Woher kommt Prokrastination?: Diese fünf Denkblockaden rauben dir deine Motivation

Autor*innen
Dr. Martin Krengel
Eine Person hält ein Klemmbrett und blättert darauf um. Ihr Kopf wurde durch Kreise verworrener schwarzer Linien ersetzt.

Jeder von uns hat große Träume. Der eine will ein Buch schreiben, der nächste um die Welt reisen und ein anderer erfolgreich ein eigenes Business aufbauen. Doch warum schieben Menschen ihre Pläne auf? Was führt sie ins Hadern, Zögern und Prokrastinieren? Fünf Stolperfallen, die dich auf die Bremse treten lassen.

Ein Großteil der Zeitmanagement- und Motivationsliteratur postuliert, dass Ziele klarer sein müssen, um Prokrastination einzudämmen. Der Haken: Diese Bücher werden von alten Hasen mit Lebenserfahrung geschrieben – du aber stehst am Anfang deiner Reise und weißt womöglich noch gar nicht, was du wirklich willst. Du musst nicht an deinen Zielen arbeiten, sondern schneller in die Gänge kommen. Besser als gut gemeinte Tipps sind eigene Erfahrungen und Erlebnisse. Viele überlesen sich, aus Angst etwas falsch zu machen. Doch oft sind es gerade die Irrwege und Fehler, aus denen du am deutlichsten lernst, was du wirklich willst. Weil wir alles sofort richtig und nichts nur so halb machen wollen, blockieren wir unsere Anfangsenergie. Unsere hohen Erwartungen an das Ziel oder an uns selbst lassen uns auf die Bremse treten. Doch was genau steht da im Weg?

Dr. Martin Krengel ist Zeitmanagement- und Lernexperte sowie Motivationstrainer. Er schrieb elf Bücher, darunter vier Bestseller, die in fünf Sprachen übersetzt wurden. Anfangs selbst ein Chaot, schloss er seine beiden Studiengänge dank seiner Methoden und Selbstreflexion "mit Auszeichnung" ab. Privat reist er den Großteil des Jahres als digitaler Nomade durch die Welt und schreibt von dort aus seine Bücher und seinen Lernblog "studienstrategie.de". In seinem Buch "Dein Ziel ist im Weg" beleuchtet er typische Denkfehler, die uns selbst ausbremsen und erklärt, dass du deutlich weiter kommst, wenn du kleiner denkst.

1. Zu viele Ziele

Wir haben keine zwei Gehirne, keine acht Arme und keine vier Schultern: Dennoch bürden wir uns schnell viel zu viel auf. Besonders ehrgeizige Menschen laufen Gefahr, viel Zeit, Nerven, Energie und Konzentration zu verspielen, indem sie immer wieder von einer Aufgabe zur nächsten springen. Irgendwann fühlen sie sich blockiert und kommen gar nicht mehr weiter. Also Vorsicht vor der Multitasking-Falle. Eine Frage, die du dir immer wieder stellen solltest:

Was ist jetzt wirklich wichtig?

Gutes Priorisieren ist schwer. Dennoch lohnt es sich, immer wieder zu prüfen, was eventuell noch warten kann.

2. Zu hoch gesetzte Ziele

"Du kannst alles erreichen, wenn du nur fest daran glaubst", predigen Motivationsgurus in ihren Büchern oder von der Bühne. In Kalendern und den sozialen Medien wird mit Sprüchen und Zitaten von Steve Jobs, Elon Musk oder Einstein um sich geworfen. Doch die Motivationsladung geht oft nach hinten los. Im meinen Seminaren beobachte ich, dass Zuhörer, die mit ihren Zielen hadern, meist zu groß gedacht haben. Und es leuchtet schnell ein: Je weiter entfernt und unrealistischer ein Ziel ist, desto geringer ist der Mut, überhaupt zu starten. 

Sich etwas zu erträumen oder zu wünschen ist einfach – und natürlich wollen wir stets das Beste. Deswegen legen wir die Messlatte gern weit nach oben. Doch genau dieser Ehrgeiz wird schnell zur Falle. Nach fünf Jahren ohne sportliche Aktivität einen Marathon laufen? Zehn wissenschaftliche Artikel an einem Tag lesen und verstehen? Die Wahrscheinlichkeit, dass du diese Ziele erreichst, ist vermutlich genauso gering, wie der nächste Kanzler von Deutschland zu werden.

