Sabbatical: Ideen, Tipps, Erfahrungen: Ausstieg auf Zeit

Autor*innen
Veronika Hönes
Eine Hand hält einen Papierflieger. Darauf befinden sich eine Kamera, ein Kompass, und der Oberkörper eines Mannes mit Sonnenbrille, der den Daumen hoch hält.

Schnelllebigkeit, Leistungs- und Termindruck: Der Wunsch nach einer längeren Auszeit vom Beruf ist nur zu verständlich. Doch wie verschaffst du dir die verdiente Atempause, und was macht ein gelungenes Sabbatical aus? Wir haben die gefragt, die sich getraut haben, und geben Tipps zu Planung und Finanzierung.

Wer mehrere Monate oder gar ein ganzes Jahr aus seinem Beruf aussteigen möchte, sollte rechtzeitig mit der Planung beginnen. Empfehlenswert ist eine Vorlaufzeit von circa einem Jahr. Schließlich gilt es, deine Vorgesetzten von deinem Vorhaben zu überzeugen; auch Kollegen und Familienmitglieder wollen miteinbezogen werden. Außerdem solltest du dir schon vor Beginn der Auszeit überlegen, was du mit der vielen freien Zeit machst: Wenn du dich planlos treiben lässt, ist diese nämlich schnell vorbei. Nicht zuletzt musst du dir rechtzeitig Gedanken um die Finanzierung machen.

Den Chef von deiner Auszeit überzeugen

Obwohl sich die gesellschaftliche Skepsis gegenüber Sabbaticals langsam verflüchtigt, verwirklichen nur wenige ihren Traum von der beruflichen Auszeit. Ein Hindernis ist häufig die Zustimmung des Chefs.

Ist das Konzept Sabbatical für dein Unternehmen etwas Neues, braucht es deine Überzeugungskunst. Einen Anspruch auf die Auszeit vom Job sieht das Arbeitsrecht nämlich nicht vor. Um den Chef auf deine Seite zu bringen, solltest du vor allem die Vorteile des Sabbaticals fürs Unternehmen herausstellen.

Ein Argument könnte zum Beispiel sein, dass du das Sabbatical für eine Weiterbildung nutzen möchtest, von der nach der Rückkehr auch dein Arbeitgeber profitiert. Du musst aber nicht gleich einen MBA oder ein renommiertes Zertifikat erwerben. Auch neue Erfahrungen und Erkenntnisse, die du zum Beispiel bei einem Auslandsaufenthalt oder einem kreativen Projekt gewinnst, kommen dem Unternehmen zugute. Außerdem kannst du während der Berufspause deinen leeren Akku wieder aufladen und kommst mit neuer Energie zurück in den Job. Für den Arbeitgeber nicht zu verachten ist auch der finanzielle Aspekt: Gerade in Krisenzeiten kann ein Sabbatical dazu beitragen, das Unternehmen zu entlasten.

Natürlich können auch private Gründe überzeugend sein. Wenn du zum Beispiel mehr Zeit mit der Familie verbringen möchtest oder dein Haus renovierst, kannst du auf das Verständnis deines Chefs hoffen.

Wichtig ist, dass du Vorschläge für deine Vertretung machst und dir überlegst, wie deine Aufgaben während des Sabbaticals auf die Kollegen verteilt werden könnten. So signalisierst du deinem Chef, dass du auch die Interessen des Unternehmens und nicht nur deine Freizeit im Kopf hast. Vielleicht gehörst du aber auch zu den Glücklichen, deren Arbeitgeber Auszeiten fest in ihr Arbeitszeitmodell integriert haben.

McKinsey zum Beispiel bietet seinen Mitarbeitern mit dem Take-Time-Programm die Möglichkeit, sich jedes Jahr zusätzlich zum Jahresurlaub zwei Monate Zeit für ein persönliches Projekt zu nehmen. Diese Zeit können die Mitarbeiter wie ein Sabbatical nutzen. Dazu müssen sie den Chef nicht einmal von den Vorzügen ihres Projekts überzeugen: "Take Time" ist Privatsache. Eine solche Auszeit ist natürlich bei projektbezogener Arbeit deutlich leichter zu verwirklichen. Statt für die Zeit des Sabbaticals eine Vertretung zu bestimmen, kann die Auszeit einfach zwischen zwei Projekten genommen werden. Deshalb wird es in klassischen Linienorganisationen wohl noch etwas dauern, bis feste Strukturen für ein Sabbatical in den Betriebsablauf integriert werden.

