Kartellrecht bei Freshfields in Brüssel: "Wir bekommen schnell mit, was auf der europäischen Agenda steht"
- Carolin Metz
Die deutschen Landesbanken in der Finanzkrise beraten - das kann dir passieren, wenn du dich auf Kartellrecht spezialisierst. Denn die Banken bekamen Subventionen von der Regierung, und die muss die Europäische Kommission kartellrechtlich genehmigen. Im Interview berichtet Dr. Andreas von Bonin, was ihn nach Brüssel gezogen hat und was man mitbringen muss, um im Kartellrecht zu arbeiten.
Warum sind Kartelle verboten?
Weil sich dabei Wettbewerber über wettbewerbsrelevante Dinge absprechen und das zum Nachteil der Kunden ist. Denn durch diese Absprachen wird der Wettbewerb behindert, dadurch kommt es zu höheren Preisen und schlechteren Produkten oder Leistungen.
Wieso haben Sie sich für Kartellrecht und Außenhandel entschieden?
Das Kartellrecht ist interessant, weil es drei Bereiche verbindet: Öffentliches Recht, denn wir haben mit Behörden zu tun. Außerdem Zivilrecht, weil die Transaktionen, zu denen wir beraten, auf zivilrechtlichen Verträgen fußen. Und drittens geht es immer auch um wirtschaftliche Fragen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man in ganz Europa arbeiten kann, wenn man sich mit europäischem Kartellrecht beschäftigt. Ein größerer Unternehmenszusammenschluss muss praktisch überall auf der Welt angemeldet werden und die Fragen, die von den Behörden geprüft werden, sind im Grundsatz weltweit ähnlich. Das erleichtert die Zusammenarbeit mit anderen Ländern.
Dr. Andreas von Bonin (40) studierte Jura in Köln, Freiburg und machte seinen LL.M. in New York. Er promovierte in Freiburg und arbeitet seit 1999 bei Freshfields.
Wie sind Sie zum Kartellrecht gekommen?
Durch eine Vorlesung in den USA. Als ich für mein Auslandsstudium in den Staaten war, wurde das Kartellrecht dort an den Unis intensiver gelehrt als bei uns in Deutschland. Aber mittlerweile nimmt das Kartellrecht auch an deutschen Unis mehr Raum ein, das merke ich auch am Vorwissen unserer Einsteiger.
Worum geht es im Kartellrecht?
Im Kartellrecht gibt es drei größere Arbeitsgebiete. Das erste ist die Fusionskontrolle: Dabei geht es um die Bewertung von Unternehmenszusammenschlüssen, zum Beispiel wenn ein Unternehmen ein anderes übernimmt. Diese Zusammenschlüsse bewerten wir schon im Planungsstadium für unsere Mandanten kartellrechtlich. Denn die Unternehmen wollen sichergehen, dass die Fusion auch von den Kartellbehörden genehmigt wird – wir machen dann die Anmeldung, leiten das Verfahren ein und begleiten es bis zur Freigabe, also bis zur Erlaubnis des Zusammenschlusses.
Welche sind die anderen beiden Arbeitsgebiete?
Antitrust, das klassische Kartellrecht, ist ein weiteres. Wir beraten Unternehmen, die mit Kartellsachverhalten zu tun haben. Das ist der Fall, wenn diese beschuldigt werden, verbotene Absprachen getroffen zu haben. Zum Antitrust gehört auch das Missbrauchsrecht: Es ist ein kartellrechtlicher Grundsatz, dass der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verboten ist. Wenn Microsoft zum Beispiel seine Position ausnutzt, um Wettbewerber vom Markteintritt abzuhalten, indem es auf seinen Systemen nur den Internet Explorer zulässt – dann kann da das Missbrauchsrecht greifen.
Und schließlich geht es bei uns noch um die Beihilfenkontrolle. Das bedeutet, dass staatliche Subventionen an Privatunternehmen nicht erlaubt sind, wenn dadurch der Wettbewerb verzerrt wird. Die Beihilfenkontrolle wird in Europa immer wichtiger. In der Finanzkrise haben die nationalen Regierungen zum Beispiel die europäischen Banken mit Beihilfen vor der Pleite bewahrt. Solche Beihilfen müssen vor der Durchführung bei der Europäischen Kommission angemeldet und freigegeben werden. Wir beraten Unternehmen, die Beihilfen erhalten sollen und klären mit ihnen, was möglich ist im geltenden Recht. Wir arbeiten auch für Mitgliedsstaaten, die Beihilfen geben möchten oder für Unternehmen, die den Verdacht haben, dass ihr Wettbewerber zu Unrecht Beihilfen erhalten hat.
