Richtig lernen: Auf die Technik kommt es an

Autor*innen
Julia Büttner
Hand hält Essstäbchen und greift damit einen Stapel Bücher.

In der Schule reichte es manchmal noch, das Mathebuch in der Nacht vor der Klassenarbeit unters Kopfkissen zu schieben. An der Uni braucht es etwas mehr, um richtig zu lernen und gute Noten zu bekommen: diese Lerntipps und -techniken zum Beispiel. Zwar kosten sie etwas mehr Mühe als der Kopfkissentrick. Dafür haben sie einen Vorteil: Sie funktionieren.

"Richtig lernen kann ich erst, wenn ich so richtig unter Druck stehe." "Vor der Prüfung lerne ich einfach die Nacht durch – dann ist das Wissen noch ganz frisch." "Ich bin ein Nachtmensch – tagsüber lenkt mich zu viel ab." Es ist schon merkwürdig: Wenn es ums Lernen geht, fallen selbst die cleversten Studenten ins Zeitalter der Mythen und Legenden zurück. Dabei haben Lernpädagogen und -psychologen in jahrzehntelanger Forschung wunderbare Konzepte und Tipps erarbeitet, die wirklich funktionieren. Und die findest du hier.

1. Richtig lernen im Biorhytmus: Du bist kein Nachtmensch, und Kaffee macht nicht kreativ

Um richtig zu lernen, ist es hilfreich, sich ein bisschen damit auszukennen, wie gehirngerechtes Lernen funktioniert. Prüfungsgeplagte neigen dazu, zu vergessen, dass das Gedächtnis NICHT richtig funktionieren kann, wenn man a) die Nächte durchpaukt, statt zu schlafen, wenn man sich b) von Kaffee und Nikotin ernährt und wenn man c) so unter Stress steht, dass man nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Die Grundregeln lauten daher: Immer auf genügend Schlaf achten, gut zum eigenen Körper sein und genug Zeit einplanen. Das menschliche Gehirn ist nicht mehr als sechs Stunden am Tag wirklich aufnahmefähig. Für den Durchschnittsmenschen liegen diese Zeiten zwischen 9 und 12 und zwischen 15 und 18 Uhr. Je nach individuellem Rhythmus ("Chronotyp") kann sich das jedoch verschieben. Totale Nachtmenschen sind aber die absolute Ausnahme.

2. Richtig lernen am richtigen Arbeitsplatz: Programmier dein Hirn

Stubenhocker oder Bibliotheklerner? Das ist grundsätzlich eine Typfrage und muss ausprobiert werden. Der eine hat zuhause einen ruhigen Schreibtischplatz und will nicht jedes Mal 20 Bücher hin- und hertragen. Der andere kommt erst in Lernstimmung, wenn es nach alten Folianten riecht und um ihn herum die Kommilitonen die Nasen in ihre Skripte stecken. Oft jedoch ist die Ablenkung zuhause (Telefon, Kühlschrank, WG-Putzplan, Mitbewohner, ...) deutlich größer. Bei störendem Gemurmel, Gescharre, Vogelgezwitscher: Ohrenstöpsel! Übrigens: Wärme macht müde. Kühle Temperaturen (etwa 18 bis 20 Grad) und viel frische Luft bringen dein Hirn auf Touren. Das Gleiche gilt für Licht. 60 Watt sollten es schon sein.

Grundsätzlich hilft es, sich auch in der Bibliothek immer an den gleichen Platz zu setzen: Das Gehirn schaltet dann leichter in den Arbeitsmodus. Gegen fehlende Lernlust helfen neben einem festen Arbeitsplatz aber auch andere Rituale. Der Lern-Markierstift, der Lern-Pulli, die Lern-Kaffeetasse: Alles, was ausschließlich beim Lernen benutzt wird, programmiert das Gehirn durch Gewöhnung und signalisiert so "Arbeit". Und schon kostet es nicht mehr so viel Überwindung, sich in seine Bücher zu vertiefen.

3. Richtig lernen mit Konzentration: Zeitfresser abschalten

Der Lernforscher Glenn Wilson von der University of London ließ 2005 für eine Studie zwei Kandidatengruppen Konzentrationstests bearbeiten. Die eine Testgruppe bekam dabei ständig neue E-Mails auf den Bildschirm geschickt. Die andere Gruppe war bekifft, wurde aber nicht weiter gestört. Ergebnis: Die Kandidaten, die vorher Marihuana geraucht hatten, schnitten deutlich besser ab als jene, die permanent von neu eintreffenden Nachrichten abgelenkt wurden. Die Leistung der mit Mails bombardierten Kandidaten sank um mindestens 10 IQ-Punkte. Das soll kein Plädoyer fürs Kiffen sein, sondern heißen: Wer richtig lernen will, sollte sein E-Mail-Programm so lange abschalten. Und auch das Handy hat einen Aus-Knopf – so gerätst du nicht in Versuchung, dich von Anrufen, What's App, Facebook und Co. ablenken zu lassen.

