Mit Berufserfahrung zu McKinsey: "Ich wollte ein breiteres Aufgabenspektrum"
- Carolin Metz
Beratung ist nur eine Option direkt nach der Uni? Falsch. McKinsey freut sich über Bewerber mit Berufserfahrung, denn die bringen Fachexpertise und Branchenerfahrung mit. Auf "Experienced Hires" warten Abwechslung - und Aufgaben, die in der Industrie nur selten vorkommen.
Dr. Lars Markworth studierte Maschinenbau mit Schwerpunkt Produktionstechnik an der RWTH Aachen und promovierte anschließend. Nach dem Studium arbeitete er bei einem Automobilzulieferer, bevor er im Februar 2008 bei McKinsey einstieg. Dort arbeitet er in der Practice "Operations" und berät produzierende Unternehmen.
Warum sind Sie zu McKinsey gewechselt?
Ich habe davor bei einem Automobilzulieferer gearbeitet. Dann sprach mich ein Personalberater an, ob mich die Arbeit bei McKinsey interessieren würde. Ich habe lange überlegt und mehrere Gespräche geführt - insgesamt hat es bis zum Wechsel ungefähr ein halbes Jahr gedauert. Für mich war das ein großer Schritt. Den Ausschlag haben bei mir die Gespräche gegeben, in denen ich die für mich wichtigen Fragen geklärt habe: Was kann man als Berater mit Berufserfahrung bei McKinsey machen? Wie kann man sich einbringen? Wie kann meine Karriere langfristig aussehen? Ich habe mich vor meinem Wechsel pudelwohl gefühlt, alle waren zufrieden mit mir - ich war sozusagen in der "Comfort Zone". Bei den Gesprächen habe ich gemerkt: Da ist noch was, ein breiteres Aufgabenspektrum, wo man mehr Energie reinstecken muss. Ich wollte die Geschwindigkeit erhöhen.
Wieso sind Sie nicht direkt nach dem Studium zu einer Unternehmensberatung gegangen?
Ich bin nach meinem Studium in der Forschung geblieben: Ich habe am Fraunhofer-Institut gearbeitet und promoviert. In der Forschung arbeitet man auch sehr viel auf Projektbasis, wie in der Beratung. Ich wollte nach der Promotion aber lieber in eine Linienfunktion, um entsprechende Erfahrungen zu sammeln. Ich wusste zwar schon von der Option Beratung und hatte sogar Kontakt mit McKinsey, wollte aber trotzdem erst mal lieber in die Industrie. Auch um sesshaft zu werden - vor meinem Berufseinstieg war ich viel unterwegs.
In der Industrie hatten Sie Personalverantwortung, bei McKinsey nicht in dem Maß. Ist das ein Problem für Sie?
Als Projektleiter habe ich schon auch Personalverantwortung, weil ich das Team vor Ort steuere. Das ist eine interessante Aufgabe. Dass ich momentan nicht die "klassische" Personalverantwortung habe, tut mir nicht weh, das ist kein großes Thema für mich. Das wird meiner Ansicht nach auch kein Problem sein, sollte ich wieder in die Industrie wechseln. Ich fühle mich in beiden Welten wohl, in der Beratung und in der Industrie.
Worin unterscheiden sich Ihr voriger Job und Ihr jetziger als Berater sonst?
Jetzt als Berater komme ich sehr viel schneller in Situationen, die ich als Fertigungsleiter vielleicht einmal in fünf Jahren erlebt habe. Damit meine ich große strategische Aufgaben, besondere Projekte. Als Berater kommt man ja nicht in ein Unternehmen, um Routine zu machen, sondern hat gleich herausfordernde Aufgaben. Das hat mich gereizt: Die Lernkurve und die Erfahrungskurve ist steiler als in meinem vorigen Job. Ich sehe jetzt sehr viel mehr und habe mehr Gelegenheiten, Sachen auszuprobieren, zu verändern und aktiv zu begleiten.
Gibt es weitere Unterschiede?
In der Industrie gibt es eine klare Verantwortungsebene, in der Beratung zählt eher die Teamarbeit. Und manchmal hat man Klienten, die wollen, dass Sachen sehr schnell fertig werden. Ich finde es allerdings nicht so schlimm, unter der Woche teilweise mehr zu arbeiten, da ich ja sowieso unterwegs bin. Auch früher habe ich meine Kinder unter der Woche nicht so viel gesehen. Als Fertigungsleiter musste ich noch dazu oft am Wochenende arbeiten, das kommt jetzt wesentlich seltener vor. Wenn ich jetzt daheim bin, ist das "Qualitätszeit", mein Handy ist aus. Von Freitagabend bis Montagmorgen ist Wochenende und Zeit für die Familie.
