Retention: Wie funktioniert erfolgreiches Bindungsmanagement?

Autor*innen
Annalena Löscher und Dr. Florian Dressler
Person steht auf einem erhöhten Vorsprung und blickt in die Ferne.

Retention ist aktuell ein vieldiskutiertes Thema in Unternehmen. Wie es gelingt, gute Mitarbeiter:innen möglichst langfristig an sich zu binden, erläutern Annalena Löscher und Dr. Florian Dressler von der Top-Management-Beratung undconsorten aus Berlin.

Die Bindung von Mitarbeitenden ist heutzutage nicht mehr nur ein Nice-to-have, sondern eine Pflichtaufgabe für Unternehmen. Angesichts des Fachkräftemangels und der steigenden Wechselbereitschaft, insbesondere bei der Gen Z, ist es entscheidend, die richtigen Talente langfristig an das Unternehmen zu binden und unerwünschte Fluktuation zu minimieren. Doch wie gelingt ein effektives Retention-Management?

So vielfältig die Ursachen für Fluktuation sind, so spezifisch und passgenau müssen auch die Retention-Aktivitäten des modernen Arbeitgebers sein – die Mischung macht’s!
Dr. André Becker, Personalvorstand & CHRO, Lidl International 

Von der Einzelmaßnahme hin zu holistischem Retention Management 

Die Herausforderung liegt darin, dass jede:r Mitarbeitende ein individuelles Set von Präferenzen hat, die mit dem wahrgenommenen Arbeitsumfeld und möglichen Alternativen verglichen werden. Es ist wichtig, diese Präferenzen zu verstehen und eine ganzheitliche Retention-Strategie zu entwickeln. Statt einzelne Maßnahmen zu ergreifen, wie etwa mit der Gießkanne mehr Gehalt zu verteilen, sollten Unternehmen auf der Basis harter Fakten vorgehen und nachdenken.

Zum einen ist eine solide Datenbasis entscheidend, um die Präferenzen der Mitarbeitenden zu verstehen und daraus eine integrierte Retention-Strategie zu erarbeiten ("Datenbasierte Retention-Strategie"). Um sich von Wettbewerbern abzuheben, müssen zum anderen grundlegende Hygienefaktoren eingehalten ("auf Augenhöhe bleiben") und Kriterien entwickelt werden ("durch Purpose & Kultur differenzieren").

Happy employees, happy candidates! Es geht darum, Experiences, Wow-Momente zu kreieren und dafür zu sorgen, dass wir als Arbeitgeber für unsere Stammbelegschaft attraktiv bleiben.
Cawa Younosi, Global Head of People Experience, SAP Deutschland

Datenbasierte Retention-Strategie

Bei einer datenbasierten Retention-Strategie sollte die "People Experience" im Fokus stehen, analog zur "Customer Experience" im Churn Management. Durch Hypothesen können Unternehmen herausfinden, was einzelne Mitarbeiter:innen bzw. ganze Gruppen langfristig hält. Diese Hypothesen basieren auf verschiedenen Gruppenzugehörigkeiten wie Generation (zum Beispiel Gen Z), Lebenssituation (zum Beispiel Care-Giver) oder funktionaler Zugehörigkeit (zum Beispiel IT). Aussagekräftige KPIs, etwa aus Mitarbeitendenbefragungen oder der Anzahl interner Bewerbungen, dienen als Frühwarnindikatoren und ermöglichen eine kontinuierliche Überprüfung dieser Hypothesen. Zusätzlich können auch persönliche Interaktionen und "Stay Interviews" wertvolle Einblicke liefern.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht alle Mitarbeitenden auf dieselben Maßnahmen ansprechen. Statt unkoordinierter Einzellösungen braucht es eine übergeordnete Strategie, die Einzelmaßnahmen mit der strategischen Ausrichtung und dem Leitbild des Unternehmens verbindet. Hier sind das Business und HR gleichermaßen gefragt, um klare Verantwortlichkeiten festzulegen.

Auf Augenhöhe bleiben

Gehälter und Zusatzleistungen rücken bei Retention-Diskussionen schnell in den Vordergrund, aber auch die persönliche Weiterentwicklung und der Arbeitsalltag spielen eine Rolle. Es geht darum, Mikrofrustrationen (zum Beispiel bei der Qualität der Arbeitsmittel oder internen Prozessen) zu vermeiden und ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen. Doch diese Maßnahmen allein reichen nicht aus, um sich von anderen Arbeitgebern dauerhaft positiv abzuheben. Ein schöner Arbeitspatz etwa wird nach einer Weile als selbstverständlich wahrgenommen und auch der Motivationseffekt zusätzlicher Vergütung verfliegt nach gewisser Zeit. Hier gilt weiterhin der Satz: "People may come because of the money, but they don’t stay because of the money“. Es braucht also mehr, um die Belegschaft nachhaltig zu binden – die Wertvorstellungen seitens des Unternehmens müssen sich mit den Vorstellungen der Mitarbeitenden decken und von ihnen als fair wahrgenommen werden.

Durch Purpose & Kultur differenzieren

Hier kommen Identifikation, Zusammenhalt, Führung und Unternehmenskultur ins Spiel. Ein einzigartiges Arbeitsumfeld, das den individuellen Beitrag der Mitarbeitenden mit den Unternehmenszielen verknüpft, schafft eine starke Bindung (Stichwort "personal fit").  Eine authentische Kommunikation der Unternehmenswerte und -kultur – im Einklang mit dem erlebten Arbeitsalltag – ist dabei von großer Bedeutung, um nicht demotivierend zu wirken.

Purpose, Benefits, flexible Modelle – um Mitarbeitende langfristig zu binden, müssen Arbeitgeber ein ganzes Paket schnüren.
Dr. Katharina Peterwerth, Chief People and Strategy Officer, Haniel

Retention-Resilienz und Rückgewinnung

Und was, wenn Mitarbeitende trotz aller Bemühungen das Unternehmen verlassen? Hier ist eine Rückgewinnungsstrategie gefragt. Ein professionelles Nachfolgemanagement und ein organisatorisches Wissensmanagement (Entkopplung von einzelnen Wissensträgern) sind essenziell, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.

Zudem sollte der Kontakt zu ehemaligen Mitarbeitenden gepflegt werden, um sie möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt zurückzugewinnen (Stichwort "Boomerang Employees"). Es ist daher für Unternehmen ratsam, nicht nur Communities aufzubauen, um potenzielle neue Kandidat:innen anzusprechen, sondern auch den Kontakt zu ehemaligen Mitarbeiter:innen aufrechtzuerhalten. Eine aktive Alumni-Community und gut strukturierte Exit-Interviews spielen hierbei eine wichtige Rolle. Retention-Management ist also eine kontinuierliche Aufgabe und damit eine Chance, die Unternehmenskultur zu stärken und so dauerhaft ein attraktiver Arbeitgeber zu bleiben.

Weitere Infos

Die Top-Management-Beratung undconsorten mit Sitz in Berlin und München ist wie gemacht für komplexe Herausforderungen. undconsorten liefert Mehrwert für Klienten beim Verschränken von HR-Themen mit strategischer Perspektive, Change- und Transformationserfahrung sowie übergeordneten Governance- und Organisationsfragen.

undconsorten und der Bundesverband der Personalmanager:innen (BPM) haben gemeinsam eine Studie zu Workforce Transformation durchgeführt. Weitere Informationen auf undconsorten.  

Annalena Löscher

Annalena Löscher ist Senior Associate bei undconsorten

Dr. Florian Dressler

Dr. Florian Dressler ist Partner bei undconsorten. 

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