Komplexes Entscheiden: Man kann Entscheiden studieren?
Wie werden in der Politik Entscheidungen getroffen? Was muss man beachten, wenn man komplexe Probleme in der Wirtschaft lösen will? Wie verläuft ein Entscheidungsprozess? Das sind Fragen, auf die Helge im Studium "Komplexes Entscheiden" an der Uni Bremen eine Antwort finden möchte. Was die Inhalte des Studiums sind und wer das Fach studieren sollte, erfährst du hier.
Helge (27) studiert Komplexes Entscheiden im 5. Semester an der Universität Bremen. Im Anschluss plant er, in Sicherheitsethik zu promovieren.
Beschreibe bitte kurz deinen Studiengang.
Komplexes Entscheiden ist der einzige Master-Studiengang seiner Art in Deutschland. Er verbindet dabei die Fächer Philosophie, Politik, Wirtschaft und Recht miteinander. Der Schwerpunkt liegt auf Entscheidungsprozessen und Problemlösungskonzepten im öffentlichen Sektor. Obwohl es ähnliche Studiengänge in Deutschland gibt, sticht KE insofern heraus, als dass zusätzlich rechtswissenschaftliche Aspekte einbezogen werden. Daneben sind die Veranstaltungen überwiegend tatsächlich interdisziplinär ausgerichtet. So gab und gibt es Seminare zu Korruption, Medizinethik, Finanz- und Wirtschaftspolitik, Governance sowie politisches Entscheiden und Strategie.
Wann und warum hast du dich für deinen Studiengang entschieden?
Ich habe meinen Bachelor in Geschichte und Philosophie gemacht. Das sind nicht unbedingt Fächer, die für ihren praktischen Bezug bekannt sind. Auch wenn ich mich bewusst entschieden habe, diese Kombination zu studieren, stand für mich frühzeitig fest, dass ich im Master etwas anderes machen wollte. Auf KE wurde ich aufmerksam, weil ich im Bachelor bereits in Bremen studiert habe und eine Professorin in Philosophie gleichzeitig Studiengangsleiterin von KE ist. In ihren Veranstaltungen erzählte sie hin und wieder über diesen neuen Master – KE startete nämlich erst 2010. Durch diese Berichte wurde mein Interesse geweckt, sodass ich mich am Ende des Bachelors für KE bewarb und letztlich genommen wurde.
Haben sich deine Erwartungen erfüllt?
Absolut! Erstmal habe ich eine Menge gelernt, speziell Methoden und Denkweisen – sei es durch Seminare, Exkursionen, unsere Studienfahrt nach Brüssel oder durch meine Kommiliton:innen. Weil KE ein relativ exotischer Studiengang ist, bekam ich zudem schnell Zusagen für interessante Praktika bei größeren Firmen. Auch konnte ich meine Forschungsinteressen in den einzelnen Veranstaltungen einbringen oder bekam zusätzlichen Input für das, was mich interessiert. Und da KE ein relativ kleiner Studiengang ist (rund 30 Leute pro Jahrgang) und die Student:innen aus verschiedenen Fachrichtungen stammen, ist die Lernatmosphäre stets sehr angenehm und anregend. Mit fast allen Leuten bin ich mittlerweile befreundet und wir unternehmen abseits der Uni sehr viel. Bei den Jahrgängen über und unter mir ist es ähnlich.
Wem würdest du das Studium empfehlen?
Wer KE studieren möchte, sollte meiner Meinung nach Eigeninitiative besitzen. Man wird halt nicht durch das Studium geschleift. Gerade bei Gruppenarbeiten oder Projektseminaren spielt aktive Mitarbeit eine große Rolle. Und man sollte auch bereit sein, über den eigenen Tellerrand hinaus zu gucken. Wer eine tiefe Abneigung gegen eines der vier Fächer von KE hat, sollte sich überlegen, ob er diesen Master wirklich machen möchte – denn man arbeitet sehr stark interdisziplinär! Für mich macht das aber den besonderen Reiz aus. Sicherlich könnte dieser Umstand auch für Leute anderer Fachrichtungen interessant sein. Einige meiner Kommiliton:innen kommen etwa aus den Bereichen Soziologie, Germanistik und Verwaltung. Ich stelle mir vor, dass KE genauso was für Kulturwissenschaftler:innen, Psycholog:innen oder Pädagog:innen sein könnte. Am besten informiert man sich direkt. Weil der Studiengang und dementsprechend auch die Leitung vergleichsweise klein sind, bekommt man in der Regel schnell und direkt Antwort, wenn man Fragen, Sorgen und Nöte hat.
Welchen Tipp würdest du Absolvent:innen geben, damit die Studienzeit ein voller Erfolg wird?
Gerade an Universitäten, an denen man im Unterschied zu Fachhochschulen sehr viele Freiheiten hat, was die Organisation des eigenen Studiums angeht, sollte man versuchen, sehr strukturiert zu arbeiten. Daneben empfiehlt es sich, einen roten Faden zu haben: Entweder man orientiert sich daran, was man später beruflich machen möchte oder man folgt seinen Interessen. Ohne Perspektive quasi wild drauf los zu studieren, rächt sich spätestens dann, wenn man sich die Frage stellt, was man im Leben eigentlich machen will. Studieren ist kein Selbstzweck. Man sollte mit sich selbst daher im Reinen sein, was man eigentlich will. Natürlich kann man mit einem Studium auch Zeit überbrücken. Aber dafür würde ich andere Dinge empfehlen, zum Beispiel auf Reisen gehen oder (im Ausland) arbeiten.