Digital Detox: So reduzierst du deine Bildschirmzeit

Autor*innen
Astrid Travi
Ein Mann sitzt stark gebeugt an einem Schreibtisch und arbeitet am Computer. Über ihm schwebt ein riesiges freigestelltes Auge, das ihn zu beobachten scheint.

Dank Smartphones, Laptops und Tablets sind wir zu jeder Zeit und an nahezu jedem Ort erreichbar. Das ist praktisch – und gleichzeitig extrem anstrengend. "Digital Detox" soll den Stress reduzieren. Doch wie gelingt der bewusste Verzicht auf digitale Medien im Alltag? 

Montag, 6:30 Uhr: Dein Handywecker klingelt. Zum Aufwachen scrollst du durch die sozialen Netzwerke. Nach dem Duschen folgt ein schneller Blick auf die Nachrichten, dann setzt du dich an den Laptop im Homeoffice und beginnst zu arbeiten. In wenigen Minuten nimmst du am ersten Online-Meeting teil. Gleichzeitig kommen Mails rein. Dein Handy klingelt. Gegen Feierabend checkst du schnell die Bahnverbindung, weil du noch in die Stadt willst. Das Smartphone klingelt erneut. Der Tag endet mit einem Podcast oder einer Serie – zum Einschlafen. 

Das kommt dir bekannt vor? Wahrscheinlich – denn digitale Inhalte bestimmen unseren Alltag. Dabei ist es mit elektronischen Medien wie mit Alkohol, Essen oder Arznei: Die Dosis macht das Gift. Was zu viel ist, belastet und schadet auf Dauer. 

Porträt Astrid G. [Quelle: stg – Die MitarbeiterBerater GmbH]

Über die Autorin

Astrid Travi ist geschäftsführende Gesellschafterin der stg – Die MitarbeiterBerater GmbH. Sie verfügt über 30 Jahre Beratungserfahrung als Sozialpädagogin mit Schwerpunkten auf der Begleitung beruflicher Veränderungen und der Krisenberatung. Diese Themen hat sie auch in leitender Funktion unter anderem bei Siemens verantwortet.

"Digitale Vergiftung": Wie unser Körper leidet

Wer stundenlang auf den Bildschirm von Smartphone, Tablet oder Laptop starrt, riskiert körperliche Folgen. Je stärker der Kopf nach vorne geneigt ist, desto höher die Gewichtsbelastung. Die Folge: Verspannungen im Rücken und Kopf- oder Nackenschmerzen. Auch die Gelenkkapseln und Bänder der Wirbel können schmerzen. Sie werden bei geneigtem Kopf ebenfalls stark gedehnt und dadurch überlastet.

Außerdem kann das Tippen auf dem Touchscreen zu einer Sehnenscheidenentzündung oder starken Schmerzen in den Daumen oder der Hand führen. Auf Englisch werden diese Beschwerden "WhatsApp Disease" genannt, eine Diagnose, die vermehrt jüngere Patient:innen bekommen.

Der übermäßige Konsum digitaler Medien hat jedoch nicht nur Auswirkungen auf deinen Körper, sondern auch auf deinen Geist – insbesondere auf deine Konzentrationsfähigkeit. Bist du konzentriert, lenkst du deine gesamte Aufmerksamkeit auf eine Tätigkeit. Wie lange dir das gelingt, hängt davon ab, wie es dir emotional und körperlich geht und unter welchen Rahmenbedingungen du die Tätigkeit ausführst.

Digitale Medien beeinflussen diese Rahmenbedingungen. Denn Smartphone, Tablet und Laptop sind äußerst wirksame Aufmerksamkeitsfänger. Im Durchschnitt entsperren wir unsere Handys achtzigmal täglich. Ausgehend von acht Stunden Schlaf pro Tag, werfen wir somit alle zwölf Minuten einen Blick auf unser Smartphone und lenken unsere Aufmerksamkeit bis zu fünfmal pro Stunde auf digitale Inhalte. Die Konzentration wieder zurückzuholen, braucht Zeit und Energie. Darunter leidet deine Produktivität. 

Degital Detox Grafik zur Handynutzung [Quelle: stg – Die MitarbeiterBerater]

Digital Detox: Tipps für den Alltag

Der Begriff "Detox" fällt besonders häufig im Zusammenhang mit Fasten. Der Körper soll durch den Verzicht auf bestimmte Lebensmittel von Schadstoffen gereinigt und so entgiftet werden. Das Prinzip ist auch auf Digital Detox übertragbar. Statt auf Nahrung, verzichtest du in diesem Fall auf die Nutzung digitaler Geräte und Medien. Das Ziel: Den Stress, der durch ständige Erreichbarkeit und die Informationsflut hervorgerufen wird, zu verringern.

Dafür stehen dir im Alltag – wie beim Lebensmittelfasten – verschiedene Varianten zur Verfügung: 

  • Du kannst deine Nutzung komplett einstellen (Fasten),
  • insgesamt weniger Medien konsumieren (Diät), 
  • oder deinen Medienkonsum auf Dauer anders gestalten (Ernährungsumstellung).

