Erfolgreich Verhandeln: Kooperieren statt feilschen
Verhandlungen bestimmen den Job-Alltag: Ob mit der Kollegin aus der anderen Abteilung über den Urlaub, mit dem Chef über das Gehalt oder mit Kooperationspartnern über einen Vertrag. Aber wie verhandle ich richtig?
Zunächst verstehen die meisten unter "richtig verhandeln", dass man sein Verhandlungsziel vollständig erreicht. Doch wie häufig ist das tatsächlich der Fall? Und was tun, wenn der Verhandlungspartner ganz andere Vorstellungen und Ziele hat als du?
Wenn es ans Eingemachte geht
Verhandlungen werden eigentlich erst interessant, wenn es schwierig wird. Denn in diesen Situationen entwickeln wir plötzlich ein ungeahntes Potenzial und bedienen uns Techniken, die so alt sind wie die Menschheit selbst: Beliebt ist zum Beispiel die Methode, die gegnerische Partei unter Druck zu setzen und an ihre Moral zu appellieren: "Was? Sie wollen mehr Gehalt? Geld ist Ihnen wohl wichtiger als eine interessante Arbeit!" Auch rhetorische Tricks, Täuschungsmanöver oder Manipulation sind beliebte Instrumente. Häufig gehen beide Parteien dann allerdings mit einem unbefriedigenden Ergebnis nach Hause oder brechen die Verhandlungen ab. Um doch noch ein positives Ergebnis zu erreichen, werden nach solchen Gesprächen oft Schlichter oder Mediatoren eingeschaltet.
Die richtige Strategie zur richtigen Zeit
In Verhandlungen werden viele Strategien angewandt – faire wie unfaire, rational ausgeklügelte und eher intuitive. Das Harvard-Konzept stellt zum Beispiel eine gute Vorbereitung in den Mittelpunkt, bei der du dir deine Ziele, Interessen und Argumente genauestens überlegst. Ebenso viele Gedanken machst du dir über die Ziele deines Verhandlungspartners. In der Verhandlung selbst ist dann aber Flexibilität und nicht ein starres Herunterbeten von Argumentationsketten angesagt. Du willst den anderen überzeugen, nicht überreden. Ziel ist immer eine gemeinsame Lösung, also ein Kompromiss, der beide Seiten zufrieden stellt.
Zwei Parteien, zwei Sieger
Der Gedanke, dass beide Parteien als "Sieger" aus der Verhandlung gehen, ist nicht neu, aber einleuchtend und sinnvoll. Er liegt dem sogenannten Harvard-Konzept zugrunde, das Roger Fisher, William Ury und Bruce Patton Anfang der 80er Jahre an der Harvard University entwickelt haben. Aus ihrem Harvard Negotiation Project entstanden vier Grundsätze, die für jede Verhandlung hilfreich sind.
Das Harvard-Konzept
- Mensch und Sache trennen Das heißt nicht, den Verhandlungspartner als Menschen zu übergehen. Vielmehr gilt es, beides im Auge zu haben – die Sachebene und die menschliche Ebene, also Emotionen und Kommunikationsformen. Als Kernsatz des Verhandelns gilt deshalb: Hart in der Sache, aber weich im Persönlichen.
- Interessen in den Mittelpunkt stellen, nicht Positionen Um Prinzipien und Positionen feilschen bringt nichts. In Verhandlungen müssen immer gemeinsame und unterschiedliche Interessen in Einklang gebracht werden. Oft ist es hilfreich, sich die Interessen des Verhandlungspartners bewusst zu machen.
- Wahlmöglichkeiten entwickeln Viele Menschen gehen mit einer einzigen, vorgefertigten Lösung in die Verhandlung. Willst du aber die Interessen deines Gegenübers beachten, dann brauchst du Wahlmöglichkeiten. Nur damit können beide Partner flexibel eine gemeinsame Lösung erarbeiten.
- Objektive Kriterien heranziehen Um eine Verhandlungsposition zu bewerten oder zu untermauern, solltest du neutrale Statistiken oder Studien heran ziehen. Mit Hilfe solch objektiver Kriterien kann ein Streitfall viel besser zur gemeinsamen Sache umfunktioniert werden.
Weich + hart = sachbezogen
Wer immer "weich" verhandelt, ist ständig in Gefahr, über den Tisch gezogen zu werden. Wer aber stets "hart" verhandelt, sieht seinen Verhandlungspartner als Gegner und riskiert eine Störung der Beziehung oder den Abbruch der Verhandlung. Fisher, Ury und Patton stellen daher sachbezogenes Verhandeln in den Mittelpunkt. Ziel ist es, die eigene Position zu verbessern und dabei die Beziehung zum Verhandlungspartner zu erhalten.
Die 4-Varianten-Methode
Auch diese Verhandlungs-Methode gelingt nur mit einer guten Vorbereitung. Allerdings stellt sie nicht die Ziele beider Partner, sondern deine eigenen in den Mittelpunkt: Du überlegst dir im Vorfeld mehrere Lösungsoptionen und setzt diese dann in der Verhandlung situationsbezogen ein. Die Interessen deines Partners behältst du zwar im Auge – deine Position und deine Ziele gehen aber immer vor.
Vor der Verhandlung überlegst du dir:
- deine Ideallösung
- eine für dich akzeptable Lösung
- eine unbefriedigende Lösung
- eine Notlösung
In der Verhandlung fängst du mit der Notlösung an, stellst sie als durchaus machbar dar, erwähnst aber auch deine Bedenken. Der Verhandlungspartner soll von selbst die Nachteile dieser Lösung sehen und sie ablehnen. Indem du nun die "unbefriedigende" Lösung einbringst, zeigst du Kompromissbreitschaft. Auch hier ist aber einkalkuliert, dass dein Partner ablehnen wird. Jetzt folgt deine Ideallösung: Vielleicht kannst du sie ja durchsetzen. Falls nicht, einigt ihr euch schließlich auf deine "akzeptable Lösung".
Die einzig richtige Strategie ...
... gibt es nicht. Vor jeder Verhandlung solltest du dir ausgiebig über deine Interessen und diejenigen deines Gegenübers Gedanken machen – und alles schriftlich festhalten. Mit mehreren Lösungen für beide Seiten im Gepäck lässt es sich dann leichter verhandeln.