4. Richtig lernen mit Motivation: Wächter des inneren Schweinhunds

Die Unlust, unser (Lern-)Verhalten zu ändern, so der Uni-Psychologe Hans-Werner Rückert, liegt schlicht in unserer Natur: "Unser Organismus ist darauf geeicht, Muster langfristig zu erhalten. Er ist nicht an Veränderung interessiert – außer, es drohen Gefahren. Oder man ist ganz stark positiv motiviert." Nun wird die Aussicht, eine Prüfung ablegen zu müssen, niemanden vor Begeisterung an den Schreibtisch eilen lassen. Trotzdem solltest du versuchen, dich von "Ich muss lernen" auf "Ich will lernen!" umzupolen. Das geht, indem man sich klar definierte Etappenziele setzt. Wenn du sie erreichst, verschaffen sie dir Erfolgserlebnisse, die dich weiter anspornen. Außerdem kannst du dich bei jedem Etappenziel selbst belohnen. Zum Beispiel: "Wenn ich heute und morgen mit meinem Lernstoff durchkomme wie geplant, gönne ich mir einen Videoabend mit meinen Freunden."

5. Richtig lernen mit Lernphasen: Von Pausen und Prioritäten

Die gesamte Lernzeit kann in vier Phasen unterteilt werden:

  1. die Vorbereitungsphase, in der du dir Bücher besorgst, dich über mögliche Prüfungsfragen informierst, deine Skripte sortierst, die Sprechstunde deines Professors aufsuchst und Ähnliches;
  2. eine Hauptphase, in der du lernst;
  3. eine Wiederholungsphase, in der du das noch einmal lernst, was du inzwischen schon wieder vergessen hast; und
  4. eine Überprüfungsphase, in der du kontrollierst, ob du alles kannst.
  • Bitte recht schriftlich: Bevor du loslegst, solltest du dir einen schriftlichen Zeitplan machen. Trage alle festen Termine – wie Vorlesungen oder Seminare – ebenso wie die geplanten Lernzeiten übersichtlich in einen Tageskalender ein. Notiere dir, welchen Teil des Gesamtstoffs du an welchem Tag durchnehmen möchtest. (Zum Beispiel: Montag, 9–12h: Seite 1–30 des Skripts zum Liebesleben der Waldameise.) Dabei hilft es, vom Tag X, also dem Tag der Prüfung oder Klausur an, rückwärts zu rechnen, um herauszufinden, wann man mit dem Lernen anfangen sollte. Am Ende jeder Woche sollte ein Tag zur kurzen Wiederholung des bis dahin erarbeiteten Stoffs eingeplant werden. Berücksichtige dabei auch Pausen, Fahrtwege und Erholungszeiten.
  • Unverhofft ... Die meisten Studenten neigen dazu, sich anfangs zu viel Stoff vorzunehmen. Plane deshalb ein paar Puffer-Tage ein und passe dein Zeitmanagement an, wenn du merkst, dass du nicht so schnell mit dem Stoff vorankommst. Jeden Abend solltest du dir einen Überblick über den kommenden Tag verschaffen. Markiere dafür die anstehenden Aufgaben je nach ihrer Priorität (zum Beispiel mit unterschiedlichen Farben). Dabei stellt sich oft heraus, das manches Vorhaben unwichtig ist und verschoben werden kann. Und: Verplane nicht den gesamten Tag, sondern höchstens zwei Drittel. Es kommt immer Unvorhergesehenes dazwischen.
  • Pausen – nichts für Faule: Pausen sind keine überflüssigen Auszeiten, sondern notwendig, um das Erarbeitete abzuspeichern. Pausen sind also Teil der Arbeitszeit. Es gibt unterschiedliche Arten von Pausen: Verständnispausen von ein bis fünf Minuten, in denen du Gelesenes abspeicherst und dir über Zusammenhänge klar wirst oder du dich auf ein neues Thema einstimmst. Zwischenpausen von 15 bis 20 Minuten sind dazu da, um dich nach ein bis anderthalb Stunden richtigen Lernens zu entspannen. Steh auf, mache einen kurzen Spaziergang an der frischen Luft, iss und trink etwas: Achte auf deine Bedürfnisse. Eine mindestens einstündige Erholungspause solltest du nach drei bis maximal vier Stunden Lernzeit einlegen. Mittagessen bietet sich in dieser Zeit an. Aber am besten leicht, gesund und nicht zu viel: Ein voller Bauch studiert nicht gern ...
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