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Beraten Sie Unternehmen oder Staaten?
Wir beraten in den allermeisten Fällen Unternehmen, die erfahren möchten, ob ihre Vorhaben kartellrechtlich erlaubt sind. Oder die schon ein Verfahren bei der Kartellbehörde laufen haben. Oft beraten wir sie auch, wenn der Eigentümer gerade gewechselt hat und der neue Besitzer in Erfahrung bringen möchte, ob in seinem Unternehmen ein kartellrechtlicher Sachverhalt vorliegt, zum Beispiel Absprachen mit Wettbewerbern. Wenn wir Staaten beraten, dann nur im Beihilferecht oder im allgemeinen EU-Recht.
Warum ist Brüssel ein guter Standort fürs Kartellrecht?
Brüssel ist Sitz der Europäischen Kommission, die für die europäische Wettbewerbskontrolle verantwortlich ist und das EU-Kartellrecht umsetzt. In Deutschland kennt man vom Bundeskartellamt eine jahrzehntelange Entscheidungspraxis, daher meint man häufig zu wissen, wie dort entschieden wird. Auf europäischer Ebene ist das eher noch vielschichtiger und schwerer zu durchschauen, dort sind die kartellrechtlichen Methoden stärker ökonomisch geprägt und es sind international gemischte Case-Teams am Werk.
Als in Brüssel tätige Rechtsanwälte haben wir daher einige Vorteile. Wir kennen viele Beamte aus der Kommission auch privat, treffen sie bei Veranstaltungen und dadurch bekommt man einfach schneller einen Draht zu den Leuten. Wir erfahren hier schnell, was auf der europäischen Agenda steht. Es ist einfach günstig, direkt vor Ort präsent zu sein. Die wesentlichen neuen Entwicklungen im Kartellrecht werden in der Kommission angestoßen, die Impulse fürs Kartellrecht kommen aus Brüssel.
Welches Mandat war bisher die größte Herausforderung?
Die größte Herausforderung war, als ich hier vor drei Jahren angefangen habe und die deutschen Landesbanken in der Finanzkrise beraten habe. Der Zusammenbruch der Finanzmärkte kam unerwartet, es gab keine Entscheidungspraxis dazu. Es war ein neues Problem und die Praxis der Kommission hat sich damals erst konkretisiert. Ich habe zu dieser Zeit mehrere Mandanten betreut, es war sehr spannend, dafür zu sorgen, dass in einer akuten Krisensituation das Recht beachtet wird, das auf diese Situation eigentlich gar nicht so gut zugeschnitten war.
Wie bilde ich mich als Einsteiger bei Freshfields zum Kartellrecht weiter?
Als Einsteiger muss man nicht unbedingt Vorkenntnisse mitbringen. Man muss ein Grundverständnis für die wirtschaftlichen Zusammenhänge besitzen und die Auswirkungen auf den Wettbewerb verstehen. Bei Freshfields werden Einsteiger im Kartellrecht sehr gut ausgebildet, im ersten Jahr absolviert man praktisch ein Vertiefungsstudium im Kartellrecht. Dafür kommt unter anderem eigens ein Professor vom renommierten King's College in London und hält regelmäßig Seminare.
Wie erkenne ich, ob das Kartellrecht ein geeignetes Betätigungsfeld für mich wäre?
Sie sollten Interesse daran mitbringen, wie Unternehmen und Märkte funktionieren und was eine Firma erfolgreich macht. Denn diese Punkte sieht man sich bei der kartellrechtlichen Prüfung genau an. Sie sollten an der Schnittstelle zwischen Zivilrecht, Öffentlichem Recht und der Wirtschaft arbeiten wollen. Auch politische Aspekte fließen da mit ein. Das Kartellrecht ist allerdings kein streng durchkodifiziertes Recht, bei dem man alles in den Gesetzen findet, sondern es ist stark fallrechtlich geprägt. Einzelfragen lassen sich nicht immer eindeutig beantworten, die Grenzen zwischen erlaubt und verboten können fließend sein. Man muss Argumente abwägen, um festzustellen, ob man sich kartellrechtlich im Zulässigen befindet.
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In Kooperation mit Freshfields
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit Freshfields entstanden. Die Anwaltssozietät unterstützt führende Industrie- und Finanzunternehmen, Institutionen und Regierungen weltweit bei ihren Projekten, Transaktionen und Herausforderungen.