Auch wenn das Sabbatical viel Organisationsaufwand bedeutet, solltest du deine Pläne nicht auf Eis legen. Lass dich von Menschen inspirieren, die den Schritt gewagt haben, und lies nach, welche Tipps sie dir für deine Auszeit mit auf den Weg geben.

So finanzierst du dein Sabbatical

Es gibt verschiedene Modelle, ein Sabbatical zu finanzieren. Das beliebteste basiert auf einem Zeitwertkonto. Der Arbeitnehmer verzichtet dabei für einen festgelegten Zeitraum vor der Auszeit auf einen Teil seines Gehalts, der auf dem Zeitwertkonto angespart und während des Sabbaticals ausgezahlt wird. Mit dieser Methode erhältst du auch in deiner Auszeit ein festes Gehalt. Achte darauf, dass der Betrag verzinst wird und im Fall einer Insolvenz des Unternehmens abgesichert ist.

Ähnlich funktioniert auch das Ansparen von ungenutzten Urlaubstagen und Überstunden, die der Mitarbeiter für sein Sabbatical am Stück in Anspruch nimmt. Für Eltern, die ihre Elternzeit nicht vollständig genutzt haben, bietet sich noch eine andere interessante Möglichkeit: Sie können den Restanspruch später als Sabbatical nehmen – allerdings höchstens bis zum achten Geburtstag ihres Kindes.

Natürlich kannst du auch einfach unbezahlten Urlaub nehmen und das Sabbatical mit deinem Ersparten finanzieren. Dann aber zahlt der Arbeitgeber, anders als bei regulärem Urlaub oder der Zeitwertkonto-Methode, keine Sozialversicherungsbeiträge mehr für dich. Nimmst du also mehr als einen Monat unbezahlten Urlaub, musst du dich selbst um deine Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungen kümmern.

Pflicht beim Sabbatical: Die Versicherung

Wenn du dich für ein eigenfinanziertes Sabbatical entschieden hast, musst du dich selbst krankenversichern. Wer sein Sabbatical im Ausland verbringen möchte, sollte zudem über eine zusätzliche Versicherung nachdenken. In der EU und einigen weiteren europäischen Ländern bleibst du gesetzlich krankenversichert, für andere Regionen brauchst du aber eine spezielle Auslandskrankenversicherung. Gerade wenn du im Ausland körperlich aktiv sein möchtest, ist der Zusatzschutz bei deiner Sabbatical-Planung unverzichtbar.

Sinnvoll ist es auch, während des Sabbaticals freiwillig weiter in die Renten- und Erwerbsunfähigkeitsversicherung einzuzahlen. Denn jeder Monat, in dem du keine Beiträge leistest, beeinflusst später, wie hoch deine Altersrente ausfällt. Damit du einen Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente hast, musst du außerdem in den fünf Jahren vor Ausscheiden mindestens drei Jahre lang die Beiträge bezahlt haben.

Damit die Auszeit nicht zur Karrierebremse wird

Damit du nach deinem Sabbatical keine bösen Überraschungen erlebst – zum Beispiel, weil deine Stelle anderweitig besetzt ist – empfiehlt es sich, die Bedingungen deiner Rückkehr in einem Sabbatical-Vertrag festzuhalten. Darin sollten unbedingt die Dauer der Auszeit und die Vergütung während der Freistellung geregelt sein. Gut ist auch, wenn im Sabbatical-Vertrag steht, dass du während der Auszeit nicht zur Arbeit verpflichtet bist, das Arbeitsverhältnis aber ansonsten bestehen bleibt. Damit stellst du sicher, dass dein Sabbatical für die Berechnung der Betriebszugehörigkeitszeit berücksichtigt wird. Außerdem sollten deine bisherigen Aufgaben schriftlich dokumentiert und deine Position und Zuständigkeit nach der Rückkehr festgelegt werden. So schaffst du gute Voraussetzungen, an deinen gewohnten Arbeitsplatz im Unternehmen zurückzukehren. Sicherheitshalber kannst du auch eine Abfindungsvereinbarung treffen, für den Fall, dass dir nach dem Sabbatical eine schlechtere Stelle zugewiesen wird.

Urlaubsanspruch klären

Auch für deinen Urlaubsanspruch gilt es, eine Einigung mit dem Arbeitgeber zu finden. Denn obwohl du eine Auszeit vom Job nimmst, erwirbst du in der Zeit deines Sabbaticals den vollen Urlaubsanspruch. Der ist nicht an eine erbrachte Leistung gebunden, sondern für ein bestehendes Arbeitsverhältnis gesetzlich vorgeschrieben. Es versteht sich von selbst, dass dein Chef nicht gerade erfreut sein wird, wenn du sofort nach deiner Rückkehr den gesamten Jahresurlaub einreichst.