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Wie haben Sie sich bei McKinsey eingelebt?
Beim Einleben hat mir geholfen, dass ich zuvor schon so viele Gespräche mit Mitarbeitern von McKinsey geführt hatte - ich wusste, was auf mich zukommt. Außerdem ist das Einleben sehr einfach, weil es in einer Unternehmensberatung ein natürlicher Prozess ist, dass neue Leute kommen und andere gehen. Alle sind deshalb immer bereit, sich auf etwas Neues einzulassen und haben den Willen, auf andere Leute und Projekte zuzugehen.
Aber man muss schon ins kalte Wasser springen und seine Pfründe aufgeben. Ich bin als Neuling gekommen und habe bei Stufe eins angefangen - auch Jüngere hatten den gleichen Job wie ich, obwohl sie weniger Berufserfahrung hatten. Aber das ist in der Industrie ähnlich, wenn man einen neuen Job beginnt - da muss man auch erst einmal sehen, dass man sich ordentlich anstrengt. Die Atmosphäre ist bei McKinsey ganz anders als bei meinem vorigen Arbeitgeber. Man begibt sich in eine Gruppe, in der ein hohes Maß an Gleichberechtigung herrscht. Viel passiert auf freiwilliger Basis, nach dem Motto: "Ich habe das Problem erkannt und gehe der Sache jetzt mal nach". Diesen Freiraum hat man in einem Unternehmen so nicht.
Wo können Sie Erfahrungen aus Ihrer vorherigen Arbeit einbringen?
Mein riesiger Vorteil ist, dass ich die Sprache unserer Kunden spreche. Ich weiß, was Qualität in dem Sektor bedeutet, die ich berate, und kann auf Augenhöhe mit den Fertigungsleitern sprechen. Ich kenne mich im Fertigungsumfeld aus: Ich weiß, wie lange ein Prozess dauert, was im Zerspanungsprozess für Tücken lauern, wie eine Messmaschine funktioniert. Ich kenne den Maschinenpark und muss mich nicht erst einarbeiten.
Wobei beraten Sie Ihre Klienten?
Zum Beispiel bei der Durchsatzoptimierung: Wie kann man mit den vorhandenen Anlagen den Durchsatz einer Produktionsstätte optimieren, einerseits aus technischem Blickwinkel, andererseits kann man auch bei der Motivation der Mitarbeiter ansetzen. Oder wir erstellen eine Infrastruktur, damit ein Kunde seine wichtigsten Kennzahlen im Blick hat. Oder ein Klient holt uns bei einer wichtigen Situation hinzu, zum Beispiel, wenn er Unternehmen hinzugekauft hat und nach Synergien sucht. Wir helfen unseren Klienten auch, zu beurteilen, wo sie mit ihren Fixkosten stehen und ob sie im Wettbewerbsvergleich gut aufgestellt sind.
Wie sieht ein typisches Projekt von Ihnen aus?
Die Projekte dauern meistens zwischen acht und sechzehn Wochen. Zu Beginn machen wir eine Diagnose: Was sind die Ursachen für Fehlentwicklungen? Wir nehmen die Situation zusammen mit dem Kunden auseinander, um sie zu verstehen. Dann überlegen wir uns die Lösung und den Weg dorthin, das nennen wir die "Design-Phase". Wir begleiten auch die Implementierung, wir möchten die Neuheiten soweit anstoßen, dass alles stabil läuft.
Die Diagnose ist am anstrengendsten, weil es zu Schmerzpunkten kommt, wenn der Kunde realisiert, was die wirklichen Probleme sind. Diese Phase macht aber auch am meisten Spaß. Am kniffligsten ist die Designphase, weil eine Lösung hermuss. Auch die Implementierung macht viel Spaß, weil man Veränderungen sieht und der Kunde erkennt, was das Ganze gebracht hat. Viele wissen nicht, wie tief wir in der Practice "Operations" arbeiten. Wir sind sehr nah dran an "echten" Operations-Themen, die man auch als Einkaufsleiter oder Fertigungsleiter hat. Meine Klienten sind in der Regel in der Fertigungsleitung, Einkaufsleitung - das ist die typische Ebene, mit der wir zusammenarbeiten.
Wo sehen Sie sich in einigen Jahren?
Ich will mich weiterentwickeln, Spaß bei der Arbeit haben und in einer herausfordernden Position sein. Die ehemaligen Mitarbeiter von McKinsey sind alle in spannenden Positionen. Ich bleibe erstmal bei McKinsey, habe noch keine konkreten Ziele. Eine Partnerschaft wäre sicher auch eine Option.