Solo – und gut so!: Drei Gründe, freiwillig Single zu sein

Autor*innen
e-fellows.net Redaktion
Person, deren Kopf durch ein freigestelltes Auge ersetzt wurde. Sie liest Unterlagen.

Es gibt sie, die zufriedenen Töpfe ohne Deckel, die Singles aus freien Stücken. Was hält sie in der selbstgewählten Einsamkeit, umgeben von glücklichen Paaren? Was unterscheidet sie von unglücklichen Suchenden? Profitiert ihre Karriere, ihr Bankkonto, ihre Freizeit, am Ende sogar ihr Sozial- und Sexualleben? Gründe und Vorteile eines Lebens zu eint.

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Hätte der Erfinder des Kochtopfs gewusst, was er anrichtet – er hätte es sich hoffentlich anders überlegt. Jetzt aber wird die Menschheit regiert von einer Küchengerät-Analogie und sucht fieberhaft den einen Deckel, den jeder anständige Topf zu haben hat. Dass es neben Töpfen auch Woks gibt, die eine Abdeckung weder wollen noch brauchen, gehört für die meisten von uns ins Reich der exotischen Legenden.

Zurecht, sagen viele Statistiker, und warnen auf solider Datenbasis vor dem Modell "Leben ohne Deckel". Der iff-Überschuldungsreport 2016 weiß so zu berichten, dass 56 Prozent aller Überschuldeten Singles sind – Paare, Familien und Alleinerziehende hingegen machen gemeinsam weniger als die Hälfte aus. Kein Wunder, sagt das Statistische Bundesamt, und rechnet vor, wie teuer ein Singleleben ist: Ganze 39 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens berappen Alleinstehende allein fürs Wohnen, 14 Prozentpunkte mehr als Paare ohne Kinder.

Hinzu kommen große Mehraufwendungen bei Steuern und Versicherungen sowie kleine, aber ständige Geldfresser wie Einzelzimmeraufschläge und teure Single-Packungen im Supermarkt. Dass Alleinstehende diesen Luxus weniger lang als Paare finanzieren müssen, dürfte kaum trösten: In der Fachzeitschrift "Demographic Research" sagten tschechische Forscher Singles ein um bis zu neun (Männer) beziehungsweise sieben Jahre (Frauen) kürzeres Leben voraus.

Einsame Spitze, oder: Single für die Karriere

Umso interessanter die Frage, warum sich Menschen freiwillig fürs Single-Dasein entscheiden. Ein erstes Indiz liefert eine Studie des Wirtschaftswissenschaftlers Nikolai Roussanov an der Universität Pennsylvania: Seine Studie "Marriage and Managers' Attitudes to Risk" untersuchte das Führungsverhalten von 1.500 Vorstandsvorsitzenden und wies nach, dass alleinstehende Manager die erfolgreicheren sind. Der Grund: Sie sind risikofreundlicher, treffen weitreichendere Entscheidungen und handeln mit der nötigen Entschlossenheit, wo gebundene Manager in konservative Verhaltensmuster oder gar in Passivität verfallen. Im Ergebnis sind von Singles geführte Unternehmen jünger, wachsen schneller und freuen sich über eine drei Prozent höhere Aktienrendite.

Zwar hat Roussanov nicht untersucht, ob der Familienstand das Verhaltensmuster bedingt oder umgedreht. Doch es scheint zumindest nicht ausgeschlossen, dass Kommunikations- und Entscheidungsmuster in einer langjährigen Beziehung – sprich Konsens, Harmonie und Rücksichtnahme – auf das berufliche Handeln abfärben; und dass umgedreht das Single-Dasein, das Raum für Spontaneität und Risikonahme einräumt, zu besonders erfolgversprechenden Entscheidungsfindungsmechanismen befähigt.

Unumstritten ist auch, dass Ungebundenheit eine größere zeitliche und geographische Flexibilität mit sich bringt – die wiederum keiner Karriere schadet. Wer ohne Abstimmung bis in die Nacht hinein arbeiten, den Studienplatz in Harvard oder die neue Stelle in Boston wahrnehmen kann, der hat schneller Gelegenheit, sich hervorzutun und hochzuarbeiten. Das bestätigt auch eine nicht-repräsentative Umfrage unter e-fellows.net-Stipendiaten und –Alumni. Von 60 teilnehmenden High Potentials gaben 15 an, Single zu sein, um sich geographisch nicht festlegen zu müssen; acht Befragten war (unter anderem) der Beruf, 23 das Studium wichtiger als eine Beziehung. 

