Erfahrungsbericht – LL.M. an der University of Edinburgh (2014): Der LL.M. als sinnvolle Auszeit von der Großkanzlei

Autor*innen
Dr. Oliver Hübner
Eine Hand hält einen Papierflieger. Darauf befinden sich eine Kamera, ein Kompass, und der Oberkörper eines Mannes mit Sonnenbrille, der den Daumen hoch hält.

Oliver hatte bereits mehrere Jahre als Anwalt gearbeitet, bevor er sich eine Auszeit für einen LL.M. gönnte. Wie das seine Wahl beeinflusst hat und worauf man achten sollte, wenn man nach einigen Jahren im Beruf noch einmal an die Uni zurückkehrt.

Nachdem ich bereits einige Jahre als Rechtsanwalt in einer internationalen Großkanzlei im Bereich Immobilienwirtschaftsrecht gearbeitet hatte, entschied ich mich dafür, von September 2009 bis Juli 2010 eine Auszeit zu nehmen. Ich wollte meine akademische Ausbildung durch einen Master im englischsprachigen Ausland komplettieren. Das einjährige Full-Time-LL.M.-Programm Commercial Law an der University of Edinburgh stellte sich hierfür als die richtige Entscheidung heraus.

Unser Karriereratgeber Der LL.M. 2021 [Quelle: e-fellows.net]

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Wahl des Zeitpunkts für das LL.M.-Studium

Deutsche Studierende können ein LL.M.-Studium bekanntlich zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten absolvieren. Ich hatte mich für den wohl spätesten Zeitpunkt, nach mehreren Jahren Berufserfahrung, entschieden. Obwohl ich immer wieder, insbesondere wegen der Altersstruktur, vor der späten Teilnahme an einem LL.M.-Programm gewarnt worden bin, hat sich dies nicht als Nachteil herausgestellt. Zum einen war die Altersstruktur der LL.M.- Studierenden in dem von mir gewählten Programm breit gefächert: So gab es zwanzigjährige Studierende, die das Master-Programm unmittelbar im Anschuss an ihr Undergraduate-Studium absolvierten, aber auch eine Vielzahl von Kommiliton:innen, die bereits einschlägige Berufserfahrung vorzuweisen hatten. Zum anderen konnte ich von meiner bisherigen juristischen Ausbildung und Berufspraxis profitieren. So habe ich zum Beispiel während meines LL.M.-Studiums gezielt Kurse besucht, die sich mit meinem Tätigkeitsschwerpunkt, dem Immobilienwirtschaftsrecht, befassten und das Thema meiner Master-Arbeit entsprechend gewählt. Dennoch machte sich das vergleichsweise niedrige Durchschnittsalter der Student:innen im universitären Leben und den von der Universität angebotenen Veranstaltungen, wie zum Beispiel Sprachkursen und Sportteams, bemerkbar. Auch darf es einen nicht stören, dass einige der Dozent:innen sich im selben Altersbereich wie man selbst bewegen.

Wahl des Studienlands und des LL.M.-Programms

Hat man erst einmal die grundsätzliche Entscheidung getroffen, einen LL.M. zu machen, stellt sich die Frage nach dem Studienland, der Universität und dem konkreten Programm. Da ich mich für ein LL.M.-Studium in Großbritannien interessierte, habe ich rund ein Jahr vor dem angestrebten Studienbeginn angefangen, die von den Universitäten in Großbritannien angebotenen LL.M.-Programme miteinander zu vergleichen. Dabei habe ich mich auf die LL.M.-Programme der Universitäten beschränkt, die bei den einschlägigen Law-School-Rankings in den letzten Jahren durchgängig auf den ersten 30 Plätzen vertreten waren. Da sich der Inhalt des LL.M.-Programms auch auf meinen beruflichen Schwerpunkt, das Immobilienwirtschaftsrecht, beziehen sollte, kamen davon nur noch eine Handvoll Law Schools infrage.

Meine Empfehlung ist hier, sich nicht nur die Bezeichnung und Kurzbeschreibung der einzelnen LL.M.-Programme anzusehen, sondern vielmehr das angebotene Kursprogramm auf der Homepage der Universitäten zu studieren. So hatte in meinem Fall der LL.M. Commercial Law auf den ersten Blick wenig mit Immobilienwirtschaftsrecht zu tun; jedoch enthielt das LL.M.-Programm eine Vielzahl von Kursen, die Einzelaspekte des Immobilienwirtschaftsrechts abdeckten.

Nachdem ich aufgrund der zuvor beschriebenen Kriterien eine Handvoll geeigneter LL.M.- Programmen finden konnte, bewarb ich mich bei diesen parallel. Hier sollte man beachten, dass fast alle Universitäten in Großbritannien das Ergebnis des TOEFL-Tests mit den Bewerbungsunterlagen vorgelegt haben möchten. Meine endgültige Entscheidung für die University of Edinburgh fiel erst nach Rücklauf aller Bewerbungen aufgrund der Attraktivität der Stadt.

Demjenigen, der seinen LL.M. bereits vor dem juristischen Vorbereitungsdienst machen möchte und bis dahin noch keine eindeutige Spezialisierung hat, empfehle ich, sich vorab Gedanken zu machen, in welchem Bereich er später tätig sein möchte. So können die im LL.M.-Studium liegenden Chancen optimal genutzt werden.

Ertrag des LL.M.-Programms

Vorausschicken möchte ich, dass ich die im Rahmen des LL.M.-Programms vermittelten materiellen Aspekte des englischen bzw. schottischen Rechts in meiner anwaltlichen Praxis als deutscher Rechtsanwalt noch nie unmittelbar anwenden konnte. Das Erlernte hat mir jedoch schon oft geholfen, um den Hintergrund und die Denkweise meiner Mandant:innen mit angloamerikanischem Hintergrund zu verstehen. Zudem fällt es mir leichter, die Struktur und Logik englischsprachiger Vertragsdokumente einzuordnen und die juristische Fachsprache im Englischen konkreter und passgenauer zu benutzen. Darüber hinaus ist die Außenwirkung eines ausländischen LL.M.-Abschlusses, insbesondere von einer renommierten Universität, im Umgang mit ausländischen Mandant:innen nicht zu unterschätzen. Der wichtigste Ertrag des LL.M.-Studiums war jedoch, dass ich Gelegenheit hatte, meinen Horizont zu erweitern und in netter Atmosphäre viele interessante Leute aus der ganzen Welt kennenzulernen. Hieraus haben sich Mandatsbeziehungen und Freundschaften entwickelt.

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