Sabbatical im Lebenslauf

Vor der Lücke im Lebenslauf beim Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber brauchst du dich nicht zu fürchten. Schließlich hast du auch deinen alten Chef davon überzeugt, dass das Sabbatical einen Nutzen für den Arbeitgeber bringt. Die gleichen Argumente kannst du bei einem Jobwechsel auch im Vorstellungsgespräch vorbringen. Selbst, wenn du keine Weiterbildung gemacht hast, darfst du ruhig selbstbewusst für dein Sabbatical einstehen: Statt eines Burn-out-Kandidaten bekommt der neue Arbeitgeber nämlich einen erholten und motivierten Mitarbeiter, der sich während der Auszeit Gedanken über seine beruflichen Ziele gemacht hat.

Sabbatical – Ideen für deine Auszeit

Viele zieht es beim Sabbatical ins Ausland, um neue Erfahrungen zu sammeln, die Welt zu sehen und ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Doch abgesehen von Reisen und Weltreisen gibt es auch andere Projekte abseits der ausgetretenen Pfade, die deine Auszeit einzigartig machen. Hier einige Sabbatical-Ideen:

1. Back to the roots

Es muss nicht immer eine exotische Projektidee her. Erinnere dich, was du in deiner Kindheit gerne gemacht hast, und lass dich erneut von deiner Begeisterung mitreißen. Wenn du zum Beispiel Geigenunterricht hattest, kannst du im Sabbatical deine Fertigkeiten auffrischen. Obwohl kein David Garrett mehr aus dir wird, kannst du so verborgene Talente entdecken und wiederbeleben. Du warst schon immer ein Blumenkind? Dann kannst du dich in deiner Auszeit als Florist versuchen. Hobbys aus der Kindheit machen dir meist auch als Erwachsener noch Spaß.

2. Sprachen lernen

Wer möchte nicht gerne im nächsten Urlaub seinen Cappuccino auf Italienisch bestellen, oder beim Besuch des Partnerunternehmens in China mit seinen Sprachkenntnissen glänzen? Im Sabbatical hast du endlich Zeit, Vokabeln zu pauken und deine Aussprache zu trainieren. Egal ob du eine Sprache perfektionieren oder neu erlernen möchtest: Dein Sabbatical wird so auf jeden Fall zur interessanten Herausforderung.

3. Zeit für die Familie

Der häufigste Grund für eine Auszeit ist der Wunsch, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Studien zufolge ist in Deutschland immer noch die Familie der wichtigste Anker im Leben. Da ist es nur verständlich, dass Eltern beruflich kürzertreten, um zum Beispiel den Schulanfang ihres Kindes zu begleiten. Durch die zusätzliche gemeinsame Zeit entsteht ein noch tieferer Zusammenhalt.

4. Spirituelle Besinnung

Ob Meditieren im buddhistischen Tempel, Yoga-Kurs auf Bali oder Klosteraufenthalt im bayerischen Wald: Bei all diesen Sabbatical-Ideen geht es um spirituelle Besinnung. Auf der Suche nach dem Wesentlichen im Leben kannst du Konsumdenken, Stress und E-Mail-Flut für einige Zeit vergessen. Dabei findest du nicht nur innere Ruhe – mit etwas Abstand vom Arbeitsalltag fällt es dir auch leichter, darüber nachzudenken, wo deine berufliche Reise in Zukunft hinführen soll.

5. Programmieren lernen

Verstehst du C++? IT und Technik haben in der Wirtschaft einen immer höheren Stellenwert. Eine oder sogar mehrere Programmiersprachen zu beherrschen kann also nur von Vorteil sein. Um ein Ziel vor Augen zu haben, kannst du dir zum Beispiel vornehmen, im Sabbatical deine eigene App zu programmieren oder eine Website zu erstellen. Diese Ziele sind ein guter Ansporn, eine Programmiersprache von Grund auf zu lernen. Dein Projekt kannst du dann auch nach der Auszeit weiterverfolgen. Schon so manche bekannte Online-Plattform ist aus einem Experiment heraus entstanden.

6. Vom Hahnenschrei geweckt

Für Abenteurer kommt auch eine Auszeit auf dem Bauernhof oder einer Alm in Frage. Abseits von Supermarktketten und Kaufhäusern verbringst du dort dein Sabbatical als Selbstversorger. Mentale Ruhe und körperliche Arbeit bieten den perfekten Ausgleich zur gewohnten Bürotätigkeit, und du lernst, was du zum Leben wirklich brauchst. Getreu dem Prinzip der Simplifizierung kannst du dich nach deiner Rückkehr dann von Unwichtigem verabschieden.

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