3. Unrealistische und unmögliche Ziele

Oft denken wir nicht tiefer über unsere Ziele nach – der Realitätscheck fehlt vollkommen. Texte schreiben ist gar nicht dein Ding, aber du hast dir in den Kopf gesetzt, Bestseller-Autor zu werden? Natürlich kann es sein, dass du das tatsächlich schaffst. Vermutlich bräuchtest du aufgrund deiner fehlenden Begabung aber viele Jahre, um dieses Ziel zu erreichen. Diese Zeit könntest du auch besser nutzen und Ziele verfolgen, die keine anstrengende Qual für dich sind, sondern wirklich zu dir passen. Das herauszufinden, braucht ein wenig Zeit. Bleib wachsam und beobachte, welche Dinge dir Spaß bereiten und was du eigentlich nur machst, weil du denkst, dass "man das so machen muss". 

Unmögliche Ziele sind die Steigerung von unrealistischen Zielen: Du hast eine Abschlussnote von 3,7 und willst ohne Berufserfahrung direkt im Management von BMW mit einem Jahresgehalt von 150.000 Euro einsteigen? Zwei Hände zum Daumen drücken reichen dafür wohl nicht aus. Du bräuchtest schon eher das ganze Universum als Glücksfee – oder unglaublich gute Kontakte! Wenn du versuchst, unmögliche Ziele zu erreichen, endet der Kampf meist in Misserfolg und Frust.

4. Fremde Ziele

Oft hinterfragen wir unsere Vorhaben nicht. Wir sehen etwas und wollen es auch. Ob es überhaupt zu uns passt, reflektieren wir selten. Ein klassisches Beispiel sind Studiengänge, die nur den Eltern zuliebe durchgeprügelt werden oder jegliche Art von Angeberei, um andere zu beeindrucken. Ebenso beobachte ich viele übernommene "Das-will-ich-auch-Ziele". Ich habe Freunde und Bekannte, die sich selbständig machten, weil sie das bei anderen gesehen haben. Dass sie selbst in festgelegten Strukturen viel besser funktionieren und Sicherheit statt Freiheit und Risiko brauchen, war ihnen nicht klar. Nach vielen Jahren des Leidens unter Unsicherheit und Existenzängsten sind sie zurück in einen Konzern gegangen – und seitdem sehr zufrieden.

5. Zu starre Ziele 

Stehst du dir mit deinem Perfektionismus oftmals selbst im Weg? Häufig denken wir zu groß und wollen von Anfang an alles richtig machen. Doch oft geht es darum, erst mal einen Einstieg zu finden und loszulegen. Kleinigkeiten überarbeiten und verbessern, kannst du immer noch, sobald das Gerüst steht. 

Es gibt nicht den einen Traumjob, nicht den einen Traumpartner. Wer die Scheuklappen anlegt und sich zu sehr auf die eine Sache versteift, verpasst viele wundervolle Chancen im Leben. Gerade in dieser wilden, bunten Welt brauchst du Toleranz und mentale Flexibilität – insbesondere, wenn du einen tollen Job oder eine tolle Beziehung haben möchtest.

Was heißt das für dich?

Es ist besser, klein anzufangen und dafür schneller in die Gänge zu kommen. Wenn du merkst, dass dir eine Arbeit besonders leichtfällt, kannst du deine Ziele immer noch nach oben korrigieren.

Das Motto lautet: Kleiner denken, weiter kommen.
Dr. Martin Krengel

Wenn du es schaffst, deine Ziele und Erwartungen realistischer zu gestalten, siehst du plötzlich neue Wege und Handlungsoptionen. Natürlich kannst du Großes in deinem Leben erreichen. Aber schau, was aktuell wichtig und machbar ist. Die Amerikaner haben ein Sprichwort: "Walk before you run". Es will dir Folgendes sagen: "Taste dich erst mal langsam heran. Das ist besser, als beim überstürzten Lossprinten zu stolpern". 

Ich rate dir, deine Gedanken schweifen zu lassen: Was ist dein großes Ziel oder dein großer Traum? Welche hohen Erwartungen stecken dahinter? Ziele sind nur Mittel für einen tiefer liegenden Zweck. Was ist der eigentliche Wunsch, den das Ziel erfüllen soll? Was suchst du wirklich? Anerkennung? Sicherheit? Bindung? Freiheit? Abenteuer? Ab jetzt gilt es Schritt für Schritt herauszufinden, welche Wege es wert sind, gegangen zu werden. Dafür brauchst du eine Art "inneres Navi", einen sensiblen Kompass, der Alarm schlägt, wenn du dich in eine Sackgasse hineinmanövrierst. Ich wünsch dir ganz viel Erfolg auf deinem Weg! Und denk dran: Umwege erhöhen die Orientierung im Gelände ... 

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