Medizinerkarriere in USA: Visum, Lizenz und Leistungsanrechnung
- Jacob J. Clarenbach
Teil 4 – Ärzte, die in den USA arbeiten wollen, müssen einige Hürden meistern. e-fellows.net gibt einen Überblick über Visen und medizinische Lizenzen.
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Das Visum
Wer keinen amerikanischen Pass oder eine Greencard besitzt, braucht für die Dauer der "residency" ein Visum. Hierzu stehen das J1-Visum und das H1b-Visum zur Verfügung, wobei J1 prinzipiell von jedem Krankenhaus akzeptiert wird, H1b jedoch nur von wenigen.
Das J1-Visum ist relativ einfach und kostengünstig zu erhalten und kann für eine Gesamtdauer von bis zu sieben Jahren ausgestellt werden. Jedoch beinhaltet das J1-Visum die Verpflichtung, nach Beendigung der Facharztausbildung entweder für mindestens zwei Jahre im Heimatland als Arzt zu arbeiten oder aber für mindestens drei Jahre in einem medizinisch unterversorgten Gebiet der USA. Ausnahmen gibt es nicht. Auch Heirat mit einem US-Staatsbürger oder der Gewinn der Greencard-Lotterie befreit nicht von diesen Auflagen. Man darf in der gesamten J1-Zeit keine Greencard beantragen beziehungsweise annehmen, selbst wenn man sie in der Lotterie gewonnen haben sollte.
Das H1b-Visum hingegen wird für bis zu sechs Jahre ausgestellt und kann anschließend nach einem einzigen Jahr Abwesenheit (egal wo) wieder neu beantragt werden. Wer mit H1b-Status eine Greencard durch Lotterie, Heirat oder ähnliches ergattert, darf diese jederzeit akzeptieren und seinen Status entsprechend anpassen lassen. Das H1b-Visum ist allerdings deutlich teurer, man muss insgesamt mit einigen tausend Dollars rechnen. Um es zu beantragen, brauchst du meist einen spezialisierten Anwalt. Nur ein kleiner Teil der Krankenhäuser akzeptiert dieses Visum, weil es mit hohen Haftungsrisiken für den Arbeitgeber verbunden ist.
Wen du also unbedingt ein H1b-Visum haben willst, solltest du dich schon vor der Stellenbewerbung bei dem jeweiligen Programm erkundigen, ob dieses Visum überhaupt dort angeboten wird, und wer die Kosten trägt. In den meisten Fällen bleibt der Kandidat auf diesen sitzen. Im Übrigen muss man alle USMLE-Steps inklusive Step 3 erfolgreich ablegen, bevor man das H1b-Visum beantragen kann. Das ECFMG-Zertifikat allein genügt nicht.
Medizinische Lizenz
Für die Dauer der Facharztausbildung brauchst du keine oder nur eine limitierte/temporäre Berufslizenz speziell für "residents". Spätestens mit Ende der Ausbildung musst du dich jedoch um eine volle Lizenz bewerben.Zuständig für die Zuteilung einer Berufslizenz sind die einzelnen Bundesstaaten. Die Voraussetzungen und Kosten unterscheiden sich teilweise erheblich. Die staatlichen Lizenzen sind in der Regel nicht auf andere Bundesstaaten übertragbar und erfordern daher jeweils ein eigenes individuelles Bewerbungsverfahren.
Die Lizenzregeln sind ziemlich streng: Als der Hurrikan Katrina 2005 New Orleans verwüstete, mussten Ärzte aus anderen Staaten zunächst in Louisiana eine Lizenz beantragen, bevor sie in den betroffenen Gebieten Katastrophenhilfe leisten durften. Spezifische Informationen und Bewerbungsunterlagen für medizinische Lizenzen sind von den jeweiligen "State Medical Boards" zu erfragen und meist auf deren Webseiten zu finden. Ein guter Startpunkt ist hier: www.fsmb.org.
Generell verlangen alle "State Medical Boards":
- Einen Nachweis der Heimatuni über das abgeschlossenen Studium
- Ein "medical school transcript"
- Nachweise von allen Auslandsfamulaturen und PJ-Tertialen im Ausland
- Nachweise über bereits absolviertes "residency training" im In- und Ausland
- Einen lückenlosen Lebenslauf
- Auskünfte über Vorstrafen und Drogenabhängigkeit
Teilweise werden sogar einzelne Scheine von der Heimatuni verlangt.
Der bürokratische Aufwand ist immens und kostet viel Geld, Zeit und vor allem Nerven. Notariell beglaubigte Kopien von Dokumenten werden meist nicht akzeptiert, fast immer muss die ausstellende Institution einen aktuell datierten Nachweis direkt an das jeweilige "State Medical Board" senden. Das heißt zum Beispiel, dass das Buschkrankenhaus in Lambarene, an dem du vor zehn Jahren eine sechswöchige Famulatur absolviert hast, nun bitteschön mit einem speziellen Formular nochmal deine Famulatur bescheinigen soll und dieses direkt an die zuständige Behörde in Amerika schicken muss. Viel Glück bei diesem Unterfangen!
Willst du irgendwann mal in einem anderen Bundesstaat arbeiten, darfst du das Ganze noch mal von vorne anfangen. Wer also schon früh weiß, dass er unbedingt später in den USA als Arzt arbeiten will, sollte das schon im Studium bei der Planung von Auslandsaufenthalten berücksichtigen und am besten ganz auf nicht-amerikanische Auslandspraktika verzichten. Für Bewerbungen in den USA sind diese sowieso unerheblich und im Zweifel eher hinderlich.
Der Federation Credentials Verification Service
Will man sich als IMG in mehreren Staaten um eine Lizenz bewerben, sollte man erwägen, den kostenpflichtigen "Federation Credentials Verification Service" (FCVS) in Anspruch zu nehmen. Manche Staaten (zum Beispiel New York) verlangen das sogar. Dieser Service sammelt, verifiziert und verwahrt Kopien der wichtigsten Zeugnisse und Dokumente eines Kandidaten und bewahrt sie unbegrenzt auf, um sie im Bedarfsfall nach Aufforderung des Kandidaten an "State Medical Boards" oder Arbeitgeber weiterzuleiten. Somit muss man seine Zeugnisse nur einmal verifizieren lassen und kann dann lebenslang darauf zurückgreifen, ohne sich jemals wieder um die Verifizierung kümmern zu müssen.
Leider sammelt FCVS aber grundsätzlich keine Dokumente über Auslandspraktika, so dass solche Nachweise trotzdem jedes Mal wieder neu aus dem Ausland angefordert werden müssen. Die Berufslizenz muss in den meisten Fällen in regelmäßigen Abständen gebührenpflichtig verlängert werden und kann jederzeit entzogen werden – sogar aus geringfügigen oder scheinbar nicht relevanten Anlässen. Wenn man zum Beispiel bei einer privaten Autofahrt mit Alkohol im Blut am Steuer erwischt wird, verliert man außer dem Führerschein meist auch seine medizinische Lizenz und damit seinen Job.
Übrigens verlangen fast alle Arbeitgeber von fertigen Fachärzten als Einstellungsvoraussetzung nochmals zahlreiche Nachweise, ähnlich wie für die medizinische Lizenz. Hierzu beschäftigen Krankenhäuser ganze Verwaltungsabteilungen, die sich nur mit "physician credentialing" beschäftigen. "Von der Wiege bis zur Bahre, Formulare, Formulare …" – dieser Satz ist in Amerika sicherlich noch weitaus zutreffender als in Deutschland.