Literaturrecherche: Sekundärliteratur finden und zitieren
- Kris Folz
In deinem Zimmer stapeln sich Fachbücher und Aufsatzkopien, mit deiner To-do-Liste könntest du den Weg bis zur Uni pflastern – nur geschrieben hast du noch keine Zeile. Dieses Problem kennen viele Studenten. Sie verzetteln sich leicht bei der Literaturrecherche und der Auswahl von Sekundärliteratur. Mit diesen Tipps zum wissenschaftlichen Arbeiten wird deine Seminararbeit ein Erfolg.
Die Literaturrecherche, oder: Wo finde ich Sekundärliteratur?
Die wichtigste Anlaufstelle für deine Literatursuche sind nicht populäre Suchmaschinen wie Google, sondern der digitale Bibliothekskatalog deiner Uni, genannt OPAC (Online Public Access Catalogue). Die meisten Kataloge von Universitätsbibliotheken oder auch von Staatsbibliotheken führen allerdings nur Bücher auf, keine Artikel aus Zeitschriften. Um nach Artikeln zu suchen, kannst du in speziellen Fachdatenbanken oder bei Zeitschriftenportalen suchen – zum Beispiel Ingenta Connect oder JSTOR. Erstere ist öffentlich zugänglich, bei Letzterer musst du dich (wie bei vielen anderen Datenbanken auch) mit dem Nutzer-Account deiner Bibliothek einloggen.
Sobald du ein relevantes Buch oder einen interessanten Zeitschriftenartikel gefunden hast, solltest du dir das Literaturverzeichnis anschauen. Dabei wirst du sicher auf einige weitere Publikationen und Autoren stoßen, die für deine wissenschaftliche Arbeit hilfreich sind. Dieses Vorgehen nennt man "Schneeballsystem". Du kannst auch in Fachlexika wichtige Stichwörter deiner Thesis nachschlagen. Die Lexikoneinträge enthalten oft nützliche Literaturangaben. Hilfreich sind auch Literaturtipps von Dozenten und Kommilitonen.
Was mache ich, wenn bei der Online-Recherche zu viele Treffer angezeigt werden?
Wenn du bei der Literaturrecherche sehr viele Treffer findest, kannst du die Suche nach Erscheinungsdatum filtern. Für die meisten Studiengänge gilt: Bücher oder Zeitschriften, die vor mehr als 20 Jahren erschienen sind, kannst du getrost ignorieren – es sei denn, sie beziehungsweise ihr Autor sind selbst wieder Gegenstand deiner Überlegungen.
Du kannst die Suche auch eingrenzen, indem du nach bestimmten Schlagwortkombinationen suchst. Dazu setzt du zwischen die Schlagwörter ein UND. Dieser sogenannte logische Operator sendet dem Online-Katalog das Signal, dass beide Ausdrücke in den Treffern vorkommen müssen.
Wenn du bei deiner Literatursuche ein bestimmtes Thema ausschließen willst, kannst du das mit dem Operator UND NICHT tun. Ein Beispiel: Deine Thesis dreht sich um das Zeus-Heiligtum in Olympia, Griechenland. Wenn du nun nach "Olympia" suchst, erzielst du wahrscheinlich eine Menge Treffer über die Olympischen Spiele. Suchst du nun nach "Zeus UND Olympia UND NICHT Olympische Spiele", werden die unpassenden Sporttreffer aussortiert.
Was mache ich, wenn bei der Online-Recherche nur wenige Treffer angezeigt werden?
Suche bei deiner Literaturrecherche nach möglichst vielen Schlagwörtern, die zu deinem Thema passen. Optimal ist eine Mischung aus Synonymen und Ausdrücken, die sich auf unterschiedliche Teilaspekte deines Themas beziehen. Notiere dir, nach welchen Wörtern du schon gesucht hast, und welche noch fehlen. So verzettelst du dich nicht so leicht.
Um verschiedene Formen eines Schlagworts zu suchen, kannst du Platzhalter verwenden. Wenn du zum Beispiel nach Sekundärliteratur über die korrekte Gestaltung einer wissenschaftlichen Arbeit suchst, kannst du das folgendermaßen eingeben: "Gestalt* wissenschaft* Arbeit*". Der Stern sorgt dafür, dass bei deiner Recherche nach allen Varianten der entsprechenden Wortstämme gesucht wird. Du findest Treffer über "die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten", aber auch darüber, "wie Sie eine wissenschaftliche Arbeit gestalten". Das erspart dir einige Suchläufe.