Variante 1: Digitales Fasten 

Zum Einstieg in einen bewussteren Umgang mit den digitalen Medien oder auch zum regelmäßigen Ausstieg aus Gewohnheiten bietet sich das digitale Fasten an. Bei diesem Ansatz versuchst du, für eine bestimmte Zeit vollständig auf Digitales zu verzichten. Da dies im Universitäts- oder Berufsalltag häufig sehr schwer ist, solltest du deine medienfreien Zeiten am besten auf einen (Kurz)-Urlaub legen und den unnötigen Konsum in dieser Zeit vollständig vermeiden.

Im Alltag kannst du stattdessen gut nach dem Prinzip des Intervallfastens vorgehen, indem du medien- und internetfreie Zeiten oder Orte festlegst. Das kann beim Essen sein, vor dem Aufstehen oder abends im Bett. Außerdem kannst du dir angewöhnen, dein Handy beim Sport oder bei der Verabredung mit Freunden öfter zu Hause zu lassen oder es regelmäßig zu diesen Zeiten auszuschalten. 

Variante 2: Digitaldiät

Das Alles-oder-Nichts-Prinzip spricht dich nicht an? Dann solltest du versuchen, deinen Medienkonsum gezielt zu reduzieren. Das lässt sich im Alltag mit konkreten Maßnahmen und etwas Selbstdisziplin erreichen. 

  1. Bezieh dein Umfeld ein: Wenn du deine digitalen Gewohnheiten ändern möchtest, sag unbedingt deinen Freund:innen und deiner Familie Bescheid. Die Sicherheit, dass sich diese keine Sorgen machen, wenn du nicht umgehend auf ihre Nachrichten oder Postings reagierst, entlastet dich und sorgt für die nötige Gelassenheit und Entspannung.
  2. Such nach analogen Alternativen: Das Handy verbindet unzählige Funktionen. Der digitale Begleiter dient längst nicht mehr nur als Telefon. Er ist Taschenlampe, Wecker, Notizbuch und Kalender in einem. Das ist zwar praktisch, verleitet jedoch auch zum Dauergebrauch. Nutz stattdessen analoge Alternativen und stell dir beispielsweise wieder einen klassischen Wecker auf deinen Nachttisch. So kannst du das Handy ganz einfach aus dem Schlafzimmer verbannen. 
  3. Schalte alles aus, was dich ablenkt: Pushnachrichten und Mitteilungen verlangen hör- und sichtbar unsere Aufmerksamkeit. Sie wecken unsere Neugier und unterbrechen deine Konzentration. Schalte die entsprechenden Mitteilungen deshalb am besten stumm oder deaktivier sie. So entscheidest du selbst, wann du digitalen Neuigkeiten deine Aufmerksamkeit schenken möchtest. Ebenfalls hilfreich: mehr Browser, weniger Apps. 
  4. Nutz den Graustufen-Modus: Ein schwarz-weißer Smartphone- oder Laptop-Bildschirm liefert dem Gehirn weniger optische Reize und macht das visuelle Angebot unattraktiver. Das Scrollen durch Videos oder Fotos macht so viel weniger Spaß. 

Variante 3: Digitale Umstellung

Wer abnimmt und sein neues Gewicht dauerhaft halten will, muss seine Ernährungsgewohnheiten langfristig umstellen. Das gilt auch für den Umgang mit digitalen Medien. "Digital Detox" kann gute (Anfangs-)Impulse setzen, langfristig braucht es jedoch eine "Digital Balance".

Um diese zu erreichen, solltest du herausfinden, wie und wann du digitale Medien im Alltag konsumierst und an welcher Stelle du darauf verzichten kannst. Beobachte hierzu eine Woche lang deine Mediennutzung und halte folgende Überlegungen fest: 

  • Elektronischer Status quo: Wie viel Zeit verbringst du vor dem Smartphone, Tablet oder Computer und was machst du an diesen Geräten? Nutz hierfür beispielsweise die Funktion "Bildschirm- oder Nutzungszeit". Wie sieht es unter der Woche aus? Wie am Wochenende? Überrascht dich, was du siehst? 
  • Emotionaler Status quo: Wie geht es dir, wenn du online bist? Halt jeden Tag während der Mediennutzung dreimal inne und find ein Wort für dein augenblickliches Befinden. Entspannt, neugierig oder ungeduldig? Wo liegt deine Aufmerksamkeit?   
  • Bilanz: Am Ende der Beobachtungsphase ziehst du ein Fazit. Auf einer Skala von null (gar nicht) bis zehn (vollständig) – inwiefern kontrolliert der digitalen Medienkonsum deinen Alltag. Lenkt dich die Nutzung von wesentlicheren Aufgaben ab? Stresst sie dich? Wann könntest du verstärkt auf digitale Medien verzichten?

Diese Fragen kannst nur du selbst beantworten. Denn deinen Umgang mit den digitalen Medien bestimmst du ganz alleine. Das ist zentral. Dafür braucht es immer wieder den bewussten Schritt zurück mit der aufrichtigen Frage: "Was mach ich da eigentlich?" und "Will ich das überhaupt?"

Behalte dabei immer im Hinterkopf: Digitale Balance passiert nicht von heute auf morgen, sie ist ein langfristiger Prozess.

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