Erfahrungsbericht – LL.M.: University of Sydney
- Hans-Justus A. Daase
Einen LL.M. auf der anderen Seite des Globus zu absolvieren, ist der Traum von vielen Rechtsstudent:innen. Für Hans-Justus wurde der Traum vom Studium in "Down Under" Realität und führte zu einer der besten Entscheidungen seines Lebens.
Die Entscheidung für ein LL.M.-Studium in Australien war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Die Möglichkeit, fachliche Weiterbildung mit dem Ausbau sprachlicher und interkultureller Kompetenzen zu kombinieren, stellt eine einzigartige Gelegenheit dar. Sie bietet die Option, dem deutschen Ausbildungssystem für eine gewisse Zeit zu entkommen und frei nach persönlichem Interesse zu studieren. Australien bietet dabei nicht nur die ideale Umgebung für ein facettenreiches Studium, sondern auch jede Menge Abwechslung.
"Down Under" statt "United States"
Wie viele andere habe ich lange davon geträumt, einen LL.M. an einer der renommierten U.S.-Universitäten zu absolvieren. Zwar war mir bekannt, dass auch Australiens Hochschulen international einen hervorragenden Ruf genießen, als persönlichen Studienort hatte ich sie jedoch lange Zeit nicht ins Auge gefasst. Nach einem Gespräch mit Vertreter:innen der University of Sydney (USYD) im Rahmen des e-fellows.net LL.M. Day in München habe ich mich dann aber doch spontan und überraschend für ein Studium in Down Under entschieden.
Studieninteressierte, die wie ich keine mehrmonatige Wartezeit und Planungsungewissheit in Kauf nehmen möchten, sind in Australien genau richtig aufgehoben. Anders als bei Universitäten in den Vereinigten Staaten zeichnet sich die Organisation eines LL.M. in Australien durch ein erhebliches Maß an Spontaneität und Flexibilität aus. Langwierige Bewerbungsverfahren mit Fristen von bis zu neun Monaten sind hier unbekannt. Zudem kann das LL.M.-Studium auch zur Mitte des Studienjahres angetreten werden. So kam es, dass ich gerade einmal drei Monate nach dem Gespräch beim LL.M. Day meine erste Vorlesung in Sydney besuchte.
Auch sonst war meine Entscheidung für ein LL.M.-Studium in Australien alles andere als ein bloßer Kompromiss. Die USYD Law School ist eine renommierte juristische Fakultät, rangiert in internationalen Rankings in den Top 20, und stellte in den vergangenen Jahren wiederholt die Siegerteams diverser internationaler Moot Courts.
Kredit, Nebenjob oder Stipendium – die Frage der Finanzierung
Der Gedanke, mit erheblichen Schulden ins Arbeitsleben zu starten, war für mich immer ein Argument gegen einen LL.M. im Ausland. Auch in Australien werden saftige Studiengebühren berechnet, wenngleich diese deutlich unter dem Niveau der U.S.-Konkurrenz liegen. Australien bietet jedoch die Möglichkeit, die Schuldenfolgen eines LL.M.-Studiums zu minimieren. Das australische Studierendenvisum erlaubt – anders als in anderen Ländern – die Ausübung einer beruflichen Nebentätigkeit. Dank des hohen Lohnniveaus kann ein Teil des Studiums vor Ort finanziert werden.
Wer vorhat, ähnlich wie in Deutschland eine Tätigkeit als wissenschaftliche:r Mitarbeiter:in in einer Kanzlei oder an einem Lehrstuhl zu ergattern, sollte sich jedoch nicht allzu große Hoffnungen machen. Der Jobmarkt für Jurist:innen in Australien ist nicht mit dem heimischen Markt vergleichbar, und Lehrstühle verfügen nicht über dauerhaft angestellten Hilfskräfte. Es ist also etwas Flexibilität und Experimentierfreude hinsichtlich der Wahl der Nebentätigkeit gefordert. Ich persönlich hatte das Glück, meine Studiengebühren über zwei Stipendien finanzieren zu können. Neben einem Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes wurde ich auch durch ein Stipendium der USYD gefördert. Nach meiner persönlichen Erfahrung sollte man sich bei der Finanzierungsplanung auf die Vergabe von Stipendien der USYD jedoch nicht verlassen. Ich erhielt die Benachrichtigung über die Förderungszusage beispielsweise erst gegen Ende meines ersten Semesters.
Weekly Units vs. Intensive Units
Wer sich für ein LL.M.-Studium an der USYD interessiert, sollte sich darüber im Klaren sein, dass der LL.M. sich vorwiegend an Juristinnen und Juristen mit Berufserfahrung richtet. Dementsprechend sind die Kurszeiten so ausgerichtet, dass sie für Berufstätige realisierbar sind. Es besteht die Möglichkeit, wöchentlich stattfindende Kurse in den (späten) Abendstunden oder aber Intensivkurse, die über ganze Wochenenden absolviert werden, zu besuchen. Wer ein gewisses Maß an Flexibilität mit bringt und sich an Abend- und Wochenendveranstaltungen nicht stört, kann seine Zeit jedoch entsprechend planen.
Das breite Kursangebot bietet eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten, sodass man nach Belieben den Arbeitsaufwand auf das volle Semester strecken oder auf eine geringere Zeitspanne kondensieren kann. Niveau und Anforderungsprofil der Kurse variieren nach meiner Erfahrung dabei stark. Jede:r Dozent:in kann die Prüfungsmodalitäten individuell festlegen, sodass einige Kurse eine benotete mündliche Mitarbeit, wöchentliche Leistungskontrollen und klassische Klausuren fordern, andere dagegen lediglich einen Aufsatz als einzige Prüfungsleistung genügen lassen. Bei sorgfältiger Planung kann jeder aus dem umfassenden Kursprogramm ein auf die eigenen Interessen und Pläne perfekt zugeschnittenes Studium organisieren.
Ich persönlich entschied mich für eine intensivere Belastung innerhalb eines kürzeren Zeitraums und konnte auf diese Weise verlängerte Semesterferien für Reisen nach Neuseeland und an die Westküste Australiens nutzen. Interessierte können (gegen zusätzliche Gebühren) die Semesterferien aber auch nutzen, um Kurse in China, Japan oder Nepal zu besuchen.
Aussie Lifestyle
Australien war für mich der perfekte Ort für ein Auslandsjahr. Allein die geographische Lage und die Zeitverschiebung ermöglichen es einem vollständig, dem deutschen Lebensalltag zu entkommen und gänzlich in das neue Leben in Down Under einzutauchen. Das gute Wetter, freundliche Menschen und die entspannte Grundeinstellung der Australier:innen machen das Leben in Sydney besonders angenehm. Diejenigen, die das Nachtleben und die Pub-Kultur Australiens entdecken möchten, kommen in dieser Stadt ebenso auf ihre Kosten, wie diejenigen, die sich in den Clubs und Societies der Universität engagieren möchten. Nicht zuletzt macht die unmittelbare Nähe zu den weltberühmten Stadtstränden Sydneys es möglich, jeden Tag surfen zu gehen. Einzig vor spontanen Begegnungen mit Spinnen, Schlangen oder Kakerlaken sollte man nicht zurückschrecken.