Möglicherweise hat die Bibliothek einer anderen Hochschule viel mehr Literatur zu deinem Thema als deine. Dann kannst du Literatur auch per Fernleihe bestellen. Doch woher sollst du wissen, welche Bücherschätze in anderen Bibliotheken schlummern?
Da hilft ein Verbundkatalog wie der Karlsruher virtuelle Katalog (KVK) weiter. Dort durchstöberst du in einem einzigen Suchlauf eine Vielzahl deutscher, österreichischer und schweizerischer Bibliothekskataloge. In der detaillierten Beschreibung der Treffer findest du Angaben darüber, wo das Buch vorhanden ist, ob es einen Kopierservice gibt oder ob du das Buch per Fernleihe bestellen kannst.
Wie viele Quellen brauche ich für meine wissenschaftliche Arbeit?
Das hängt natürlich ganz wesentlich von der Art der Arbeit und vom Thema ab, oder von den Anforderungen deines Betreuers. Eine praxisorientierte Seminararbeit kann beispielsweise schon mit fünf bis zehn Publikationen auskommen. Bei Bachelor-Arbeiten kann man ganz grob mit 20 bis 30 Aufsätzen und Büchern rechnen, eine Master-Arbeit sollte etwa 30 bis 50 Sekundärquellen einbeziehen. Bei einer Dissertation gibt es keine klare Obergrenze.
Allgemein gilt: Wer über einen praktischen Versuch oder ein Thema schreibt, zu dem es sehr wenige Studien gibt, kann auch mit deutlich weniger Quellen arbeiten. Außerdem kann ein gutes Buch oft mehr wert sein als vier mittelmäßige. Im Zweifel erkundigst du dich einfach bei deinem Dozenten, wie viele Quellen er in etwa erwartet.
Wie werte ich Sekundärliteratur systematisch und zeitsparend aus?
In dieser Phase des wissenschaftlichen Arbeitens verlieren einige Studenten den Überblick: In den meisten Fällen kann man unmöglich alle Publikationen zu einem Thema lesen, die einem der Katalog oder die Datenbanken ausspucken. Um die richtige Sekundärliteratur für deine Thesis zu finden, solltest du daher planvoll vorgehen.
Im Zuge deiner strukturierten Literaturrecherche überfliegst du zunächst die Bücher und Aufsätze grob: Wie vielversprechend ist das Inhaltsverzeichnis? Lässt der Klappentext Rückschlüsse darüber zu, ob der Inhalt zu deinem Thema passt? Welche Zwischenüberschriften scheinen dir nützlich? Behandelt die Publikation dein Thema als Ganzes oder nur einen kleinen Teilaspekt?
Beginne dann mit den Büchern oder Aufsätzen, die für dein Thema als Ganzes interessant sind. Lies vor allem die Passagen gründlich, die gut zu deinem Thema passen. Den Rest kannst du entweder überfliegen oder ganz weglassen. Arbeite dich dann von den besonders wichtigen Texten zu den weniger wichtigen Publikationen voran. Wenn keine Zeit mehr für die letzten vier Aufsätze oder das letzte Buch bleibt, ist das nicht so schlimm.
Gut gegliedert ist halb gewonnen: Wie schreibt man wissenschaftliche Arbeiten?
Grundsätzlich enthält eine wissenschaftliche Arbeit immer Einleitung, Hauptteil und Schluss. In der Einleitung (oder Einführung) benennst du dein Thema und erklärst seine Relevanz. Du formulierst auch deine konkrete Forschungsfrage. Diese ist nicht identisch mit dem Thema.
Außerdem beschreibst du in der Einleitung den Aufbau deiner wissenschaftlichen Arbeit. Du kannst auch bereits kurz auf den Forschungsstand zu deinem Thema eingehen, um die Notwendigkeit deiner Arbeit zu belegen. Platz für einen ausführlichen Rückblick auf den Stand der Sekundärliteratur ist in der Einleitung allerdings nicht. Ob du schon in diesem Kapitel die wichtigsten Fachbegriffe erklärst, solltest du dir ebenfalls gut überlegen. Viele Dozenten verlangen ein eigenes Kapitel mit Definitionen.
Im Hauptteil folgt die eigentliche Untersuchung – und damit das Herzstück deiner wissenschaftlichen Arbeit. Wie die genau aussieht, hängt natürlich von deinem Thema ab. Achte aber immer darauf, dass in diesem Kapitel (wie in der gesamten Thesis) ein roter Faden erkennbar ist. Wenn deine wissenschaftliche Arbeit logisch aufgebaut ist, hast du bereits eine wichtige Hürde auf dem Weg zur Traumnote genommen.
