Erfahrungsbericht – LL.M.: New York University
- Malte Symann
In Studium und Referendariat war ich bereits im Ausland und hatte deshalb einen LL.M. für mich eigentlich immer ausgeschlossen. Während der Promotion hat es mich dann doch wieder in Ausland gezogen – und ich habe es nicht bereut!
Promotion und LL.M.
Meine Promotion ist im klassischen Europarecht, sodass ein LL.M. in den USA auf den ersten Blick nicht unbedingt naheliegt – zumindest, wenn man beides verbinden möchte. Ich habe aber auch in Amerika Universitäten gefunden, die sich mit Europarecht beschäftigen – vor allem NYU und Columbia. Gerade diesen Blick von außen auf Europa fand ich reizvoll, und mein Doktorvater hat das Vorhaben von Anfang an unterstützt.
Die Kombination von Promotion und LL.M. hat mir auch bei der Finanzierung sehr geholfen: Für die Stipendiumsbewerbung bei der NYU und beim DAAD habe ich deutlich gemacht, dass mir der LL.M. neue Chancen bietet und gleichzeitig für meine Promotion sehr wertvoll ist. Beim DAAD wurde ich im Auswahlgespräch danach auch sehr genau befragt. Da ich darlegen konnte, dass auch in den USA hervorragende Europarechtler sitzen, war die Verknüpfung von europarechtlicher Promotion und LL.M. in den USA kein Problem. Generell war auffällig, wie viele der Deutschen, die ein Stipendium erhalten hatten, entweder schon in der Promotion waren oder sie sich zumindest fest vorgenommen hatten.
Ich war auch während meiner Zeit in New York neben dem LL.M. weiter an meinem Heimatlehrstuhl mit einer kleinen Stelle beschäftigt. Meine Recherchearbeit im Rahmen eines Projekts konnte ich gut aus der Ferne erledigen – und das zusätzliche Einkommen war natürlich sehr willkommen. Diese ungewöhnliche Regelung hatte auch den Vorteil, dass ich in Deutschland weiter ganz normal versichert war. Andere LL.M.-Studierende haben nach Beginn des LL.M. Stellen bei Professoren an der NYU gefunden.
Vor Ort habe ich meine Fächerwahl dann doch noch einmal geändert: Die an der NYU angebotenen Kurse im Europarecht sind eher zur Einführung gedacht, was mir weniger gebracht hätte. Deshalb – und weil mich das Rechtsgebiet sowieso interessierte – entschied ich mich, viele Kurse im Wettbewerbs- und Kartellrecht zu belegen. Für meine Promotion habe ich dann neben den Vorlesungen einige Kolloquien und Diskussionsveranstaltungen von Ph.D.-Studenten und Gastwissenschaftlern besucht. Der LL.M. hat meine Promotion sicherlich verzögert, da ich mich in den USA natürlich nicht im selben Maße damit beschäftigt habe wie in der Heimat. Trotzdem habe ich einige interessante Impulse bekommen – und etwas Abstand zur Promotion tut ja auch mal gut. Zudem machen die akademischen und sozialen Erfahrungen im LL.M. jede Verzögerung in der Promotion bei Weitem wett. Alles in allem hätte ich mich in meinem LL.M. ohne die Doktorarbeit im Hinterkopf aber wohl etwas freier gefühlt.
Der akademische LL.M. ...
Das Kurssystem in den USA unterscheidet sich schon deutlich vom deutschen: Die Kurse sind wesentlich interaktiver, und es wird auch eine Vorbereitung auf die Kurse erwartet. Das können schon mal deutlich über 100 Seiten Pflichtlektüre pro Woche sein – man findet aber schnell heraus, was mehr und was weniger wichtig ist. Auch wenn ich es nicht immer wertgeschätzt habe, montagmorgens im Kurs aufgerufen zu werden, fand ich die Diskussionen im Unterricht doch immer interessant.
Schon in den Kursen an der juristischen Fakultät verfolgen viele Professoren einen interdisziplinäreren Ansatz, als wir es in Deutschland gewohnt sind. So haben wir uns im Wettbewerbsrecht auch viel mit ökonomischen Fragestellungen (inklusive diverser Berechnungen) beschäftigt. Daneben habe ich noch einen MBA-Kurs an der Business-School belegt, was ich als schöne Abwechslung empfand. Von diesen Kursen hätte ich auch gerne noch mehr gemacht – wegen meiner übrigen Kurswahl ging das aber leider nicht.
... und der soziale
Als ich nach New York kam, kannte ich dort niemanden. Das hat sich aber schon in den ersten zwei Wochen der Einführungskurse geändert: Ab dem ersten Tag war immer etwas los und in unseren WhatsApp-Gruppen hat ständig jemand Bars, Open-Air-Kinos oder Ausflüge vorgeschlagen. Für die Kontakte mit anderen LL.M.- und J.D.-Studierenden war es sicher auch hilfreich, dass ich im (leider nicht ganz billigen) Wohnheim der Uni gewohnt habe.
Insgesamt waren wir mehr als 400 "LL.M.s" aus über 80 Ländern (und davon nur sieben Deutsche). Gerade dieses sehr Internationale hat mir gut gefallen. Auch mit den U.S.-amerikanischen J.D.-Studenten (im Kurs waren es im Durchschnitt zwei Drittel J.D.s und ein Drittel LL.M.s) kommt man mit der Zeit in Kontakt – es dauert aber in der Regel etwas länger.
Neben den Vorlesungen und Seminaren war ich auch in Vereinen der NYU, u. a. in der Antitrust Society und im Ski-Team. Dort bekommt man durch interessante Veranstaltungen und Ausflüge noch einmal einen anderen Zugang zur Universität – und man kommt dort auch besser mit J.D.-Studenten in Kontakt. Über die Zeit habe ich so sehr enge Freunde aus ganz unterschiedlichen Ländern gewonnen, mit denen ich New York erkundet habe und auch herumgereist bin. Das hat natürlich den Abschied vom LL.M. umso schwerer gemacht.
Was hat es mir gebracht?
Neben Impulsen für die Promotion konnte ich im LL.M. noch einmal ein neues Rechtsgebiet lernen, mit dem ich vorher eher weniger zu tun hatte. Durch zahlreiche Recruiting-Events für deutsche LL.M.-Studenten kommt man in New York auch leicht mit Kanzleien in Kontakt. Selbst wenn man nicht konkret nach einem Job sucht, kann man sich dort ungezwungen über die Unterschiede der Kanzleien informieren und Kontakte knüpfen. Meist geht es dabei aber um Jobs in der Heimat; Jobs in den USA zu finden ist deutlich schwieriger.
Am wichtigsten sind für mich die Freundschaften und Erfahrungen, die ich an der NYU gemacht habe. Deshalb würde ich bei der Wahl der Universität (neben finanziellen Aspekten) immer fragen, worauf man am meisten Lust hat: Soll es eine große Stadt oder eher eine Universitätsstadt sein? Mir hat New York gut gefallen, weil man dort jeden Tag etwas Neues erleben kann – und die NYU liegt mittendrin im Greenwich Village. An der NYU sind die Studenten zwar ambitioniert, aber das soziale Leben neben der Uni haben wir nie aus den Augen verloren. Dementsprechend viel haben wir in New York erlebt.