Studium weltweit: Einmal die schwerste Prüfung, bitte
- Luis Fischer und Julian Gebhard
Prüfungen begleiten dich ein ganzes Leben lang – egal, ob es sich um Eignungstests oder Abschlussexamina handelt. Manche sind leicht, aber viele haben es in sich. Hier stellen wir dir einige der schwierigsten Tests weltweit vor.
"Die Prüfung war zu schwer!" Wie oft hast du diesen Satz im Leben schon gehört oder vielleicht sogar selbst gesagt? Mathe-Abi, Uniklausuren und Co. wirken immer dann am schwersten, wenn du sie selbst bewältigen musst. Was wir dabei gerne vergessen: Im internationalen Vergleich kommt Deutschland noch relativ gut weg, was den Schwierigkeitsgrad angeht. Hier eine kleine, internationale Auswahl an Prüfungen, die als besonders herausfordernd gelten.
Das Abitur ist erst der Anfang …
Eine kritische und reflektierte Denkhaltung gehört in Frankreich unter anderem zu den Voraussetzungen für das Abitur. Dort beginnt die Prüfungsphase daher mit dem "bac philo". In vier Stunden müssen die angehenden Akademiker:innen eine philosophische Frage beantworten, im Jahr 2018 zum Beispiel, ob der Wunsch ein Zeichen für die menschliche Unvollkommenheit sei. Wem das nicht anspruchsvoll genug ist, der darf einen kurzen Text, etwa von Arthur Schopenhauer oder John Stuart Mill, erklären. Zwar reformierte Frankreich sein Baccalauréat im Jahr 2021, dennoch: "Diese französische Tradition, die das kritische Denken der jungen Generation fördern soll, wird aufrecht erhalten", gibt die französische Botschaft in Berlin auf ihrer Website bekannt.
Harmlos erscheint das allerdings im Vergleich zu China. Das dortige Abitur, das Gaokao, wird laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von Erziehungswissenschaftler:innen als "härteste Abschlussprüfung der Welt" bezeichnet. Nicht nur bei den Vorbereitungen stehen die Schüler:innen unter enormen Druck. Das Ergebnis beeinflusst das ganze weitere Leben der Jugendlichen. Wer kann an einer Elite-Universität studieren und danach eine große Karriere hinlegen? Wer darf gar nicht erst studieren? Die Gesamtpunktzahl am Ende entscheidet. Der zweitägige Prüfungsmarathon in Chinesisch, Mathematik und Englisch sowie wahlweise Biologie, Physik und Chemie oder Geschichte, Erdkunde und Politik macht aber nicht an den Schultoren halt. Die Eltern bekommen oft einen Urlaubstag, um vor dem Gebäude zu warten, in dem die Schüler:innen den Test schreiben. Auch der Verkehr wird eingeschränkt und Straßen werden gesperrt, so dass sich die Prüflinge voll und ganz konzentrieren können.
Vorbereiten oder improvisieren – beides ist gefragt
Ist die Hochschulzulassung geschafft, ist das noch lange kein Grund, die Füße hochzulegen. So etwa in Frankreich: Wer an einer der angesehenen Elite-Universitäten, den "grandes écoles", studieren möchte, braucht zunächst viel Geduld. Schließlich ist es vor dem Auswahlprozess in der Regel erforderlich, einen Vorbereitungskurs zu besuchen. Die Erwartungshaltung an die künftige Elite dort ist sehr hoch, das Arbeitspensum auch. Nach zwei Jahren steht dann die kostspielige und schwierige Aufnahmeprüfung an der "grande école" an. Eine Investition in die Zukunft – immerhin stehen den Absolvent:innen am Ende die Türen zur Karriere im Staatsdienst offen.