Die Qualität deiner Gliederung testest du, indem du sie Freunden oder Kommilitonen vorstellst. Als Außenstehende können sie dir ehrlich sagen, ob die Zusammenhänge nachvollziehbar sind, und wo noch Verbesserungsbedarf besteht.
Im Schluss (oder Fazit) ziehst du Bilanz: Konntest du deine Forschungsfrage beantworten? Wenn ja, wie lautet die Antwort? Beschreibe außerdem noch einmal kurz, wie du bei der Untersuchung vorgegangen bist. Gib abschließend einen kurzen Ausblick darüber, wo noch Forschungslücken bestehen.
Wie zitiere ich richtig? Was muss zitiert werden, was nicht?
Das Thema Zitieren sorgt bei vielen Studenten für Unsicherheit. Das Problem: Die Form des Zitierens ist von Hochschule zu Hochschule und von Institut zu Institut (und manchmal auch von Dozent zu Dozent) unterschiedlich. Es gibt also nicht die eine Regel, an die man sich halten kann.
Du solltest dich daher vor dem Schreiben erkundigen, ob es an deinem Institut einen Leitfaden zum wissenschaftlichen Arbeiten im Allgemeinen und zum Umgang mit Sekundärliteratur im Besonderen gibt. Oft findet sich auf der Homepage der Hochschule oder des jeweiligen Seminars eine Anleitung. Alternativ kannst du auch deinen Gutachter fragen, welche Zitierweise er bevorzugt. Wenn es institutseigene Richtlinien gibt, solltest du dich daran halten.
Was zitiert werden muss, ist eindeutiger geregelt: Du musst alles belegen, was nicht von dir stammt. Wenn du eine These oder eine Aussage aus einem Aufsatz übernimmst, musst du das kenntlich machen. Für Allgemeinwissen musst du dagegen keine Quelle angeben. Wenn du beispielsweise schreibst, "Wasser hat die chemische Formel H2O" oder "der Erste Weltkrieg dauerte von 1914 bis 1918", musst du das nicht belegen. Für die vielen Fälle, die irgendwo dazwischenliegen, gilt: lieber zu viel als zu wenig zitieren.
Wie funktioniert wissenschaftliches Arbeiten?
Viele Studenten sind unsicher, was wissenschaftliches Arbeiten konkret bedeutet. Eine wissenschaftliche Arbeit kann eine Haus- oder Abschlussarbeit sein, aber auch ein Referat. Wichtige Aspekte des wissenschaftlichen Arbeitens sind:
- die Literaturrecherche, sprich die Suche nach wichtiger und seriöser Sekundärliteratur, die dir das Thema näherbringt
- die kritische Auswertung dieser Literatur
- eine möglichst objektive Untersuchung deines Themas
- eine logische Gliederung
- das Belegen von fremdem Gedankengut mithilfe von Zitaten
- das Ausformulieren deiner eigenen Gedankengänge
Auch die Suche nach einer Problemstellung kann dazugehören: Wenn dir dein Dozent keine Vorgabe macht, musst du selbst ein geeignetes Thema recherchieren, das noch nicht "abgegrast" ist und das dem Umfang der wissenschaftlichen Arbeit angemessen ist.
Was zeichnet wissenschaftliches Schreiben aus?
In jedem Fall solltest du auf eine klare Ausdrucksweise achten. Viele Studenten (und leider auch manche Wissenschaftler) halten Schachtelsätze und möglichst unverständliche Formulierungen für ein Qualitätsmerkmal wissenschaftlicher Arbeiten. Aber Vorsicht: Mit komplexen Zehnzeilensätzen schindest du keinen Eindruck. Im Zweifelsfall ärgert sich dein Dozent nur beim Lesen. Orientiere dich beim Schreiben an Publikationen, die du selbst gerne gelesen hast. Dein Gutachter wird es dir danken.
Verwende passende Fachbegriffe, definiere wichtige Schlagwörter und vermeide umgangssprachliche Formulierungen und Verallgemeinerungen à la "wie ja allgemein bekannt ist". Dann kann beim wissenschaftlichen Schreiben nicht mehr viel schiefgehen.
Kristina Folz ist Co-Autorin des Leitfadens "Studi-SOS Bachelor- und Masterarbeit", das im November 2016 erschienen ist. Das Buch enthält praktische Tipps für alle Phasen des wissenschaftlichen Arbeitens: von der Themenfindung über Zeitmanagement, Gliederung, Umgang mit Literatur und das eigentliche Schreiben bis zur Abgabe. Viele Checklisten, Abbildungen und Praxisbeispiele lockern die Lektüre auf. Die kostenlose, gekürzte E-Book-Version "Studi-SOS Bachelorarbeit" findest du unter www.studi-sos.de.