Praktikum in der Rechtsabteilung: "Ich habe mich immer gefordert und gefördert gefühlt"

Mann steht mit verschränkten Armen vor einer Waage mit zwei Waagschalen. Sein Gesichtsausdruck ist neutral, die Waagschalen befinden sich auf der selben Höhe.

Nach einigen Praktika in Kanzleien absolvierte Leonard ein Praktikum in der Rechtsabteilung eines deutschen Traditionskonzerns – der Deutschen Bank. Im Interview erzählt er, wie er die Arbeitsatmosphäre erlebt hat, was er dazugelernt hat und was man für den Einstieg in diesen Bereich braucht. 

Junger Mann in weißem Hemd und Anzughose im ersten Stock eines modernen Bürogebäudes mit Glasfassade

Leonard entschied sich dazu, seine Semesterferien zu nutzen, und absolvierte ein Praktikum in der Rechtsabteilung der Deutschen Bank in Frankfurt am Main. 

Leonard, warum hast du dich für ein Praktikum in der Rechtsabteilung der Deutschen Bank entschieden?

Nach mehreren Praktika in Kanzleien wollte ich „die Seite wechseln“ und die Arbeit der In-House-Juristinnen und -Juristen eines deutschen Traditionskonzerns kennenlernen. Deshalb fiel meine Wahl auf die Rechtsabteilung. 

Da ich mich besonders für Kapitalmarktrecht interessiere, suchte ich nach einem Arbeitgeber, dessen Wertpapiere an einer deutschen Börse notiert sind. Aufgrund meines Interesses am Geschäftsmodell einer Bank und am Finanzsektor allgemein lag es für mich nahe, mich bei der Deutschen Bank zu bewerben. Denn diese kam mir als erstes in den Sinn, als ich an eine deutsche Universalbank dachte. 

Wie hast du das Arbeitsumfeld und die Arbeitsatmosphäre bei der Deutschen Bank erlebt?

Als sehr angenehm. Ich wurde von meinem Team herzlich aufgenommen. In einem Großraumbüro zu arbeiten, war für mich anfangs zwar neu und ungewohnt, ich lernte das aber schnell zu schätzen: Um mich herum waren Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen der Rechtsabteilung, etwa aus dem Bereich Litigation & Regulatory Enforcement. Dadurch lernte ich vieles, das über das reine Wertpapieremissionsgeschäft hinausgeht, mit dem ich mich hauptsächlich beschäftigte.  

Positiv fand ich auch, dass ich direkt an meinen Teamleiter, den Managing Director und Associate General Counsel Dr. Meyer, angebunden war. Das half mir, tieferliegende wirtschaftliche Hintergründe juristischer Entscheidungen zu durchdringen und ein Verständnis für das große Ganze zu bekommen: etwa zur Personalpolitik der Rechtsabteilung oder zur Auswahl externer Kanzleien. Das ist etwas, das ich in meinen Praktika in Großkanzleien häufig vermisst habe. 

Durch gemeinsame Mittagessen in der hauseigenen Kantine konnte ich wertvolle Kontakte mit Kolleginnen und Kollegen sowie anderen Praktikanten und Praktikantinnen knüpfen, die ich auch nach dem Praktikum noch pflege.

War das Praktikum so, wie du es erwartet hattest?

Im Team Origination & Advisory, das für Wertpapieremissionen zuständig ist, habe ich einen so umfassenden Einblick in den rechtlichen Rahmen und den prozessualen Lebenszyklus von Eigen- und Fremdkapitalemissionen bekommen, wie ihn eine Kanzlei schlicht nicht geben kann. Somit hat das Praktikum meine Erwartungen übertroffen. 

In meinem Team und in der gesamten Rechtsabteilung habe ich mich immer gefordert und gefördert gefühlt: Ich konnte Tag für Tag an meinen Aufgaben wachsen. Das Praktikum war für mich eine äußerst lehrreiche Zeit und eine unbezahlbare Erfahrung!

Hat dich auch etwas überrascht?

Ja, definitiv. Von außen betrachtet erscheint die Welt der Kapitalmärkte hinter den schillernden Fassaden der Frankfurter Skyline häufig weit entfernt, komplex und schnelllebig. Umso mehr war ich davon überrascht, mit welcher Offenheit mir all meine Fragen beantwortet wurden und dass sich immer jemand Zeit nahm, um mich in Themenkomplexe einzuführen, die mir neu waren.

Überrascht war ich auch davon, wie klein mein Team war und welch enormen Dealflow die Kolleginnen und Kollegen täglich bearbeiten. Demnach dürfte es kaum eine Emission an deutschen Kapitalmärkten geben, an deren Dokumentation das Team nicht mitgearbeitet hat. 

Für mich war außerdem neu, dass die deutsche Welt des Kapitalmarktrechts aus einem kleinen Kreis von Praktikerinnen und Praktikern sowie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern besteht, die sich untereinander kennen und sich immer wieder auf Projekten begegnen. Um so wichtiger ist es also, neben den professionellen auch die persönlichen Beziehungen zu pflegen. 

Durch die sehr humanen Arbeitszeiten und die flexiblen Future-of-Work-Modelle blieb mir genügend Zeit, während meines Praktikums Frankfurt besser kennenzulernen.

Was muss man deiner Meinung nach mitbringen, um im Legal-Bereich erfolgreich zu sein?

Obwohl Juristinnen und Juristen tagtäglich mit Texten arbeiten, tun sie dies meist im Team. Auch die juristische Arbeit ist am Ende in der Praxis ein „People Business“, das eine offene und unvoreingenommene Kommunikation verlangt. Diese erfolgt überwiegend in englischer Sprache und häufig grenzüberschreitend. Man sollte also teamfähig und kommunikationsstark sein. 

An meinen erfahreneren Kolleginnen und Kollegen fielen mir außerdem ihre Faszination für ihren eigenen Arbeitsbereich und ihr kontinuierliches Interesse an den Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung auf. Diese sind auch deshalb wichtig, weil langjährige Mitarbeitende der Deutschen Bank wissenschaftliche Publikationen veröffentlichen und an Stellungnahmen zu neuen Gesetzgebungsinitiativen mitwirken können. Damit bewirken sie etwa nachhaltige Veränderungen in der Marktpraxis oder im ordnungspolitischen Rahmen.  

Ganz generell sollte man für die juristische Arbeit Sorgfalt, einen präzisen Umgang mit Sprache und mit juristischer Methodik mitbringen.

Hast du einen Tipp für Studierende, die gerne im Legal-Bereich einsteigen würden?

Sich schon im Studium mit verwandten Rechtsgebieten, etwa im Kapitalgesellschaftsrecht oder Wertpapierrecht, zu befassen, ist sicherlich förderlich. Ein allgemeines Interesse an Finanzmärkten und Finanzinstrumenten vereinfacht den Einstieg in die eigentümliche Terminologie des Finanzsektors enorm. 

Um sich an die Arbeit in internationalen Teams zu gewöhnen und um die Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern, kann ich jedem Studierenden nur einen Auslandsaufenthalt empfehlen.

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