Erfahrungsbericht – LL.M. an der University of Oxford (2017): Wo man nicht die Gesetze, sondern das Recht studiert

Autor*innen
Carina Gabriella Schwarz
Mann steht mit verschränkten Armen vor einer Waage mit zwei Waagschalen. Sein Gesichtsausdruck ist neutral, die Waagschalen befinden sich auf der selben Höhe.

Einen LL.M. hat die University of Oxford nicht im Angebot – dafür aber einen M.Jur. Was dieses Programm besonders macht und worin sich Oxford noch von anderen Universitäten unterscheidet, berichtet Carina hier. 

In Oxford ist vieles anders. Das beginnt schon mit der Programmbezeichnung. In Oxford gibt es keinen LL.M. Stattdessen den Bachelor of Civil Law (B.C.L.) und den Magister Juris (M.Jur.). Der B.C.L. ist ein Programm für Studenten aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis, der M.Jur. für alle übrigen Studenten. Inhaltlich unterscheiden sich die Programme jedoch kaum. Insbesondere führt der B.C.L. nicht zu einem Bachelorabschluss und auch das Civil Law kommt darin kaum vor. Warum also zwei Programme? – Nur M.Jur.-Studenten können auch einen grundständigen Kurs wählen. Aber warum nun kein LL.M.? – Nur in Oxford wird auch in Tutorials unterrichtet. Das ist oxoniensische Logik. Woanders würde man einfach von Tradition sprechen.

Unser Karriereratgeber Der LL.M. 2021 [Quelle: e-fellows.net]

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Die Bewerbung für den M.Jur.

Für den M.Jur. habe ich mich im Juristischen Vorbereitungsdienst, etwa ein halbes Jahr vor dem schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Prüfung, beworben. In dieser Phase konnte ich auch bloß noch eine weitere Bewerbung für den LL.M. nach Cambridge schicken. Konkret habe ich jeweils ein Studienprojekt bestehend aus vier Kursen ausgearbeitet und mir damit sehr viel Mühe gegeben. Umso mehr habe ich mich gefreut, als ich von beiden Universitäten eine Zusage erhalten habe. Schließlich fiel meine Entscheidung zugunsten des M.Jur. aus. Erstens wollte ich unbedingt die Kurse zum Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht bei John Armour belegen. Zweitens war ich neugierig auf das Unterrichtsformat der Tutorials. Und drittens wurde ich wunschgemäß dem für ein besonderes Gemeinschaftsgefühl bekannten St Catherine's College zugeteilt.

Das Studium an der University of Oxford

Nach der von klausurtaktischen Überlegungen geprägten Examensvorbereitungszeit wollte ich den M.Jur. ganz nach meinen akademischen Interessen ausrichten. So habe ich etwa als Ergänzung zu den gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Kursen auch Kurse zum Verwaltungsrecht und zur Rechtssoziologie gewählt. Im Laufe des Studienjahrs habe ich mich fächerübergreifend auf die Themen konzentriert, die ich spannend fand. Besonders genossen habe ich die produktive Atmosphäre in den Seminaren und Tutorials. Es hat mir Spaß gemacht, dort neue Ideen zu entwickeln und diese mit hervorragenden Juristen aus der ganzen Welt zu diskutieren. In den Klausuren konnte ich dann eher mit Verständnis als mit Detailwissen glänzen. Dennoch habe ich gute Ergebnisse erzielt. Nur für einen Abschluss mit Auszeichnung hat das nicht gereicht.

Tutorials

In Tutorials wurden mehrere Themen zusammen noch einmal in Kleinstgruppen mit einem Dozenten vertieft. In jedem meiner Kurse hatte ich jeweils vier Tutorials. Die insgesamt 16 Tutorials waren jedoch nicht gleichmäßig auf die 24 Vorlesungswochen verteilt, sondern auf nur etwa zwölf Wochen im zweiten und dritten Term. So war es kaum zu schaffen, für sämtliche Tutorials einen ungefähr 2.000 Wörter langen Aufsatz zu verfassen. Hierzu sprachen die Dozenten auch ausdrücklich nur Einladungen aus. Es ist jedoch sehr empfehlenswert, so viele Aufsätze wie möglich zu schreiben. Denn durch die regelmäßigen Schreibübungen bin ich immer besser darin geworden, meine Ideen klar und überzeugend darzulegen. Besonders hilfreich waren nicht zuletzt zwei einwöchige Intensivkurse zum akademischen Schreiben, die in den Ferien zwischen den Terms vom Fremdsprachenzentrum angeboten wurden.

Kosten für den M.Jur.

Die Studiengebühren für den M.Jur. waren mit umgerechnet über 20.000 Euro für englische Verhältnisse sehr hoch. Begründet wurde dies vor allem mit dem hohen Aufwand für die Tutorials. Deshalb musste ich trotz eines Stipendiums des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) etwa drei Viertel der Studiengebühren durch Ersparnisse und einen Studienkredit finanzieren. Der Studiengebührenzuschuss des DAAD wurde nämlich rein länderbezogen festgesetzt und nahm auf programmspezifische Mehrkosten keine Rücksicht. Überraschenderweise wurde diese Stipendienleistung des DAAD im Vergleich zu den Vorjahren sogar noch etwas gekürzt, und das trotz im gleichen Zeitraum gestiegener Studiengebühren. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass sich der Einsatz von privaten Mitteln für mich schon wegen der Tutorials mit John Armour gelohnt hat.

Nutzen

In meinen rechtsvergleichenden Kursen habe ich den Wert einer funktionalen Untersuchung unter Einbeziehung der ökonomischen Rahmenbedingungen erkannt. Das hat mich dazu angeregt, in meinem Dissertationsprojekt ein Thema aus dem Gesellschaftsrecht mit dieser Methode zu bearbeiten. Dabei kann ich nun auch meine in Oxford erworbenen Kenntnisse zum englischen und U.S.-amerikanischen Gesellschaftsrecht verwenden.

Ausblick

Ich habe Oxford mit dem guten Gefühl verlassen, dort jederzeit willkommen zu sein. Dass das nicht nur so dahergesagt ist, wird etwa daran deutlich, dass Alumni einen kostenlosen Zugang zu den Bibliotheken behalten und die Universität sich auch im Übrigen sehr darum bemüht, den Kontakt zu den Alumni zu halten.

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