Wer schon einen Abschluss aus Oxford vorzuweisen hat, der kann sich für das dortige All Souls College bewerben, welches vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften aktiv ist. In diesen erlesenen Kreis darf aber nur, wer eine knifflige Aufnahmeprüfung besteht. Das Onlinemagazin Orange by Handelsblatt spricht von der "schwersten Prüfung der Welt", berichtet von Fragen wie "Ist Dummheit die am meisten unterschätzte Kraft der Geschichte?", "Was würden Sie verbannen, wenn Sie Diktator wären?" oder "Was ist der Nutzen von Magie?". Hast du auf diese oder drei andere der 30 Fragen eine brillante Antwort, stehen deine Chancen nicht schlecht, als eine:r von maximal zwei neuen Forscher:innen an dem Institut aufgenommen zu werden und nicht nur mit einem Stipendium, sondern auch weiterem Taschengeld und einer Wohnung für deine Mühe belohnt zu werden.
Wenn du hingegen indische:r Staatsbürger:in bist und gerne an College oder Universität als Assistant Professor unterrichten oder im Rahmen des Junior Research Fellowship forschen möchtest, wirst du um den "National Eligibility Test" nicht herumkommen. Laut dem Magazin India Today sind die Prüfungen allerdings so schwer, dass viele sie auch nach vier oder gar fünf Versuchen nicht bestehen. Die Teilnahme an der allgemeinen Prüfung kostet übrigens 1.000 Rupien, also umgerechnet etwa 12 Euro.
Nicht Wiwis oder Juristen haben es am schwersten, …
... sondern die Weinkenner! Die Diplomprüfung zum Master Sommelier gilt laut World Scholars Hub als die "schwierigste Prüfung der Welt" und ist die hochwertigste Ausbildung der gastronomischen Branche weltweit. Nur 300 Anwärter:innen haben das Diplom seit 1989 erlangt.
Die Prüfung umfasst einen mündlichen Teil, eine praktische Prüfung sowie eine Verkostung. Bei dieser müssen es die angehenden Master Sommeliers schaffen, bei sechs verschiedenen Weinen innerhalb von 25 Minuten unter anderem das Herkunftsgebiet, die Rebsorten und die Jahrgänge genauestens zu identifizieren – und das mit verbundenen Augen. Nur ca. 10 Prozent bestehen allein die theoretische Prüfung.
2019 hat Helga Schröder als erste Frau des gesamten deutschsprachigen Raums die Prüfung zum Master Sommelier bestanden. Damit ist sie nicht nur Weinexpertin, sondern auch Botschafterin.
Nach dem Abschluss geht es weiter
Das Studium ist geschafft, die Abschlussarbeit ist abgegeben, du hast einen (oder mehrere) akademische Grade erworben. Jetzt steht deiner Karriere nichts mehr im Weg, oder? Kommt darauf an, in welchem Beruf du später arbeiten möchtest. Es ist gut möglich, dass du eine weitere Prüfung absolvieren musst, zum Beispiel wenn du als Steuerberater:in in Deutschland arbeiten möchtest. Der Weg dorthin ist aber ganz und gar nicht einfach: Nur knapp die Hälfte der Teilnehmer:innen haben im Jahr 2021 das Examen, bestehend aus drei Klausuren im schriftlichen Teil und einem mündlichen Part, bestanden. Wer die Prüfung erfolgreich abgelegt hat und zusätzlich den Titel "Wirtschaftsprüfer:in" tragen möchte, kann immerhin zwei der sieben dafür erforderlichen Klausuren weglassen.
In der IT-Branche gibt es zahlreiche Zertifizierungen für den Umgang mit Software oder das Durchführen von Trainings. Als die anspruchsvollste in der Branche gilt jedoch die Zertifizierung als Cisco Certified Internetwork Expert (CCIE) – durchgeführt von Cisco Systems. Dabei handelt es sich um eine Reihe von technischen Zertifizierungen für erfahrene Netzwerkexpert:innen, die komplexe Unternehmensnetzwerk-Infrastrukturen aufbauen, implementieren und warten. Die Zertifizierung umfasst eine zweistündige schriftliche Prüfung und eine achtstündige Laborprüfung. Vorausgesetzt werden dabei drei bis fünf Jahre Berufserfahrung.
Weniger als 3 Prozent der Cisco-Ingenieur:innen erhalten eine CCIE-Zertifizierung, das sind weniger als 1 Prozent aller Netzwerkexpert:innen weltweit.