Beispiel Unternehmen, die sagen, solange jemand Berufserfahrung hat und eine Weiterbildung als Personalfachkauffrau IHK, nehmen wir die genauso wie jemanden mit einem Studium." Wer ein konkretes Berufsziel habe, könne sich auch die Anforderungen in aktuellen Stellenanzeigen anschauen, um herauszufinden, welche Weiterbildung passen könnte.

Achtung vor "Trend-Ausbildungen" und Leadership-Kursen

Trotzdem, sagt Schweizer, sind Studiengänge in vielen Unternehmen immer noch höher angesehen als Ausbildungen . Auch beim Gehalt machen sie einen Unterschied. Viele mit dem Wunsch nach Weiterentwicklung streben deshalb ein berufsbegleitendes Studium an. Akademische Weiterbildungen an Fernuniversitäten oder Business Schools sind neben den Zertifikatslehrgängen die zweite große Säule der beruflichen Weiterbildungen. Besonders beliebt ist der MBA, der Master of Business Administration, der allgemeine Managementfähigkeiten vermittelt.

Studiert man berufsbegleitend, zieht sich das Studium meist über mehrere Jahre und kostet 15.000 bis 20.000 Euro. "Einem Controller würde ein SAP-Kurs oder eine Fortbildung im Bereich EFRS mehr bringen als ein MBA", sagt Bewerbungscoach Schöffmann. "Je allgemeiner und unspezifischer die Weiterbildung, desto weniger brauchbar." Zu einem teuren MBA rät sie nur, wenn es die Person wirklich interessiert oder der Arbeitgeber ihn finanziell unterstützt. Und: Wenn Studium, dann sollte es auf jeden Fall berufsbegleitend sein. Denn keine Weiterbildung oder Zusatzausbildung sollte die laufende Tätigkeit unterbrechen und am Ende vielleicht eine fatale Lücke im Lebenslauf reißen.

Menschen mit Führungsambitionen erhoffen sich von einem MBA oft bessere Aufstiegschancen. Auch wenn viele Business Schools gut angesehen seien, mache ein Abschluss dort die Führungsposition aber nicht zum Selbstläufer, meint auch Headhunterin Tonnar. Das gleiche gelte für Leadership-Kurse. "Wenn ich schon in einer Führungsrolle bin und jetzt in das nächste Level aufsteigen möchte, dann könnte eine entsprechende Weiterbildung von Vorteil sein", sagt sie. Auch für junge oder wenig erfahrene Führungskräfte sei eine Leadership-Ausbildung sinnvoll. Insgesamt sind sich die Expertinnen aber einig, dass Soft-Skill-Weiterbildungen zu Kommunikation und Co. eher überschätzt sind.

Schweizer warnt außerdem vor "Trend-Ausbildungen", etwa zu Social Media. Dort seien die Entwicklungen teils so schnell, dass eine Weiterbildung zu bestimmten Formaten oder Funktionen schon nach wenigen Wochen nicht mehr aktuell sein könnte. Auch in den Bereichen Nachhaltigkeit und Gesundheit könnten Weiterbildungen zu speziellen Technologien schnell überholt sein. Davon abzugrenzen sei das Thema Künstliche Intelligenz, das mehr als nur ein Trend sei. "Gleichzeitig ist hier Skepsis angebracht, weil viele No-Name-Anbieter auf diesen Trend aufspringen und mit Schulungen zu ChatGPT und Co. das schnelle Geld verdienen möchten", sagt Schweizer. "Ich empfehle deshalb, darauf zu achten, dass die Weiterbildung möglichst umfassend ist, also zum Beispiel auch auf Datenschutz und Diskriminierung durch Algorithmen eingeht."

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