Sich selbst der nächste

Einen ganz anderen Einblick in die Denke der Singles aus Überzeugung liefert der #marrymyself, unter dem vornehmlich junge Frauen ihre Hochzeit der besonderen Art teilen. Denn geehelicht wird nicht der Partner fürs Leben, sondern die eigene Person – gerne auch vor dem Spiegel. Vom Brautkleid über die Torte bis zur feierlichen Location unterscheiden sich die Ego-Trauungen in nichts von einer konventionellen Hochzeit. Nur, dass es bei der Feier nicht um die Liebe eines Paares geht, sondern um die Zuneigung eines einzelnen Menschen zu sich selbst. "I have decided I'm gonna marry myself! I will be faithful to myself, I will honor and love myself for eternity, I will be my best friend forever, I will be gentle and caring to myself, I will never leave my side […]", erklärt beispielsweise die Reggea-Sängerin Lucy Galland ihre Eheschließung mit sich selbst.

Zwar sagt dieses Verheiratet-Sein mit sich selbst nichts über den Beziehungsstatus aus (eine Paarbeziehung ist zumindest zu einem späteren Zeitpunkt denkbar). Doch über die ideologische Aufladung des Single-Seins spricht die Zeremonie Bände. Selbstverwirklichung, Selbstbewusstsein und Selbstachtung haben oberste Priorität im Leben der Ego-Bräute – und der Weg hierhin führt über das bewusste Alleinsein. Nur, wer sich im Leben schon einmal auf sich selbst zurückgezogen hat, kann DIE Kompetenz schlechthin erlangen, nämlich, mit sich selbst und für sich selbst zu leben.

Ist also eine gesunde Beziehung zu sich selbst der Grund, warum einige überzeugte Alleinstehende potentielle Partner abblitzen lassen? Dafür sprechen auch die Zahlen der Umfrage unter e-fellows, von denen ein Drittel ihr bewusstes Single-Leben damit begründete, "erst einmal alleine klarkommen zu wollen": Eigenständigkeit und Zufriedenheit ohne Partner scheint in der Welt der Deckellosen ein Wert für sich, dem eine sich anbahnende Beziehung im Zweifel zu opfern ist.

Das Single-Leben als Testphase

Warum nur einen attraktiven Menschen in sein Leben lassen, wenn die Welt voll davon ist? Natürlich ist auch der Hang zur Promiskuität ein Faktor bei der Entscheidung, bewusst Single zu bleiben. Immerhin zehn von 60 e-fellows gaben an, keinen festen Partner zu haben, um sich sexuell nicht festlegen zu müssen.

Im Extremfall hat die Libertinage sogar Methode: Besonders planvolle Singles strukturieren ihr Liebensleben mithilfe des Optimal-Stopping-Theorems. Sie bleiben eine längere Zeit ungebunden, um sich einen Überblick über die "Marktlage" zu verschaffen und anschließend auf optimaler Datengrundlage den perfekten Partner auszuwählen. "Die Lösung bringt das optimal stopping theorem – man "sampled", bis man etwa 37 Prozent der möglichen "Dating-Zeit" rum hat, und bleibt danach bei dem Partner, der besser als der Beste aus den ersten 37 Prozent ist", erklärt ein Umfrage-Teilnehmer die Theorie hinter effizienz- und ergebnisorientiertem Single-Dasein.

Sogar der ideale Zeitpunkt, das überzeugte Single-Leben zugunsten einer Partnerschaft aufzugeben, lässt sich auf diese Art und Weise berechnen: Man multipliziere die potenzielle Dating-Zeit (beispielsweise 40 Jahre) mit 0,37 und addiere sie zum Lebensalter, in dem man anfängt, zu daten (beispielsweise im Alter von 15 Jahren): Schon weiß man, dass es mit 29,8 Jahren Zeit wird, den Junggesellenhut an den Nagel zu hängen. Dumm nur, wenn der perfekte Partner schon im ersten Drittel dabei war …

Von den Hoch-Hinaus-Singles über die Selbstliebhaber bis hin zu den Libertins und Datensammlern: Gründe, auf einen Partner zu verzichten, gibt es viele. Jetzt braucht es nur noch Vorbilder, die das Single-Dasein als bewusste Entscheidung salonfähig machen – und ein neues Kochgerät, das die Vielfalt moderner (Nicht-)Bindungs-Optionen abbildet.

Und was ist deine Meinung? Bist du auch ein Single aus Überzeugung und würdest dich am liebsten selbst heiraten? Oder pocht das Herz eines Romantikers in dir? Diskutiere darüber mit anderen e-fellows in der Community.

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