Stimmtraining: Mach's stimmig – die Stimme als Karrierefaktor
- Isabel Eder
Oft entscheiden wir aufgrund der Stimme, ob wir unser Gegenüber sympathisch finden oder nicht. Umgekehrt bedeutet das: Setzen wir unsere Stimme richtig ein, hinterlassen wir einen positiven Eindruck. Wie du das anstellst, verrät Stimmtrainerin Ute Bolz-Fischer im Interview.
Jede:r kennt das Sprichwort "Der Ton macht die Musik": Warum ist es wichtig, nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Sprechweise zu achten?
Die Stimme ist ein wichtiges Transportmittel. Innerhalb der ersten zwei Sekunden entscheiden wir davon ausgehend, ob wir unser Gegenüber sympathisch finden oder nicht. Wie wir sprechen, beeinflusst also grundlegend, welchen Eindruck wir hinterlassen und ob wir selbstbewusst oder vertrauensvoll wirken.
Ute Bolz-Fischer
Ute Bolz-Fischer, M.A., weiß als Stimmbildnerin, Sängerin und Musikwissenschaftlerin, wie man zielgerichtet mit der eigenen Stimme arbeitet. Mit Law & Voice hat sie ein bewährtes Stimmtraining konzipiert, das speziell auf die hohen Anforderungen von Jurist:innen und kommunikativen Berufsträger:innen abgestimmt ist.
Welchen Einfluss hat die Stimme auf die Karriere?
Gerade jetzt, wo wir durch Corona vermehrt über das Telefon oder in Online-Meetings kommunizieren, rückt die Stimme in den Vordergrund. Sie ist unsere akustische Visitenkarte. Gefällt uns die Sprechstimme, sind wir automatisch auch dem Sprechinhalt gegenüber wohlwollender eingestellt. Eine angenehme, klare Stimme bestimmt daher oftmals, wie überzeugend und erfolgreich wir in manchen Gesprächssituationen sind.
Leider bekommen wir dazu oft kein Feedback. Wenn wir nach einem Bewerbungsgespräch oder einem Pitch eine Absage erhalten, denken wir gar nicht daran, dass das auch an unserer Stimme liegen könnte. Sprechen wir aber leise, brüchig oder heiser, wirkt sich das negativ auf die Gesamtbewertung unserer Person aus. Man traut uns weniger zu und hält uns für weniger kompetent. Gerade in mündlichen Prüfungen, Vorstellungsgesprächen oder Vorträgen ist das problematisch.
Aber auch wenn unser Beruf viel Kommunikation erfordert, ist es wichtig, dass wir unsere Stimme richtig einsetzen. Sprechen wir zu sehr aus dem Hals, werden wir Halsschmerzen bekommen oder unsere Stimme ganz verlieren. Wenn wir versuchen, künstlich laut zu sprechen, wird unsere Stimme ebenfalls langfristig ruiniert. Es können sich beispielsweise Knötchen auf den Stimmbändern bilden, die operativ entfernt werden müssen. Mit dem richtigen Stimmtraining können wir lernen, den Körper als Resonanzraum einzusetzen und ihn als natürlichen Verstärker zu nutzen.
Übung: Kopfresonanz
Nimm eine aufrechte Körperhaltung ein. Beide Füße berühren den Boden. Leg deine Lippen locker aufeinander und summe "mmh, mmh". Stell dir dazu ein beeindruckendes Bergmassiv vor und fahr den Bergkamm mit deinen Stimmlauten in Gedanken von der Spitze bergabwärts nach.
Führst du diese Übung regelmäßig aus, lernst du, den Resonanzraum im Stirn-, Nasen- und Wangenknochenbereich zu aktivieren und deine Stimme von oben heraus zu führen. Merkst du, wie dein Hals dabei offen und entspannt bleibt? Das überträgt sich auf dich: Wenn deine Stimme ihren Sitz im Kopfbereich hat und frei schwingt, wirkst du selbstbewusst und relaxed
Auf welche Aspekte sollte ich beim Sprechen besonders achten, um meine Stimme optimal zu nutzen?
- Atme tief:
Oftmals verlernen wir im Laufe der Jahre, richtig in den Bauch zu atmen. Meist atmen wir zu flach und erreichen mit dem Luftstrom nur den Brustraum. Die Folgen: Wir ziehen unsere Schultern hoch und unser Stimmapparat verkrampft sich. Holen wir hingegen bewusst tief Luft, lockert sich unser Schulter- und Brustbereich. Unser Hals öffnet sich, der Kehlkopf findet die richtige Position und unsere Stimmbänder können frei schwingen.
Übung: Tiefe Atmung
Leg eine Hand auf deinen Bauch, die andere mit dem Handrücken auf deinen Rücken. Atme nun vollständig aus – aus, aus, aus – bis sich ein Lufthunger einstellt und du durch die Nase automatisch wieder einatmest. Lass den Luftstrom bewusst zu deinen Händen auf Bauch und Rücken fließen und spür, wie sich deine Bauchdecke hebt und sich dein Rückenbereich öffnet.
Diese Übung beruhigt und verhilft dir zu einer souveränen Ausstrahlung.
- Nimm eine aufrechte Körperhaltung ein:
Deine Füße stehen parallel nebeneinander auf dem Boden. Achte darauf, dass du beim Stehen deine Beine nicht durchdrückst, beziehungsweise beim Sitzen deine Beine nicht überkreuzt. Dein Kopf strebt Richtung Decke, deine Schulterblätter fallen nach hinten und nach unten und dein Rücken ist gerade. Halte deinen Kopf bewusst in Verlängerung der Wirbelsäule, ohne ihn zu drehen oder zu senken (unter Umständen musst du dafür auch die Stellung deines PC-Bildschirms verändern). So bleibt dein Hals offen und deine Stimmbänder können frei schwingen.
Übung: Schwere Koffer
Steh aufrecht und lass deine Schultern kreisen. Dann stell dir vor, du trägst in beiden Händen je einen schweren Koffer. Spür, wie das Gewicht der Koffer, deine Arme Richtung Boden zieht. Führ dabei deine beiden Schulterblätter hinten am Rücken zusammen. Atme dann durch die Nase tief ein und lass den Luftstrom in Richtung der Koffer zum Boden fließen, bevor du wieder vollständig ausatmest. Spür mit jedem tiefen Atemzug, wie die Schwere der Koffer dich erdet.
- Öffne deinen Kiefer:
Damit deine Worte klar aus deinem Mund kommen können, musst du deinen Kiefer öffnen. Oft ist aber gerade die Kiefermuskulatur verkürzt. Diese lässt sich trainieren, indem du gähnst! Dabei wird nicht nur dein Kiefergelenk geweitet, sondern auch dein Hals geöffnet, was sich auf deinen ganzen Körper auswirkt: Du wirkst insgesamt offener und präsenter.
- Achte auf deine Stimmführung:
Egal, ob zu langsam oder zu schnell: die Sprechgeschwindigkeit beeinflusst nicht nur, ob der Sprechinhalt ankommt, sondern auch, ob du als Sprecher:in positiv aufgenommen wirst. Finde daher ein Sprechtempo, das sowohl für dich, als auch für deine Zuhörer:innen angenehm ist. Auch auf deine Sprachmelodie solltest du achten. Endet ein Satz mit einem Punkt, gehst du mit deiner Stimme bewusst runter. Trägst du dagegen eine Frage vor, lässt du deine Stimme am Satzende höher werden. Statt monoton zu sprechen, verleihst du deinem Vortrag dadurch Schwung und Lebendigkeit.
Was sollte ich beim Sprechen unbedingt vermeiden?
- Selbst wenn du das Bedürfnis verspürst: Vermeide es unbedingt, dich zu räuspern. Denn dabei knallen deine Stimmbänder aneinander, ohne dass sich der Schleim löst, der auf ihnen liegt. Besser ist es, wenn du tief in den Brustraum hinein hustest. Dabei wird der Schleim von den Stimmbändern geschleudert, ohne dass diese dabei übermäßig strapaziert werden. Auch ein Schluck stilles Wasser kann helfen.
- Achte darauf, nicht zu oft einzuatmen. Dadurch bleibt dein Atmen gezwungenermaßen flach. Führ den Luftstrom dagegen bewusst bis tief in die Bauch- und Rückengegend und atme anschließend lang und vollständig aus. Damit verhinderst du, dass du unterschwellig hyperventilierst und stressanfällig wirst.
- Für eine strapazierfähige Stimme ist es außerdem wichtig, dass du nicht durch den Mund, sondern durch die Nase einatmest. Die Luft wird so vorgewärmt und gefiltert, was deine Stimme davor schützt auszutrocknen.
Ist ein Stimmtraining für mich sinnvoll?
Egal, ob nasal, leise oder dumpf: Jede Stimme kann durch gezieltes Stimmtraining nachhaltig verbessert werden. Spezielle Stimmübungen machen dir bewusst, wann du beim Sprechen auf den Kehlkopf drückst oder deine Stimme aus dem Hals presst. Mithilfe von verschiedenen Methoden kannst du dem entgegenwirken und deine Stimme insgesamt klangvoller und strapazierfähiger machen. Das führt dazu, dass du deine Stimme souveräner einsetzen und in Gesprächen oder Vorträgen angstbefreit und selbstbewusst auftreten kannst.
Außerdem lernst du, dein Zwerchfell – deinen Hauptatemmuskel – zu aktivieren, und damit deinen gesamten Stimmapparat zu stützen. Dadurch wird nicht nur deine Stimme entlastet, auch du selbst wirst ausgeglichener und stressresistenter. Die Produktion des Stresshormons Cortisol nimmt ab und deine Herzfrequenz wird ruhiger. Mit Stimmtraining förderst du also nicht nur deine Karriere, sondern auch deine Gesundheit und dein Wohlergehen.